Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
Raum verlassen, als Marcus den Kampf zwischen Herkules und den Löwen mit lautmalerischen Mitteln darstellte, doch sein eigen t liches Publikum nahm seine Aufführungen mit gr o ßer Ernsthaftigkeit zur Kenntnis.
So kamen sie voran. Es ging zwar langsam, aber weil sie immer einen Begleiter für das näch s te We g stück hatten, gingen sie nie in die Irre und verloren so auch keine Zeit.
Als der Sommer sich schon dem Ende zuneigte und sie eine ausgedehnte bergige Gegend hinter sich gelassen hatten, weigerte sich zum ersten Male ein Bauer, sie zum nächsten Wirt zu führen oder einen seiner Leute mitzuschicken:
„Ihr dürft mir nicht gram sein, aber ich kann euch nicht begleiten. Der Nachbar im Norden ist nä m lich kein Bauer, sondern ein gefährlicher Mann. Er nennt sich König Gast und hat ein stat t liches Gefo l ge. Er hat mehr Leibwachen, als er es sich bei se i nem Landbesitz leisten kann, deshalb ist keiner se i ner Nachbarn vor ihm sicher. Immer wieder übe r fällt er die Bauern und holt sich Vieh oder Teile der Ernte. Wenn jemand ve r sucht, auf dem Thing g e gen ihn anzug e hen, pocht er auf erfundene, ange b lich uralte Abmachungen, und einige Zeit später wird der Kläger nur umso übler von ihm ausg e nommen. Ich habe einen Vertrag mit ihm, er b e kommt den zehnten Teil meiner Ernte, dafür bleibe ich mit meinem Hof ungeschoren. Trotzdem ist es besser, wenn er sich so wenig wie möglich an mich erinnert. Wenn ihr auf seinem Gebiet seid, müsst ihr auf der Hut sein.“
Marcus und Pugnax nahmen die Erklärung so hin, fa n den die Befürchtungen des Bauern aber ein i germaßen übertrieben. Der bisherige Verlauf der Reise war so angenehm gewesen, dass sie sich gr ö ßere Schwierigke i ten überhaupt nicht vorstellen konnten. Sie schlugen deshalb u n bekümmert die angewiesene Richtung ein und sahen nach einigen Stunden Fahrt vor sich eine kleine Ansammlung von Gebäuden.
Das war die größte Siedlung seit ihrem Aufbruch an der Handelsniederlassung vor einigen Monaten. Um ein Gebäude, das deutlich größer war als die hier üblichen Bauernhäuser, gru p pierte sich eine Anzahl kleinerer Hütten und Schuppen, umgeben von einem halbhohen Palisadenzaun. Das Ganze mochte wohl hundert Me n schen ein Obdach bieten. Sie steuerten auf das Tor in der Palisade zu und hielten vor den beiden Wachen an, die dort auf d ö senden Pfe r den saßen. Der Ältere der beiden, der einen wollenen Umhang lose um die Schu l tern g e legt trug, ritt langsam näher, während der Jüng e re, der bis auf seine Beinkleider und ledernen Stu l pen unbekleidet war, seine Lanze zum Wurf erhob. Marcus grüßte den Ältern und versuchte gleichze i tig, die La n ze des Jüngeren so gut wie möglich zu ignorieren.
„Seid gegrüßt! Wir sind auf der Suche nach dem Hof des berühmten Königs Gast. Äh... sind wir hier vie l leicht schon angekommen?“
Der Ältere inspizierte schwe i gend ihren Wagen. Als er alles unte r sucht hatte, was darauf und darin ve r staut war, knurrte er sie an: „Los, folgt mir! Aber flott, wenn ich bitten darf.“ Der jüngere Wac h mann bildete die Nachhut als sie bei sinkender Sonne in das kleine Dorf einritten.
Vor den Hütten der Siedlung wühlten Schweine im Mist. Über offenen Feuern hingen Kessel, in denen Fleisch und Rüben siedeten. Alles wirkte zugleich b e lebt und doch wieder ausgesto r ben, denn sie b e kamen keinen der Bewohner zu Gesicht. Zudem leitete ihr Anführer sie so zügig auf ein großes Haus in der Mitte des Dorfes zu, als hätte er Bedenken, dass einer der Dörfler größeres Interesse für die Angekommenen aufbringen könnte. Am Hauptg e bäude b e fahl er ihnen abzusteigen und ihm ins I n nere zu folgen.
Als sich ihre Augen an das Dunkel gewöhnt hatten, sahen sie, dass auch hier wieder der gesamte Inne n raum aus einem einzigen Saal bestand, der alle r dings beachtliche Ausmaße hatte. In der Mitte des Raumes brannte wie überall ein Feuer, das als ei n zige Wärme- und Lichtque l le diente. Im hinteren Teil der Halle saß auf einem erhöhten Sitz ein Mann mittleren Alters von massiger Gestalt. Ein ungewöhnlicher Anblick, denn die Menschen, die sie bisher getroffen hatten, waren eher knochig von der harten Arbeit und der spärlichen Kost. Von „spärlicher Kost“ konnte hier aber offe n sichtlich keine Rede sein, denn auf einem Tisch vor dem Si t zenden waren mehrere Schüsseln mit Fleisch und Brei aufgestellt. Sein Gefolge lagerte auf dem eb e nen Boden vor ihm, auf oder
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