Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
wie auf ein Kommando zu den hölzernen Lö f feln und scha u felten sich die schwere Masse in den Mund. Den Gä s ten wurde als besonderer Lecke r bissen das soeben g e schlachtete Huhn vorgesetzt, das am Feuer geröstet worden war. Der Bauer trennte die beiden Keulen e i genhändig ab, um sie den den Fremden zu überreichen. Der g e samte Hausstand hielt in der Mahlzeit inne, um den be i den Ehrengästen beim Verzehr dieser für sie auße r gewöhnlichen Delikatesse zuzusehen. Unter den erwartungsvollen Blicken fiel es Marcus und P u gnax schwer mit Appetit zuzubeißen, weswegen sie verlegen an den Keulen herum knabberten. Dabei blieb ihnen beinahe der Bissen im Mund stecken, weil jede Bew e gung der beiden Hühnerkeulen a n dächtig von ungefähr zwanzig Augenpaaren ve r folgt wurde. Die beiden w a ren geradezu erleichtert, als das Fleisch vom Knochen genagt war und sie sich an der weniger spektakulären Breischüssel bedienen konnten. Das restliche Huhn blieb an di e sem Abend unangetastet. Marcus sah, wie die Hausherrin selbst es sorgfältig in einer ird e nen Schüssel verwahrte. Als die Breinäpfe leer gege s sen, ausgeleckt und abgeräumt worden waren, wandte sich der Hausherr an Marcus:
„Woher kommst du und was führt dich hierher?“
Marcus räusperte sich und nahm seine Sprac h kenntni s se zusammen:
„Kommen von Rom. Weg Norden. Succinum ... Gl e sum ... Bernstein - Handel!“
Sofort hatten alle Anwesenden etwas Wichtiges dazu zu sagen, worauf sich ein heftiger Disput über die beste Route, die sichersten Umwege und die größten Gefa h ren eines solchen Unte r nehmens en t spann. Auch die Frauen hatten kräftige und laute Stimmen, und Marcus, der nur die Hälfte verstand, fühlte sich in dem ganzen Geschrei unbehaglich und eingeschüchtert. Erst nach langem Hin und Her flaute die allgemeine Erregung ab. Man ve r zichtete darauf, Marcus das Ergebnis der B e spr e chung mitzuteilen, denn offenbar hatten alle schon wieder das Interesse an dem Thema verloren. Stat t de s sen bat eine der Mägde:
„Sing doch noch mal das Lied von vorhin. Den Mä n nern wird es auch gefallen.“
Marcus war alles recht, wenn nur der Radau zu Ende war, Deshalb sang er das Saufliedchen, dann eine schlüpfrige Ballade. Und weil man offenbar immer noch etwas mehr Unterhaltung von ihm e r wartete, ve r stieg er sich dazu, eine Geschichte von Herkules zu erzählen:
„War einmal großer Held. Sohn von Gott und Pri n ze s sin. König Aufgabe für ihn...“
Marcus brach der Schweiß aus. Das war weit schwier i ger als er gedacht hatte. Aber er kämp f te sich durch:
„Großer Stall, viel Vieh, viel Dreck...“
Während er nach Worten rang, drängte sich ihm der Gedanke auf, dass ein kleiner Bach auch auf diesem Hof ganz nützlich sein könnte. Er kicherte und mühte sich weiter durch den Aug i asstall. Glücklicherweise war sein Publikum wenig a n spruchsvoll. Als er schließlich bis zum Ende der Geschichte geholpert war, waren alle fröhlich und aufgekratzt. Seine Gastgeber sangen ihre r seits noch das eine oder andere Lied bis der Bauer das Ze i chen zur Nachtruhe gab.
Die Holzplatten und Bänke wurden vor die Tür g e bracht, und die Männer sicherten die umgebende Pal i sade für die Nacht. Der Bauer und die Bäuerin hatten einen abgetrennten Alkoven im hinteren B e reich des Raumes, in den sie sich zusammen mit ihren Kindern zurückzogen, alle übrigen legten sich ohne weitere U m stände auf den Boden. Eine gewi s se Rangordnung zei g te sich in der Nähe zum lan g sam verglimmenden Her d feuer. Jeder rückte und rumorte noch ein wenig, dann trat endlich Ruhe ein.
Am anderen Morgen befahl der Bauer einem der jüng e ren Knechte, die beiden Fremden bis zum nächsten Gehöft zu begleiten. Sie brauchten fast den ganzen Tag, bis sie die nächste Ansiedlung e r reichten. Auch hier wurden sie gastfreundlich au f genommen und b e dankten sich dafür mit zwei Me s serklingen und einigen Liedern und Geschichten. Markus war bald klar, dass man von Reisenden hier vor allem Unterhaltung und Neuigkeiten erwartete. Und so übe r legte er sich schon unterwegs, wie er die Sagen und Geschichten seiner Heimat am b e sten in die fremde, schwerfällige Sprache überse t zen konnte. Sein Wortschatz konnte den ko m pl e xen Geschichten zwar nicht im Mindesten gerecht werden, aber was ihm an Ausdruck fehlte, e r setzte er dann durch schauspielerische Einlagen. Pugnax musste mehr als einmal von unte r drücktem Lachen geschüttelt den
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