Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
verschwunden waren, lehnte er sich in seinem Sessel zurück und wartete.
Er musste sich lange gedulden. Es war ber e its tief in der Nacht, und Lucius wanderte gereizt und nervös in se i nem Zimmer umher. Erst der Gedanke an den mögl i chen Verlust hatte ihm klargemacht, was ihm Agnar b e deutete. Er vernahm Schritte im Atrium. Sein Herz b e gann schneller zu schlagen, als er die Stimmen der W a chen erkannte, die er au s geschickt hatte. Die Schritte näherten sich seinem A r beitszimmer, dann wurde an die Tür geklopft. L u cius räusperte sich.
„Herein!“
Der Legionär verneigte sich.
„Wir haben den Freigelassenen Flavus mi t gebracht. Willst du ihn jetzt sprechen?“
Lucius setzte sich an seinen Tisch und antwortete ze r streut, so als hätte er den Auftrag bereits verge s sen: „Wen? Ach so! Ja... bitte...“
Kurz darauf öffnete sich die Tür erneut, und Agnar trat ein. Lucius war froh, dass er saß, er spürte seine Hand leicht zittern. Er war sich sicher, dringend einen Schluck Wein zu benötigen. Agnars Aussehen erschien ihm noch eindrucksvoller als er es in Eri n nerung hatte, noch heller und eleganter, das Gesicht schmal mit stechenden, zwe i farbigen Augen. Lucius klingelte, eine Sklavin erschien.
„Bring Wein!“
Das Mädchen verschwand mit einer Ve r beugung. Agnar sah ihr nach, dann wandte er sich Lucius zu.
„Sei willkommen zurück in Rom! Wie viel sich doch seit unserer letzen Begegnung verändert hat.“
Lucius lauschte dem schwebenden Klang der Stimme hinterher, dann gab auch er sich einen Ruck.
„Soviel ich dir auch zu verdanken habe, zu guter Letzt hätte mich dein Gott doch beinahe im Stich gelassen. Hast du mir eine Erklärung dafür?“
Agnar schüttelte leicht den Kopf.
„Offensichtlich ist doch alles gut gegangen. Hast du mich rufen lassen, damit ich einen Gott vor dir verteidigen soll?“, sagte er mit einem angedeuteten Lächeln. Lucius stand auf und ging um den Tisch herum.
„Nein, keine Vorwürfe, ich hätte wirklich wenig Grund dazu. Im Gegenteil, ich weiß, was ich dir zu verdanken habe. Deshalb ließ ich dich rufen. Ich möchte dir danken und wollte sicher sein, dass deine Hilfe dich nicht in Schwierigkeiten gebracht hat.“
Agnar nahm diese Anteilnahme mit amüsierter Befried i gung zur Kenntnis. Laut sagte er: „Nein, es gab keine Probleme. Als ich nach Rom zurückk e hrte, waren zu viele Dinge passiert, als dass jemand sich noch an einen unbedeutenden Freigelassenen hätte erinnern wo l len. Umso mehr ehrt es mich aber, dass du mich nicht ve r gessen hast.“
Lucius trat einen Schritt näher. Er stand nun so dicht vor Agnar, dass er dessen Geruch erahnen konnte. Lucius schwieg nun. Er dachte an all die Jahre, in denen er ein a u frechter Römer gewesen war, in denen er geheiratet und Kinder gezeugt hatte und sich durch seine Energie und seinen Mut an die Spitze des römischen Staates g e arbeitet hatte. Er hatte das alles so gewollt, weil er allen hatte zeigen wollen, was in ihm steckte. Allen - auch se i nem Vater. Aber jetzt, in di e sem Moment, wollte er nichts mehr davon, Ruhm, Ehre, Rom, sein Vater und die ganze Welt war ihm egal, denn er wollte nur noch den Mann, der hier vor ihm stand. Bevor er zu sprechen begann, hielt er es noch für ein Spiel, ein kleines Abe n teuer, doch als er den Mund öffnete, brach etwas ganz anderes aus ihm heraus.
„Wie hätte ich dich vergessen können?“
Er lächelte verlegen, fast gequält. Sein Mund war wie ausgetrocknet. Nichts weiter fiel ihm ein und so hob er zögerlich die Hand und berührte sacht A g nars Wange. Ein fassun g sloser Blick tauchte kurz in den seinen, dann wandte Agnar das Gesicht ab und verharrte, die Augen blicklos in eine Ecke des dunklen Raumes gerichtet. L u cius Hand fiel herab.
Agnar konnte kaum atmen, so entsetzt war er über das, was hier geschah. Es war klar, was Lucius von ihm wol l te. Doch Agnar konnte ihm genau das nicht geben. Panik stieg in ihm auf. Er war so kurz vor dem Ziel. Ja, er hatte mit allen seinen Fähigkeiten Lucius an sich gez o gen, um in ihm einen Ve r bündteten zu finden. Doch zu einer solchen Wendung hätte es nicht kommen dü r fen. Welch eine bösartige Gottheit quälte ihn hier, lachte über seine Albträume und hielt ihm wieder die Hölle seiner Jugend vor Augen? Am liebsten wäre er mit der Hand über sein Gesicht gefahren, um all das hinwegz u wischen, doch er wagte die Bewegung nicht, aus Angst, Lucius könnte sich ebenfalls aus seiner Erstarrung
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