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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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Ulfger schluchzte, stolperte vorwärts und fiel in den Dreck.
    »Das hier ist der Teufelswald«, sagte Peter und beugte sich dicht an Ulfgers Ohr. »Es ist
mein
Wald. Das nächste Mal, wenn du einen Fuß in diesen Wald setzt, schiebe ich dir mein Schwert bis zum Anschlag in den Arsch.« Peter trat Ulfger fest in den Hintern. »Und jetzt
verschwinde
von hier!«
    Ulfger stemmte sich hoch und humpelte den Pfad entlang. Die Teufel rannten ihm heulend, krakeelend und kläffend hinterher und ließen einen Hagel von Tannenzapfen und Erdklumpen auf ihn niedergehen. Sie jagten ihn bis zum Goggiebach.
     
    Ein lautes Zirpen holte Peter zurück in die Gegenwart. Etwas blitzte grün auf: Feen – insgesamt drei – sprangen von einem Ast und flogen vor ihnen über den Pfad davon.
    »Ich glaube, die Nachricht von unserer Ankunft eilt uns voraus«, sagte Tanngnost mit einem schiefen Grinsen. »Halt die Augen offen: Das Empfangskomitee sollte bald eintreffen.«
    Peter blickte sich um und entdeckte in der Umgebung einen Felsvorsprung etwas abseits des Hauptwegs. »Dort sollten wir warten«, sagte er. »Die Felsen dort verschaffen mir einen ordentlichen Vorsprung, falls ich früher gehen muss.«
    Der Troll nickte, und die beiden traten auf den Vorsprung zu.
    »Es wird alles gut gehen«, sagte Tanngnost. »Solange du nicht den Kopf verlierst und ihn gegen dich aufbringst. Er kann unmöglich das Schwert gegen dich erheben, nicht nachdem sein eigener Vater dir einen Platz im Feenvolk zugesprochen hat. Seine Ehre verlangt, dass er uns zumindest anhört.«
    »Ehre? Ulfger hat kein Ehrgefühl.«
    »Ulfger hat sehr wohl Ehrgefühl. In vielerlei Hinsicht ist das sein größtes Unglück. Er ist an das gebunden, was er für seine Pflicht hält, ganz egal wie verzerrt seine Vorstellungen von dieser Pflicht inzwischen sind. Er wird das milde Urteil seines Vaters in Ehren halten. Trotzdem muss ich dir wohl kaum sagen, dass du vorsichtig sein sollst. Du weißt, wie gerne er dich töten würde. Und wenn er einen Grund findet, dich zu einer Bedrohung für Avalon oder für das Wohlergehen der Dame zu erklären, dann wird er es auch versuchen.«
    »Nach allem, was du mir erzählt hast, ist die Dame kaum mehr als seine Gefangene.«
    »Peter, du drehst mir die Worte im Mund rum. So einen Unsinn habe ich nie auch nur nahegelegt.«
    »Du hast gesagt, dass er ihr keinen Besuch erlaubt und sie auch nicht fortlässt. Wann hast du sie zum letzten Mal außerhalb ihrer Zuflucht gesehen?«
    Tanngnosts hohe, pelzige Stirn legte sich in Falten. »Ich weiß es nicht genau. Ich weiß nicht, ob sie sie überhaupt verlässt.«
    »Siehst du!«
    »Aber ich glaube nicht, dass das Ulfgers Werk ist. Als der große Gehörnte starb, ist wohl auch ein Teil von Modron gestorben. Eine Weile nach der riesigen Schlacht habe ich sie einmal kurz gesehen. Sie hat mich nicht erkannt. Ich bin mir nicht mal sicher, ob sie mich bemerkt hat – sie hat einfach durch mich hindurchgestarrt, als schliefe sie mit offenen Augen. Und jetzt erzählen die Elfen mir, dass sie sogar noch teilnahmsloser und schwächer geworden ist. Unglücklicherweise vernachlässigt sie den Nebel, und wie du sehr gut weißt, wimmelt er inzwischen von Sluagh. Sie nähren sich von dem Nebel. Nähren sich von …
ihr
.« Einen Moment lang schwieg der Troll. »Ich fürchte, wenn sie den letzten Rest Willenskraft verliert, wird auch der Nebel schwinden. Das wird dann für uns alle das Ende sein.« Tanngnost zupfte an seinen langen Kinnhaarenund verlor sich in Gedanken. »Äh, worüber haben wir gerade geredet?«
    Peter lächelte. »Darüber, was für ein
Arsch
Ulfger ist.«
    »Ach ja, stimmt. Ich wollte auf Folgendes hinaus: Trotz Ulfgers Schwächen darfst du nie vergessen, dass er der Sohn des Gehörnten ist. Dass er und nur er den gehörnten Helm tragen und Caliburn führen kann.«
    »Aber das Schwert ist zerbrochen.«
    »Selbst zerbrochen hat die Klinge noch genug Macht und Gift, damit wir mit ihrer Hilfe die Fleischfresser in den Nebel treiben können.«
    »
Das
hast du mir nie erzählt! Worauf warten wir dann noch?« Peter klang aufgeregt. »Wo bewahren sie es auf? Ich werde es stehlen. Wenn ich das Schwert hätte, würde ich die Fleischfresser selbst vertreiben!« Peters Augen leuchteten.
    »Peter«, versetzte Tanngnost verstimmt und klopfte dem Jungen zweimal auf den Kopf, »hörst du denn nie zu? Hast du all meine Lektionen verschlafen? Habe ich die Perlen meiner Weisheit etwa an einen Vollidioten verschwendet?

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