Der Ketzerlehrling
gearbeitet, bin mit ihm gereist und habe ihm zugehört. Aber bis jetzt habe ich nie wirklich über diese Dinge nachgedacht. Sie gingen mich nichts an. Aber jetzt betreffen sie mich, sind für mich wichtig. Wenn niemand in Williams Vergangenheit herumgestochert und versucht hätte, ihm sein Grab zu verweigern, dann hätte ich keinen Gedanken an sie verschwendet.«
»Wenn es Euch hilft, daß Euch jemand auf Eurem Weg Gesellschaft leistet«, erklärte Cadfael, »dann solltet Ihr wissen, daß ich in meinem Fall so ungefähr dasselbe empfinde wie Ihr in Eurem. Wenn die Saat aufgeht, wachsen die Kräuter. Und nichts veranlaßt sie mehr, die Wurzeln tief in den Boden zu senken, als grobe Behandlung und Dürre.«
Jevan kehrte erst in das Haus in der Nähe von Saint Alkmund zurück, als es fast dunkel war, mit einem Bündel neuer, weißer Pergamentblätter, glatt und fehlerlos und sehr dünn und geschmeidig. Er war stolz auf seine Arbeit. Der Prior von Haughmond würde nicht enttäuscht sein von der Ware, die ihm angeboten wurde. Jevan verstaute sie sorgfältig in seiner Werkstatt und schloß sie ab, bevor er den Hof überquerte und die Diele betrat, in der der Tisch gedeckt war und Margaret und Fortunata auf ihn warteten.
»Ist Aldwin noch nicht zurück?« fragte er und schaute sich mit hochgezogenen Brauen um, als sie sich, nur zu dritt, am Tisch niederließen.
Margaret füllte seinen Teller mit ein wenig besorgtem Gesicht. »Nein, keine Spur von ihm, seit er gegangen ist. Ich mache mir allmählich Sorgen. Was in aller Welt kann ihn so lange aufgehalten haben?«
»Wahrscheinlich hat er das Mißfallen der Theologen erregt«, sagte Jevan achselzuckend, »und das geschieht ihm nur recht, nachdem er ihnen den Jungen vorgeworfen hat, wie man einer Hundemeute einen Knochen vorwirft. Er wird noch immer in der Abtei sein, und diesmal muß er peinliche Fragen beantworten.
Sie werden ihn wieder freilassen, wenn sie mit dem Verhör fertig sind. Ich weiß nicht, ob sie das auch mit Elave tun werden. Nun, ich werde das Haus wie üblich abschließen, bevor ich zu Bett gehe. Wenn er später noch erscheint, muß er die Nacht eben auf dem Heuboden über dem Stall verbringen.«
»Conan ist auch noch nicht wieder da«, sagte Margaret und schüttelte den Kopf über diesen kummervollen Tag, der eigentlich ein Festtag hätte sein sollen. »Und ich hatte gehofft, daß auch Girard mittlerweile zurück sein würde. Ich hoffe nur, daß ihm nichts passiert ist.«
»Nichts ist passiert«, versicherte ihr Jevan, »außer irgendwelchen Geschäften zu seinem Vorteil. Du weißt, daß er sehr gut auf sich aufpassen kann, und er hat überall an der Grenze die besten Verbindungen. Wenn er vorgehabt hat, zum Fest zurück zu sein, und den Tag trotzdem verpaßt hat, dann nur, weil er seiner Liste ein paar neue Kunden hinzufügen konnte. Mit einem Waliser Schafhirten handelseins zu werden, dauert seine Zeit. In ein oder zwei Tagen wird er heil und gesund wieder zu Hause sein.«
»Und was findet er vor, wenn er nach Hause kommt?« Sie seufzte betrübt. »Elave in Schwierigkeiten, kaum daß er hier wieder aufgetaucht ist. Onkel William tot und begraben. Und jetzt verstrickt sich auch Aldwin immer tiefer in eine so unerfreuliche Angelegenheit. Ich hoffe von ganzem Herzen, daß du recht hast, daß er gute Geschäfte gemacht hat mit der Wolle; es wird ein Trost sein, wenn wenigstens eine Sache gut gelaufen ist.«
Sie stand auf, um den Tisch abzuräumen, immer noch kopfschüttelnd und von vagen Befürchtungen erfüllt; Fortunata blieb mit Jevan allein zurück.
»Onkel«, sagte sie zögernd, nachdem sie ein paar Minuten lang geschwiegen hatte, »ich wollte mit dir reden. Ob es mir gefällt oder nicht, ich bin in diese entsetzliche Anklage gegen Elave mit hineingezogen worden. Er will nicht glauben, daß er sich in großer Gefahr befindet, aber ich weiß, daß er es ist. Ich möchte ihm helfen. Ich muß ihm helfen.«
Der Ernst ihrer Stimme hatte ihn veranlaßt, sich ihr zuzuwenden und sie lange und eindringlich zu mustern, mit diesen schwarzen, durchdringenden Augen, die so tief in sie hineinblickten wie früher, als sie noch ein Kind gewesen war, und immer mit einer Art unparteiischer Zuneigung.
»Das scheint dich zu bekümmern«, sagte er, »mehr als man annehmen sollte, wo du ihn doch kaum wiedergesehen hast, nach so vielen Jahren.«
Es war keine Frage, aber sie beantwortete sie. »Ich glaube, ich liebe ihn. Was sonst könnte das sein? So seltsam ist
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