Der Kinderdieb
nicht …
er konnte es nicht
.
Drei Fleischfresser kamen direkt auf sie zu. Ungeschickt griff Nick nach seinem Schwert, riss es aus der Scheide und ließ es dabei fast fallen. Er richtete die Spitze auf die Fleischfresser. Plötzlich fühlte es sich an, als hielte er ein Bleigewicht in seiner zitternden Hand, und vor Schreck vergaß er alles, was er gelernt hatte.
Der vorderste Mann wusste Nicks Miene zu deuten, und ein mörderisches Grinsen ließ seine roten Augen aufblitzen. Er hob seine Axt und rannte auf den Jungen zu.
»Oh Gott!«, schrie Nick. »Himmel!«
Da schoss Abraham an ihm vorbei, tauchte unter dem Schlag seines Gegners weg und stieß ihm das Schwert in den Brustkorb. Die Augen des Mannes verdunkelten sich, die Axt glitt ihm aus den Fingern, traf Nick mit dem stumpfen Ende zwischen die Rippen und ließ ihn zu Boden gehen. Abraham wollte sich mit einer Drehung außer Reichweite bringen, doch der Mann erwischte ihn am Arm, und die beiden landeten laut platschend im Brackwasser.
Ein Kriegsschrei ließ die Luft erzittern. Blutrippe sprang an Nick vorbei und traf mit den Füßen voran auf die nächsten beiden Fleischfresser. Stolpernd prallte der Vordermann gegen seinen Nachfolger. Mit einem Satz war Blutrippe wieder auf den Beinen und versetzte dem ersten, der hochzukommen versuchte, einen Schnitt quer durchs Gesicht. Der zweite war schneller, und ein weit ausholender Machetenschlag hätte Blutrippe beinahe die Klinge aus der Hand gerissen. Er umkreiste seinen Gegner und trieb ihn zurück, und in diesem Moment zerschnitt Sekeu, die noch immer auf den Knien war, ihm die Kniesehnen. Der Mann kippte vornüber und krallte sich in den glitschigen Schlamm, während er langsam in den Tümpel rutschte.
Blutrippe stürmte vor und hielt die restlichen beiden Fleischfresser auf.
Nick fasste sich an die Brust. Als er die Hand wieder wegnahm, bemerkte er, dass sie feucht von seinem eigenen Blut war.
Ich werde sterben
, dachte er, dann hörte er ein angestrengtes Keuchen und sah, dass Abraham im Wasser mit dem Fleischfresser kämpfte. Der riesige Kerl hatte den Jungen am Hals gepackt. Abraham krallte sich in die dicken, ledrigen Hände des Manns und versuchte verzweifelt, den Kopf über Wasser zu halten. Nick sah Abrahams entsetzten Blick, als er unter die dunkle Wasseroberfläche glitt, und vergaß jegliche Gedanken ans Sterben. Er musste den Fleischfresser aufhalten. Um jeden Preis.
Nick setzte auf den Fleischfresser zu und ließ sein Schwert mit aller Kraft auf ihn niedersausen. Die Klinge grub sich tief in die Schulter des Mannes und verfing sich in seinem Schlüsselbein. Der Mann stöhnte, doch zu Nicks Entsetzen ließ er Abraham nicht los. Der Junge wollte sein Schwert losreißen, doch es steckte im ledrigen Fleisch des Mannes fest. Schwarzes Blut quoll um die Klinge hervor. Nick sah noch immer Abrahams Augen. Blasen stiegen ihm aus dem Mund.
NEIN!
, dachte Nick, und plötzlich verspürte er eine brennende Hitze im Bauch. Galle stieg ihm in der Kehle auf wie der beißende Geschmack von Erbrochenem, Blitze flackerten durch seinen Schädel –
Donnergrollen
. Ein fremdartiger Laut entrang sich seiner Kehle, rau und tierhaft.
Nick nahm nichts wahr außer seinem Gegner und konzentrierte sich mit jeder Zelle seines Körpers auf den Hinterkopf des Mannes, auf diesen glänzenden schwarzen Klumpen Skalp.
Zerschmettere ihn! Schlag ihn ein! Hau ihn zu Brei!
Mit aller Kraft zerrte Nick an dem Schwert und riss es hin und her, bis es sich schließlich löste. Er holte aus und schlug zu, legte all den Zorn und die Galligkeit, die in ihm brannten, in den Schlag. Maldiriel traf den Mann direkt über dem Ohr und riss ihm den Großteil der Kopfhaut vom Schädel. Nick schlug wieder und wiederzu. Er spürte, wie der Knochen unter seiner Klinge brach, spürte, wie das Fleisch nachgab, spürte, wie ihm heißes Blut und Gewebe ins Gesicht spritzten. Es fühlte sich gut an, und Nicks Lächeln wurde immer breiter, während er die Klinge ein ums andere Mal in seinen Feind hackte. Der Mann sackte zusammen, und Nicks Schwert traf nur noch Luft, sodass er kopfüber in den Sumpf stürzte. Er atmete einen Mundvoll Brackwasser ein, riss den Kopf hoch und hustete krampfhaft. Dort, direkt vor ihm im Tümpel, lag Abraham. Mit toten, starren Augen schaute der Junge aus dem dunklen Wasser zu ihm empor.
Plötzlich wurde die Welt um Nick herum wieder scharf, und das Brennen ließ etwas nach. Er packte Abraham und zog ihn mit Kopf und Schultern
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