Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
Vater den Zugriff auf das Ve r mögen zu verweigern.“
Ein meckerndes Lachen begleitete diesen Hieb. Lucius begnügte sich damit, den Advokaten direkt anzusehen, versagte sich aber jeden Kommentar. Dieser straffte sich unter dem scha r fen Blick und fuhr fort:
„Nun, in ihren letzten Tagen scheint sie das beda u ert zu haben. Die Krankheit hatte sie zwar bereits g e schwächt, aber sie war noch klar bei Verstand, als sie mich zu sich rief, um mir ihren letzten Willen zu dikti e ren und mir eine Aufstellung ihres Eige n tums ausz u händigen. Nun, Sulla, ich habe die Au f gabe dir mitz u teilen, dass du der Erbe eines beach t lichen Vermögens bist. Im Besitz eurer Stiefmutter befinden sich Länd e reien in Asien und Güter in der Umgebung von Rom. Diese werden von mehreren hundert Sklaven bewir t schaftet, die nun natürlich ebenfalls zu deinen Besit z tümern zu rechnen sind. Hinzu kommen ein stattliches Barvermögen sowie eine reichhaltige Sammlung wer t vollen Schmucks. Herzlichen Glückwunsch!“
Lucius rieb sich die Augen und fuhr sich durchs Haar mit Händen, die plötzlich schweißnass g e worden w a ren. Er rang um Fassung, aber die mö g lichen Folgen dieser Nachricht brachten ihn völlig durcheinander. Er erhob sich und bat den Advok a ten die Unterredung am nächsten Tag fortsetzen zu dürfen. Dieser hielt ihn jedoch zurück.
„Nicht so eilig, setz dich wieder. Soll ich dir eine Erfr i schung bringen lassen, Sulla?“
Als dieser verneinte fuhr er fort:
“Ich habe noch eine weitere Aufgabe übernommen, die erledigt werden will. Eine der weniger anges e henen Damen deiner Bekanntschaft hat mich b e reits vor lä n gerer Zeit beauftragt, ihr Testament abzufassen und aufzubewahren. Zu deinem Glück, denn wie ich hörte, raffte die Seuche die Hure, die unter dem Namen N i kopolis bekannt war, als eine der ersten dahin. Auch sie hat dich zum Erben ei n gesetzt, und das Erstaunliche daran ist, das ihr Vermögen nur wenig geringer ist als das eines röm i schen Steuereintreibers. Nikopolis hat sich ein b e achtliches Gut vor der Stadt, ihre Villa sowie ein ganzes Heer an Sklaven hart erarbeitet und wenn mich die Erinnerung nicht trügt, so habe auch ich in meinen wilden Jugendjahren einiges dazu beig e tr a gen, dass du heute ein wohlhabender Mann wirst. Ich muss sagen, ich bin wirklich gespannt, welchen Nutzen du daraus ziehen wirst.“ Der N o tar machte eine kurze Pause um sich an dem hilfl o sen Blick seines Besuchers zu weiden und konnte sich nicht verkneifen hinzuzuf ü gen: „Jetzt kannst du gehen.“
5. Kapitel
Die Wüste
Im Morgengrauen wurde die rote Flagge auf dem Mar s feld gehisst, eine Trompetenfanfare verkünd e te den Beginn der Wahl, und die ersten Menschen strömten zu den Eingängen des Ovile, dem eing e zäunten Wahlb e zirk am Rande des Marsfeldes. Sie würden viel Geduld mi t bringen müssen, denn die Stimmabgabe erfolgte in der Reihenfolge des Ra n ges und des Ve r mögens der Wahlberechtigten. Dennoch war die Wahl jedes Jahr ein Höhepunkt im hauptstä d tischen Leben, und wer irgendwie konnte, machte sich den Tag frei, um das Scha u spiel zu bewundern und sich mit alten Bekannten aus anderen Stadtteilen zu treffen. Nicht nur, dass man als kleiner Bürger an diesem Tag die gesamte aristokr a tische Elite Roms sehen konnte, viele ha t ten sich in den vergangenen Monaten auch für den einen oder anderen Kandidaten entschieden und schlossen nun Wetten auf den Wahlausgang ab. Natürlich zählte die Stimme eines einfachen Bü r gers nur einen Bruchteil von der eines Ritters, ganz zu schweigen von der eines Arist o kraten, und doch konnte man sich in dem Bewusstsein sonnen, das polit i sche Leben mitzubestimmen. Denn von der Wahl zu den niedrigen Ämtern hielten sich die gr o ßen Familien fern, wenn nicht gerade ein vielve r spreche n der Spross aus dem eigenen Klan versuc h te, sich die ersten Sporen zu verdienen. Umso mehr prof i tierten die einfachen Bürger in den Wochen vor der Wahl vom Ehrgeiz der jungen Aufsteiger. Sie wurden mit Theater, Gladiatorenkämpfen und Lebensmittelspenden u m worben, um sich den N a men des Kandidaten einzupr ä gen und am Wahltag zu seinen Gunsten zu stimmen. Nur wenige Famil i en besaßen das Vermögen, ihren Söhnen den Au f wand einer Kandidatur zu ermögl i chen.
Im Laufe des Vormittags, nachdem das Marsfeld sich schon ziemlich gefüllt hatte, trafen die ersten Kandid a ten ein, um ihre Anhänger um sich zu ve r sammeln und sich feiern
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