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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Pflichtgefühls würde ihre Bosheit übertünchen müssen.
    Sie waren alle da. Margaret, Jevan, Conan und Aldwin standen in einer erregten Gruppe beisammen, Fragen und Antworten flogen hin und her. Conan hielt sich im Hintergrund und gab sich den Anschein des unschuldigen Zuschauers, der in den Streit anderer hineingezogen wurde; und als Fortunata eintrat, erklärte Aldwin laut und empört: »Wie hätte ich das wissen sollen? Mich bekümmerte, daß solche Dinge gesagt wurden, ich fürchtete um mein eigenes Seelenheil, wenn ich sie verschwieg. Was habe ich denn getan? Ich habe Bruder Jerome gesagt, was mich beunruhigte …«
    »Und der hat es Prior Robert berichtet«, rief Fortunata von der Schwelle aus. »Und Prior Robert hat es allen weitererzählt, vor allem diesem großen Herrn aus Canterbury, und du hast recht gut gewußt, daß er das tun würde! Wie kannst du behaupten, du hättest Elave nichts Böses antun wollen? Du hast den Stein ins Rollen gebracht, und du hast gewußt, wohin das führen würde.«
    Sie waren alle herumgefahren, mehr erschrocken über ihren Zorn als über die Plötzlichkeit ihres Eintretens.
    »Und deshalb«, erklärte sie hitzig, »hast du ihm gesagt, wer dabeigewesen war und mitgehört hatte. Weshalb hättest du das tun sollen, wenn du nicht wolltest, daß es weiterging? Weshalb hast du mich in deine Machenschaften hineingezogen? Das werde ich dir nie verzeihen!«
    »Warte! Warte!« rief Jevan und hob abwehrend die Hände.
    »Willst du damit sagen, daß du als Zeugin aussagen mußtest?
    In Gottes Namen, Mann, was ist in dich gefahren? Wie konntest du unser Mädchen in eine solche Lage bringen?«
    »Das war nicht ich, der das wollte«, protestierte Aldwin.
    »Bruder Jerome hat aus mir herausgeholt, wer dabei war. Ich selbst hatte nie die Absicht, sie in die Sache hineinzuziehen.
    Ich bin ein Sohn der Kirche, ich mußte diese Last auf meinem Gewissen loswerden, doch dann geriet es außer Kontrolle.«
    »Ich habe nie gewußt, daß du ein so frommer Christ bist«, sagte Jevan traurig. »Du hättest dich ohne weiteres weigern können, irgendwelche Namen außer deinem eigenen zu nennen. Nun, was geschehen ist, läßt sich nicht mehr ungeschehen machen. Und ist es jetzt vorüber? Müssen wir damit rechnen, daß sie zu weiteren Fragen, weiteren Verhören gerufen wird? Wird das jetzt, da es einmal begonnen hat, bis zum bitteren Ende weitergeführt werden?«
    »Es ist nicht vorüber«, sagte Fortunata. »Sie haben kein Urteil gesprochen, aber so leicht werden sie nicht locker lassen.
    Elave mußte versprechen, nicht fortzugehen, bis er von der Anklage freigesprochen ist. Ich weiß es, weil ich gerade mit ihm geredet habe, unter den Bäumen in der Nähe der Brücke, und jetzt ist er auf dem Rückweg in die Abtei, um sich dem Gericht zu stellen. Ich habe ihn angefleht, davonzulaufen, aber er weigert sich. Da siehst du, was du einem armen jungen Mann eingebrockt hast, Aldwin – einem Mann, der dir nie etwas getan hat, der jetzt keine Familie und keinen Herrn hat, kein Dach über dem Kopf und keinen gesicherten Lebensunterhalt wie du!
    Da bist du, mit einer Lebensstellung und ohne Sorge für deine alten Tage, und er muß zusehen, wo er wieder Arbeit findet! Du hast einen Schatten über ihn geworfen, der ihm anhängen wird, wie immer das Urteil ausfallen mag, und der alle davon abhalten wird, ihn anzustellen, weil sie fürchten, sich durch den Kontakt mit ihm verdächtig zu machen. Weshalb hast du das getan? Weshalb?«
    Aldwin hatte allmählich seine Fassung wiedergewonnen, die bei ihrem plötzlichen Eintreten ins Wanken geraten war; doch jetzt hatte es den Anschein, als hätte er sie vollständig verloren und seinen Verstand mit ihr. Er stand da und starrte sie stumm an, dann wanderte sein Blick zu Jevan. Er mußte zweimal schwer schlucken, bevor er etwas herausbrachte, und selbst dann stieß er die Worte noch ungläubig und mit grenzenloser Vorsicht hervor.
    »Eine Lebensstellung?«
    »Das weißt du doch«, sagte sie ungeduldig, und im nächsten Augenblick verstummte sie gleichfalls, weil ihr plötzlich klar wurde, daß für Aldwin nie etwas über jeden Zweifel erhaben war. Mit jedem Übel mußte gerechnet, alles Gute beargwöhnt und eifersüchtig überwacht werden, damit es ihm nicht unter den Händen verflog. »Oh, nein!« sagte sie mit einem verzweifelten Aufseufzen. »War das der Grund? Hast du etwa geglaubt, er wäre gekommen, um dich zu verdrängen und deinen Platz einzunehmen? Wolltest du ihn

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