Der Kimber 2. Buch: Rache (German Edition)
e ben eisern.
An einem Nachmittag im späten Frühjahr war der Junge wieder einmal mit dem Fußboden der Eingangshalle b e schäftigt. Am Morgen hatte eine Bande Jugendlicher einen neuen Schädel angeschleppt und war fürstlich b e lohnt worden. Das Haus war still, denn der Hausherr ging Verpflichtungen in der Administration nach, wä h rend die Angestellten die Gelegenheit nutzten, unter i r gendwelchen Vorwänden die Villa für ein paar Stunden zu verlassen. Hastig wischte der Junge den Boden und versuchte die Vertiefungen zu reinigen, die in dem g e borstenen Mosaik den Lehmboden blank legten. Er br a uchte seine ganze Konzentration, um den Gedanken an die unheimliche Gegenwart der Leichenteile auszukla m mern. Unvermittelt wurde die tiefe Stille im Haus durch das Geräusch klatschender Flügel und lautes Krächzen zerrissen. Der Junge meinte, sein Herz ausset z ten zu spüren, so sehr ließ der Schreck ihn zusamme n fahren. Er prallte zurück, doch im näc h sten Moment erkannte er, dass nicht einer der Schädel lebendig gewo r den war um ihn zu holen, sondern dass die beiden Raben des unheimlichen Barbaren durch das Oberlicht eing e drungen waren. Ängstlich zog sich der Junge ein paar Schritte zurück, um den großen Vögeln auszuweichen, doch die beachteten ihn ohnehin nicht. Die Raben kan n ten das Haus gut genug und wussten, dass sich niemand ihnen hier in den Weg stellen würde. Sie ließen sich auf den Tischen nieder und hopsten zwischen den Köpfen u m her, wobei sie einen der Schädel umwarfen. Nach einer kurzer Weile en t deckten sie den Kopf, der am Morgen frisch gebracht worden war, und begannen, sich d a rum zu balgen. Einem Raben gelang es schließlich, den a n deren abzudrängen und auf den Schädel zu hopsen, wo er flügelsc h lagend das Gleichgewicht hielt und mit dem Schnabel in das rechte Auge des Leiche n schädels hackte. Der Junge war kurz davor, ohnmächtig zu we r den, doch eben bevor ihn das Bewusstsein verlassen konnte, wurde er von einer irren Wut gepackt. Das hier war einfach zu viel! Er würde das nicht dulden, egal was kommen würde, das hier zumindest musste ein Ende haben. Sein Herz raste, er griff mit einem Aufschrei nach seinem Wischeimer. Voll Hass und mit aller Kraft, die er au f bringen konnte, schleuderte er ihn nach dem Vogel.
Der Eimer traf den Raben mit voller Wucht, so dass das Tier zappelnd und flügelschlagend auf den Boden stür z te. Der zweite Rabe geriet in Panik und versuchte fla t ternd zu fliehen, doch in seiner A u fregung stieß er gegen die Wände und verfehlte das Oberlicht. Der Junge fühlte einen wilden Jagdi n stinkt in sich aufsteigen. Mit einem Sprung schna p pte er den flatternden Raben, packte ihn bei den Beinen und schlug ihn mit dem Kopf auf den Boden. Obwohl der Vogel nach dem ersten Schlag tot war, konnte der Junge nicht au f hören und drosch den leblosen Körper immer wieder auf die bunten Mosai k steine. Er mu s ste sich zwingen aufzuhören und den Körper beiseite zu werfen. Kaltblütig wandte er sich d a nach dem andern Raben zu, der hilflos, von der scha r fen Kante des Eimers verwu n det auf dem Boden lag. Er griff den Vogel mit beiden Händen um den Hals, mit einer r a schen Bewegung drehte er dem Raben den Kragen um und warf den Kadaver angewidert in das Wasserbecken in der Mitte des Raumes. Sein Herz raste, doch der Junge fühlte sich frei und stolz wie noch nie zuvor. Er fühlte sich, als hätte er nicht nur den beiden Vögeln den Garaus gemacht, so n dern als hätte er das ganze Unheil besiegt, das die Stadt in seinem Bann hielt.
Er konnte sich nicht lange als Held fühlen, denn schon erklang ein Klopfen am Eingan g stor und er hörte wie der Riegel zurüc k geschoben wurde. Er sah sich um, Angst stieg in ihm auf, als er das Durcheinander im Atrium sah. Fieberhaft überlegte er, wie er die Unordnung im Raum noch schnell beseitigen könnte. Einer der Tische war umg e fallen und die widerliche Dekoration war auf dem Boden verteilt. Der eine Rabe trieb im Wasserbecken, der andere lag zerfleddert in einer Lache Blut am Boden. Er hörte Schritte näherkommen, aber er stand wie gelähmt. Seine schlimmsten Befürchtu n gen wurden wahr, als er den großen Barbaren aus dem Eingang auftauchen sah.
Agnar blieb unter dem Türsturz stehen, ein unglä u biges Lächeln spielte um seine Mun d winkel. Er blickte in das dämmrige Atrium und konnte sich noch nicht ganz klar darüber werden, was hier vo r gegangen war. Er sah einen dünn und lang au f
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