Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
sche Aufgekratztheit, in der er nichts Kon k retes zustande brachte, obwohl er sich fast aufrieb. Agnar war ve r schwunden. Lucius hatte mehrfach die Wachen ausg e schickt, doch immer waren sie ohne ihn zurüc k gekehrt. Er hatte die Frau kommen lassen, die in Agnars Haus lebte, doch auch sie konnte ihm keine Auskunft geben. In einer Nacht zwei Wochen nach Agnars Verschwi n den war Lucius erst weit nach Mitternacht in einen leichten Halbschlummer gefallen und nun, als noch nicht einmal der Morgen heraufdämmerte, lag er schon wieder wach. Er lag allein in seinem Zimmer, als er sich völlig unve r mittelt von einer tiefen Hoffnungslosigkeit befallen füh l te. Er war froh, dass er noch etwas Zeit für sich haben würde, bevor die Sklaven hereinkämen, um ihn beim Ankleiden zu helfen und ihm seine Morge n mahlzeit zu bringen. Fast befürchtete er, dass er in seinem jetzigen Zu s tand nicht aus dem Bett käme und hoffte, dass die Schwäche sich irgendwie von selbst g e ben würde. Sein Herz klopfte schwer und hart in seiner Brust. All die Aufregungen und die A n strengungen der vergangenen Monate erschienen ihm plötzlich sel t sam sinnlos und überflüssig. Alles das war nur e r müdend und zehrend. Er wusste, dass etwas geschehen war, dass es nun keinen Sinn mehr hatte, Agnar suchen zu lassen. Er musste seine Zeit nun nutzen, sein Leben allein zu or d nen. Jeder Sieg über seine Feinde hatte neue Bürden und Aufgaben auf seine Schultern gelegt und ihn weiter von sich selbst en t fernt. Rom war weniger als je zuvor in der Lage, sich selbst zu helfen und zu befrieden, geschweige denn das Imperium, das ihre Väter und sie selbst in den vergang e nen Jahren aufgebaut hatten, zu erha l ten und zu mehren. Es musste ein Ende sein. Sobald er wieder die Kraft fä n de aufzustehen und eine Feder zu halten, würde er in seine letzte große Schlacht ziehen müssen. Er richtet sich halb auf und stopfte sich ein Kissen u n ter den Rücken. Das Atmen fiel ihm schwer, und als er ve r suchte, tief Luft zu holen, überkam ihn ein Hustenanfall. Das durfte nicht sein, niemand durfte etwas von seiner demütige n den Schwäche ahnen. Er ve r suchte, tief und gleichmäßig zu atmen und spürte, wie es ihm langsam etwas besser ging. Es hatte keinen Sinn, sich zu ve r stecken, er würde jetzt sofort nach den Sklaven läuten. Er musste noch heute begi n nen.
Als er an seinem Schreibtisch saß, versuchte er sich seine Stadt und die Menschen darin wie aus weiter Ferne vo r zustellen. Das fiel ihm nicht schwer, denn er hatte sich ohnehin nie wirklich als ein Teil der römischen Gesel l schaft gefühlt. Der Abstand würde es ihm erleichtern, die richtigen Entscheidungen zu finden. Die Bilanz des er s ten halben Jahres seiner Diktatur war erschreckend. Er sah die Tausende von Toten, Vertriebenen, Enterbten und En t machteten, und nur schwer konnte er plötzlich noch die Befriedigung fühlen, die ihm dieses Szenario noch gestern eingeflößt hatte. Das alles war keine Basis für Kompromisse oder zögerliche Neuerungen. Er wü r de ganz von vorne beginnen und alle Bereiche neu or d nen müssen. Als erstes musste Schluss sein mit Verfo l gungen und Morden. Es würde keine weiteren Listen mehr geben.
Über ein Jahr arbeitete er an der Erneuerung der röm i schen Verfassung. Er machte den Senat wieder zur stärksten Macht in Rom und ergänzte die gel i chteten Reihen der Senatoren aus dem Ritterstand. Er beschrän k te das Mindestalter für die verschiedenen Ä m ter und regelte den Cursus honorum neu. Das Amt der Volkstr i bunen wurde zurückgestutzt, um ehrgeizige Machtme n schen davon abz u halten, diese Institution wieder als Plattform für neue Umsturzversuche zu nutzen. Wer einmal Volkstribun gewesen war, sollte ab jetzt nie wi e der ein anderes Amt im Staat ergreifen können. Er or d nete die Gerichte und ihre Zuständigkeiten und reduzie r te die Priv i legien der stadtrömischen Bevölkerung, um den massenhaften Zuzug von Nichtstuern aus den u m liegenden Gebieten zu begrenzen. Er erweiterte die off i zielle Stadtgrenze Roms bis in den tiefsten Süden der Halbinsel und nach Norden bis zum Flüsschen Rub i kon, so dass in fast ganz Italien das Tragen von Waffen verb o ten werden konnte, so, wie es schon immer innerhalb der engsten Stadtgrenzen verboten gewesen war. Die Stad t halter der verschiedenen Provinzen wurden mit strengen Auflagen an die Au f gaben ihres Amtes gebunden, und als Krönung des Ga n zen gab er dem Amt des Konsuls sein
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