Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
Nacht über ein Auge hätte schließen können. Lucius war am Ende, er war unfähig das Zimmer zu verlassen, o b wohl neben dem Bett eine Lache verschütteten Weins einen widerwärt i gen, sauren Gestank ve r breitete. Wäre sein ehemaliger Geliebter nicht he r eingeschneit, er hätte sich aufgeg e ben.
Metrobius zögerte nicht lange. Er half Lucius beim anziehen und verfrachtete ihn zu sich nach Hause. Dort angekommen, schickte er Boten in verschi e dene Häuser, in denen er bekannt und wohlgelitten war. Am Abend waren alle nötigen Schritte eing e leitet, so dass die be i den am nächsten Tag nach Ba i ae reisen konnten.
Die Seebäder von Baiae waren bekannt als die mo n dänsten und elegantesten Erholungsorte des römischen Reiches, doch Metrobius hatte ein etwas abgelegenes Anwesen organisiert und bestand auf der strengen Ei n haltung der Vorschriften eines Ar z tes. Dreimal täglich wurde Luc i us zu den warmen Solequellen gebracht, wo er eine Stunde in der nach fauligen Eiern stinke n den Brühe aushalten musste. Wieder zu Hause angeko m men, wurde ihm im Schatten eines riesigen Feigenba u mes eine leichte, doch stärkende Mahlzeit serviert. Wein wurde nur in M a ßen und stark verdünnt gereicht, eine Ma ß nahme, die Lucius anfangs schwer zu schaffen machte, obwohl er die Notwendigkeit einsah. Nach und nach schlug die Kur an, seine Haut wurde w e niger empfindlich, der Juckreiz wurde schwächer und die Schrunden verheilten, die er sich selbst gekratzt hatte. Als Metrobius sah, dass es mit se i nem Patienten au f wärts ging, verabschiedete er sich um seinen Verpflic h tungen in der Hauptstadt wi e der nachzukommen. Er nahm Lucius das Verspr e chen ab, die Kur fortzusetzen, was dieser ihm auch allein schon aus Dankbarkeit gerne versprach.
Doch Lucius duldete in seinem Inneren trotz aller ä u ßerlichen Zeichen der Erholung weiterhin Hö l lenqu a len. Er war zu sehr Römer um sein Versagen nicht zu erkennen, und die enttäusc h ten Erwartu n gen seines Vaters waren schon seit Langem zu se i nen eigenen geworden. Er wusste, dass er gesche i tert war. Er war neunundzwanzig Jahre alt, hatte eine erstklassige und teure Ausbildung erhalten aber hatte nichts daraus g e macht, außer dass er ein alternder Par a sit geworden war. Seine ehemaligen Schulkameraden, die er früher so sehr verachtet hatte, waren längst mit ihren Ämtern im Staatsa p parat oder in einer Karriere als Strafverteidiger ei n gebunden. Beides Möglichkeiten, die für ihn für immer verschlossen sein würden. Nachdem er diese Überlegungen angestellt hatte, verlangte es ihn i m mer dringend nach einem Becher Wein, nur mit Mühe konnte er sich beherrschen. Stattdessen hatte er bego n nen sich in solchen Momenten einen Kle p per des Landgutes zu satteln und stundenlang au s zureiten, wie er es als Kind getan hatte.
Berits ein halbes Jahr lebte er nun auf dem Gut und war zu keinem Ergebnis gekommen, wie sein Leben weiter verlaufen sollte, als ihn beunruhige n de Nac h richten aus Rom erreichten. Rings um die Stadt waren aus den Sümpfen giftige Dämpfe au f gestiegen und ha t ten sich in den Abfallhaufen und Abwasserkanälen festgesetzt. Die Menschen, die den Miasmen ausg e setzt waren, wurden von einem Tag auf den anderen von Durchfällen und heftigen Fiebe r krämpfen heimgesucht und die meisten von denen, die erkrankt waren, starben innerhalb einer Woche. Vor allem Ältere und Schwache fielen der Seuche zum Opfer und Lucius wusste, dass er einer von ihnen gewesen wäre, hätte Metrobius ihn nicht gefunden und hierher gebracht. War er bisher allein mit den bewirtschaftenden Sklaven auf dem Gut gewesen, so füllte sich das Anwesen nun mit jedem Tag mehr mit Menschen, die auf der Flucht vor der Seuche w a ren. Auch sein Freund und Lebensretter kam im Tross des Eigentümers zurück. Man rückte zusammen doch Lucius zog es vor, den Tag über das Gut zu ve r lassen um zu Pferd in der Umgebung herumzustreifen.
Es dauerte mehr als sechs Wochen, bis der Strom der Fliehenden abriss und beruhigendere Nachric h ten aus Rom eintrafen. Die Seuche hatte ihre größte Wut au s getobt, weniger Tote waren zu beklagen. Man wartete noch einige Tage, dann kehrten die ersten wieder in die Hauptstadt zurück um zu s e hen, welchen Schaden das Unheil im Hause ang e richtet hätte und ob Plünderer sich die Situation zunutze gemacht hatten. Lucius hatte zwar keine Verluste zu befürchten, doch zog es ihn mit den anderen zurück nach Rom. Seine innere
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