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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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Begründung hat sie Oma dazu überredet, die Zimmer im Erdgeschoss zu vermieten. So sind dann Marko und seine Kumpel bei uns im Haus gelandet. Marko ist der, der mich verbrannt hat.«
    Nick schüttelte den Kopf. »Ich wusste gleich, als ich sie gesehen habe, dass das Dreckskerle sind, versteht ihr? Aber Ma war so froh, Mieter zu haben, dass sie sich für die Typen krummgemacht hat. Dann stellt sich plötzlich raus, dass diese Kerle Straßendealer sind, und meine Ma sorgt dafür, dass sie sich wie zu Hause fühlen. Könnt ihr euch das vorstellen? Bald gingen Markos Jungs bei uns ein und aus und vertickten überall Stoff. Die haben von unserer Veranda aus Drogenhandel im großen Stil betrieben. Da hat es dann sogar meine Ma mitgekriegt. Es war ja nicht so, dass die Kerle sich besondere Mühe gegeben hätten, diskret zu sein. Sie haben sich aufgeführt, als gehörte ihnen die Bude.«
    »Hat deine Ma nicht die Polizei geholt?«, fragte Grille.
    »Nein, das ist es ja. Das wollte sie nicht. Darüber haben wir uns dann gestritten. Sie meinte, Marko hätte gesagt, wenn sie die Bullen ruft, würde er dafür sorgen, dass es aussieht, als ob sie mit drinsteckt. Dann würde der Staat kommen und mich ihr wegnehmen oder Omas Haus beschlagnahmen. Lauter so’n Quatsch. Ich glaube, Marko hat ganz schön dick aufgetragen. Hat sie zu Tode erschreckt. Jedenfalls hat er offenbar Wind von unserm Streit gekriegt, kurz danach haben seine Kumpels mir nämlich das hier verpasst.« Nick legte einen Finger auf die Brandnarbe.
    »Also bist du abgehauen?«
    »Darauf könnt ihr Gift nehmen. Ich habe ihnen das Geschäft versaut und mich davongemacht.«
    Grille starrte ihn entsetzt an. »Du hast deine Mutter und deine Großmutter zurückgelassen … allein in diesem Haus, mit …
denen?
«
    »Nein … das heißt, ja. Ich habe sie verlassen, aber tu jetzt bloß nicht so, als ob ich sie
im Stich gelassen
hätte.«
    »Nick, das ist ja schrecklich. Stell dir mal vor, was für eine Angst deine Mutter dort wahrscheinlich ohne dich hat.«
    »Sie hat diese Kerle überhaupt erst ins Haus geholt!«, erwiderte Nick wütend. »Sie ist diejenige, die nicht die Bullen rufen wollte. Was sollte ich denn machen? Dableiben und mir Markos Quälereien gefallen lassen? Der Kerl hätte mich irgendwann umgebracht.«
    »Nick, denk doch mal nach. Wahrscheinlich haben sie ihr gedroht, dass sie dir und deiner Großmutter etwas antun, wenn sie etwas unternimmt oder jemandem davon erzählt. Wer weiß, was sie ihr alles erzählt haben.« Grille schüttelte den Kopf. »Die arme Frau steckt in einer scheußlichen Klemme. Was soll sie denn tun? Nicht zu fassen, dass du einfach abgehauen bist und sie zurückgelassen hast.«
    »Du begreifst das nicht. Du warst nicht dabei. Es ist nicht so, wie du denkst. Es ist …« Er verstummte. »Vergiss es. Komm, vergiss es einfach!«
    Nick stand auf, stapfte quer durch den Raum und ging aufs Klo. Er schloss die Tür hinter sich und legte den Riegel vor. Dann lehnte er sich mit dem Rücken gegen die Tür, ohne auf das Klappern und Kraspeln zu achten, das aus dem Abtritt drang. Er starrte sich in dem zerbrochenen Spiegel an und sah ein Dutzend wütender Gesichter, die seinen Blick finster erwiderten.
    Scheiß auf sie
, dachte er.
Die hat ja keine Ahnung, wovon sie redet. Ich habe meine Mutter nicht im Stich gelassen. So etwas würde ich niemals tun
. Er gab sich Mühe, den Gedanken an seine Mutter, die nun mit Marko alleine war, zu verdrängen, aber eswollte ihm einfach nicht gelingen. Er sah ihr Gesicht vor sich. Sah den Widerling und seine Kumpels: Markos hervortretende, blutunterlaufene Augen, sein Raubtiergrinsen. Nick hatte noch immer ihr Lachen in den Ohren, als sie ihn gebrandmarkt hatten. Wenn sie kein Problem damit hatten, ihm den Arm zu verbrennen, was würden sie dann erst seiner Mutter antun, und seiner Oma? Jetzt, da er weg war, waren sie sicher zu allem fähig.
Himmel
, dachte er,
sie hat sicher schreckliche Angst
. Dazu kam, dass Oma inzwischen kaum noch aus dem Bett aufstand. Ma konnte nirgendwohin. Sie hatte keine anderen Familienangehörigen, niemanden, der ihr helfen konnte.
Was habe ich
da bloß
getan?
Seine Gesichtszüge verkrampften sich, und ein hässliches Schluchzen entrang sich seiner Kehle. Er vergrub das Gesicht in den Händen und weinte.
    »Ma«, flüsterte er. »Es tut mir leid. Es tut mir so verdammt leid.«
     
    Ulfger zog sein Breitschwert aus der Scheide. Sein massiger, muskulöser Arm zuckte, als könnte er es

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