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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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den Hort, Avalons letztes Heiligtum, entdeckten und damit die Dame und den Baum Avallachs.«
    Peter machte einen Satz nach vorn, und das Feuer war in seine Augen zurückgekehrt. Er richtete die Speerspitze auf die Kinder. »Und dort kommt ihr ins Spiel, Teufel. In der menschlichen Welt vergeht die Zeit schneller, und in den Jahren unserer Not hat sie sich weitergedreht. Große Städte sind entstanden, ein Bürgerkrieg hat das Land von Amerika überzogen, und wie immer waren es die Kinder, die darunter zu leiden hatten. Ich suchte die Waisen, die Misshandelten, die Hungernden und Verlorenen, versammelte diejenigen um mich, die sich ein besseres Leben wünschten und den Mut hatten, dafür zu kämpfen, und brachte sie hierher. Es dauerte nicht lange, bis der Teufelsbaum einmal mehr von den Rufen und dem Gebrüll trainierender Kämpfer widerhallte. Die Teufel waren wieder da und bereit, Avalon zurückzufordern. Tanngnost machte sich auf die Suche nach Verbündeten, die den Mut hatten, uns zur Seite zustehen. Er ging zur Hexe und zu Ulfger, doch sie lachten nur. ›Was könnte eine Handvoll dahergelaufener Kinder schon gegen die Fleischfresser ausrichten?‹, fragten sie. ›Wie können diese Kinder auch nur zu hoffen wagen, dort erfolgreich zu sein, wo der Gehörnte gescheitert ist?‹ Sie verkrochen sich in ihren sterbenden, belagerten Wäldern und lachten uns aus. Die Teufel dagegen versteckten sich nicht. Nein, wir zogen in den Krieg!«
    Peter klatschte sich mit der breiten Seite der Speerspitze laut in die Handfläche.
    »Wir spielten nach eigenen Regeln, legten Hinterhalte, stellten Fallen auf und attackierten die Felder und Vorräte der Fleischfresser. Wir bedrängten sie von allen Seiten, und bald waren es die Fleischfresser, die Angst hatten – Angst, den Wald zu betreten, Angst, des Nachts ihre Feste zu verlassen. Langsam wendete sich das Blatt, und es gab wieder Hoffnung für Avalon. Und das einzig und allein, weil ein wild zusammengewürfelter Haufen Kinder, die niemand wollte und an die niemand glaubte, sich zusammengetan und für die Dame gekämpft hat. Weil
ihr
, die Herren des Teufelsbaums, nicht aufgegeben habt. Weil ihr niemals aufgeben werdet!«
    Peter stellte sich breitbeinig und mit geschwellter Brust auf. »Damit ist meine Geschichte noch nicht zu Ende, denn ihr Ende muss erst noch geschrieben werden.« Er hob die Speerspitze. »Ihr seid nun diejenigen, die diese Geschichte schreiben. Ihr Ende hängt von euch ab, von jedem Einzelnen. Ihr seid die Herren des Teufelsbaums, die tödlichsten, mutigsten Krieger, die Avalon je gesehen hat. Die stolzen Verteidiger der Dame und des Baums von Avallach. Glaubt nicht, dass es einfach wird, doch wenn ihr beherzt seid, wenn ihr kühne Taten vollbringt, wenn ihr fest entschlossen seid, Avalon endgültig von diesen Dämonen zu befreien, dann wird die Geschichte ein Ende finden. Denn die Welt der Feen ist stark und standfest.Ich sage euch, wenn die Fleischfresser erst einmal fort sind, wird Avalon sich heilen, und von da an werdet ihr die wahren Herren Avalons sein. Man wird euer Lied für tausend Zeitalter singen!« Peter hob die Speerspitze und rief:
»DAS BLUT IST DER CLAN, UND DER CLAN IST DAS BLUT, HEIL DEN HERREN DES TEUFELSBAUMS!«
    »DAS BLUT IST DER CLAN, UND DER CLAN IST DAS BLUT!«,
schrien die Kinder, sprangen auf, fuchtelten mit den Fäusten, tanzten wild umher und stießen einander durch den Raum. Peter sprang in ihre Mitte, spornte sie an und ließ sich von dem tobenden Geheul und Geschrei mitreißen.
    Nur einer tobte nicht mit: ein Junge mit dunklen Ringen unter den Augen und grünen Schuhen, der allein ganz hinten saß.
     
    Nick stand zusammen mit Peter, dem Troll und den anderen Neuen auf dem Aussichtsposten. Es war ein weiterer silbergrauer Tag unter den geisterhaften Wolken Avalons. Er konnte über die Baumkronen und über den Nebel hinwegschauen, der sich ans Flachland krallte und weiter über wogende Hügel und zerklüftete Felshänge. Dort, wo der Dunst aufriss, konnte er gerade eben die Ränder der Insel ausmachen, wo der undurchdringliche Nebel eine massive weiße Mauer entlang der Küste bildete.
    Peter zeigte auf eine ausgefranste Spur der Verwüstung, die quer über die Insel verlief und zu der Wolke schwarzen Qualms führte, die am Waldrand aufstieg. »Die Fleischfresser brennen Avalon Baum für Baum nieder, während wir hier stehen.«
    Nick starrte auf die verkohlte Narbe, die der Landschaft ihren Stempel aufdrückte, ohne sie

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