Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
bei dem Gedanken, dass das, was ihm einst seinen Rest an Reputation gekostete hatte, ihn nun zurück in das gesellschaftliche Leben bringen würde. Denn dass er mit seinen Bemühungen E r folg hatte, war sehr bald klar. Wo immer er sich zeigte, stand er im Mittelpunkt der Aufmer k sa m keit. Seine Eskapaden waren schon früher stadtb e kannt gewesen, aber nur wenige Bürger hatten ihn je von Angesicht zu Angesicht gesehen. Nun waren alle überwältigt von dem gu t aussehenden Mann mit dem bräunlichen Teint und den dunkelblauen A u gen. Wenn er au f tauchte, kam Bewegung in die Menge. Die Frauen kicherten wie Schulmädchen, und wenn sie meinten, dass er in ihre Richtung blickte, verrenkten sie sich um eine möglichst vo r teilhafte Figur abzugeben. Die Männer bewunde r ten ihn, neideten ihm seine Abenteuer und versuc h ten, seine Haltung und seinen Gesichtsausdruck zu imiti e ren.
Der Wahltag nahm seinen Fortgang, die Sonne brannte bereits unerbittlich vom Himmel, als die Patrizier und die Ritter endlich ihre Stimmen abg e geben hatten und die ersten einfachen Bürger Roms zur Stimmabgabe ins Ovile eingelassen wurden. Die Vornehmeren hatten es gut, sie zogen sich in den Schatten der Villa Publica zurück. Die Massen der Wähler allerdings mussten auf dem staubigen Marsfeld ausharren, bis am Ende des Tages die Herolde das E r gebnis der Wahl verkündeten.
Erst als die Fanfaren bei sinkender Sonne zum zweiten Male erklangen, kamen die Kandidaten erfrischt und in neue Tuniken gehüllt wieder he r vor, um sich feiern zu lassen oder schnell und u n auffällig wieder abzutreten, wenn sie nicht genug Stimmen auf sich hatten versa m meln können. Z u erst wurden die Namen derer verkü n det, die die Wahl um die niederen Ämter gewo n nen hatten. Und obwohl Lucius keinen Rückhalt durch Patr i zierstimmen aus der eigenen Fam i lie hatte, hatte er seine Mitbewerber weit hinter sich gelassen. Do n ner n der Beifall erklang auf dem staubigen Feld, als sein Name genannt wurde. Unter den Arkaden wurde säue r lich gel ä chelt.
Als die Namen der neuen Ädilen und der Prätoren ve r kündet worden waren, warteten alle mit großer Spa n nung, wer denn nun die beiden neuen Konsuln sein würden. Der erste Name der genannt wurde war Gaius Marius. Die Hoch- und Hurrarufe aus den Reihen der Anhänger breiteten sich aus seiner Loge über die Me n ge aus, bald jubelte der ganze Campus aus Freude am Jubel, und Rom feierte den Mann, den es eigentlich noch nie zuvor zur Kenn t nis geno m men hatte. In der allgemeinen Hochsti m mung ging der Name des ersten Konsuls, des e i gen t lich mächtigsten Mannes für die Dauer des nächsten Jahres etwas unter. Cassius Long i nius Ravilla war ein angesehener Mann, der nie mit e i nem Skandal in Verbindung gebracht worden war. Er winkte freundlich und zog sich bald zurück.
Am Abend dieses aufregenden Tages fanden in den Villen der Sieger Gastmähler für Freunde und U n te r stützer statt. Lucius betrachtete zwar niemanden als seinen Freund, das hinderte ihn aber nicht da r an, in der Villa, die er von Nikopolis geerbt hatte ein rauschendes Fest zu veranstalten. Männer, die sich für seine Ve r trauten hielten, mutige Aristokr a ten, die zukünftigen E r folg witterten und alte B e kannte aus zweifelhaftem Milieu drängten sich in den eleganten Rä u men. Die Damenwelt wurde durch die schönsten und teuersten Kurtisanen Roms vertreten. Das Speisezimmer bot nicht genug Platz sie alle aufzunehmen, weswegen im ganzen Atrium Sofas und Tische verteilt waren. Skl a vinnen gingen umher und boten Erfrischungen an, F a ckeln spendeten ein weiches Licht. Der Wein wurde nur wenig gemischt und ununterbrochen nachg e schenkt, so dass das Gelächter der Gäste schon bald lauter und die Stimmen der Mä d chen schriller wu r den. Lucius hatte die schlichte weiße Tunika gegen ein G e wand aus türkisgrüner Seide mit Goldstick e reien eing e tauscht. Im Haar trug er wie die anderen Gäste einen Kranz von Efeu und Rosen, und ein Witzbold hatte von einem Lorbeerbäumchen aus dem Ga r ten einen Zweig abgerissen und dazu g e steckt. Lucius hatte ihn nicht wieder entfernt.
Auf dem Höhepunkt der Stimmung erhob er sich, und die Gespräche verstummten. Beifällige Rufe begrüßten die Ansprache, die nun fällig war.
„Meine lieben Freunde“, begann Lucius. „Ich bin glücklich diesen Abend mit euch zusammen verbringen zu können und hoffe, dass die Zukunft uns noch mehr dieser Feste bescheren wird. Für
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