Der Killer im Lorbeer
zu sich ans Krankenbett. Er hatte Fieber, merkwürdige Flecken auf den Wangen, seine Pupillen glänzten. Er konnte vor Heiserkeit kaum sprechen.
»Schau mich an«, sagte er, nachdem Ralphs Frau die beiden allein gelassen hatte.
»Du siehst aus, als ob du Crack geraucht hättest.« Rosy wollte gute Laune verströmen.
»Wir müssen etwas ändern.« Ralph starrte die Jalousie an, hinter der die Sonne ins Zimmer drängte.
»Klar, du musst gesund werden.«
»Das werde ich nur, wenn wir was ändern. Ich habe es mir damals schon gedacht, als Stolperheini in Rente ging, habe aber nicht mit ihm darüber gesprochen.«
»Worüber?«
»Dass ich nicht zum Führen geboren bin.«
»Du bist – bitte was?«
»Ich kann das nicht, Leute unter mir haben.«
Rosy lachte. »Du hast mich nicht unter dir . Ich kann nur hoffen, dass deine Frau da manchmal liegt. Wir sind ein Team und machen einen Job.«
»Dir kommt das einfach vor«, antwortete er niedergeschlagen. »Weil es dir im Blut liegt.«
»Was?«
»Anführen.«
»Quatsch.«
»Doch. Du hast diesen Ton drauf, diese Art, dass die Leute dir automatisch gehorchen. Du brauchst dich gar nicht anzustrengen. Sie tun es einfach. Mich kostet das irre Kraft, und ich schaffe es trotzdem nicht.«
»Hör auf. Du bist krank und siehst das alles aus einer verzerrten Perspektive.«
»Ich bin krank, weil ich den Job nicht schaffe. Jede Nacht erwache ich schweißgebadet und muss den Schlafanzug wechseln. Seit ich Inspector bin, habe ich Zahnfleischbluten, mir fallen die Haare aus. Das Schlachtfeld hinter meinen Ohren zeige ich dir lieber nicht.«
»Wie war das, als Stolperheini noch da war?«
»Da ging’s mir blendend. Er sagte, was ich tun soll, und ich habe es zur allgemeinen Zufriedenheit erledigt. So kann ich das. Das andere kann ich nicht.«
Auf Rosys zweifelnden Blick fährt er fort.
»Wenn Onkel und Neffe mich an einem Tatort fragend angucken, wenn Jock, der zwanzig Jahre älter ist, mich wie seinen Chef behandelt, wenn der Superintendent mit mir Lagebesprechung machen will, wird mir in meiner Haut zu eng. Ich komme mir wie ein mieser Schauspieler vor, der einen Inspector spielt. Meine Darstellung ist erbärmlich.« Er setzte sich im Bett auf. »Rosy, das ist ein Albtraum. Nur du kannst ihn beenden.«
»Wie?«, fragte sie ernüchtert. Dass Ralph eine Existenzkrise austrug, ohne dass sie es gemerkt hatte, tat Rosy weh. Sie machte sich Vorwürfe, nicht tiefer geblickt zu haben.
»Wir tauschen. Ich möchte, dass du meinen Job übernimmst«, sagte Ralph leichthin, als ob er einen Fruchtcocktail bestellen würde.
»Das kann ich nicht. Außerdem entscheiden das nicht wir.«
»Vielleicht nicht nach außen, aber wenn wir uns einig sind, könnte es hinhauen. Ich habe lange darüber nachgedacht. Es ist die beste, die einzige Lösung. Sonst bring ich mich um.«
»Sei nicht so melodramatisch. Wie stellst du dir das vor?«
»Ich lass mich für mehrere Monate krankschreiben. Die Mordkommission kann nicht monatelang ohne Chef dastehen. Der Superintendent wird dir den Job übertragen. Es gibt keine Bessere. Sobald das über die Bühne ist, werde ich gesund und steige als dein Assistent wieder in den Dienst ein.«
»Das klappt nicht.«
»Weshalb?«
»Weil unser Dezernat nur über eine einzige Inspector-Stelle verfügt. Der Rest sind Sergeants und Constables.«
»Das Geld ist mir egal.« Er sank ins Kissen und schaute zur Decke. »Wenn ich nur wieder ich sein darf. Du kannst mich ja mal zum Essen einladen.«
»Willst du als Inspector in Krankenstand gehen und als Sergeant wieder einsteigen?«
»Scheiß auf die Reputation. Ich möchte mich wohlfühlen in meiner Haut.«
»Weiß deine Frau davon?«
»Ich bringe es ihr schonend bei.«
Sie redeten noch eine halbe Stunde. Rosy ließ sich nicht breitschlagen. Auch bei der nächsten Begegnung blieb sie bei ihrer Weigerung und hielt Ralph im Dezernat weiterhin den Rücken frei. Erst als er zu allem Übel noch einen Hörsturz erlitt, glaubte Rosy endlich, dass die Situation Ralph an den Rand der Existenz drängte.
Am Tag, als er sein Krankengesuch einreichte, überführte Rosemary den Briefbombentäter, einen dreifachen Familienvater aus Cheltenham.
Ralph bereut seinen Schritt nicht. Außer an einem Morgen wie diesem, wenn er lange vor seiner Vorgesetzten aufstehen und ein Verhör mit Mr Hobbs führen soll.
Pünktlich auf die Minute erscheint der alte Mann im Kommissariat. Ralph begrüßt ihn und nimmt Hobbs mit in den
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