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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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entrang sich ihrer Kehle. Die Männer traten einen Schritt zurück. Nackt und mit Schlamm, Ruß und Blut bedeckt, kämpfte die Dame sich auf die Beine. Sie breitete die Arme aus, warf den Kopf in den Nacken und schrie. Der Klagelaut hallte von der Decke wider und ließ die Felswände erzittern. Die Wasseroberfläche kräuselte sich. Der Boden unter den Füßen des Kapitäns erzitterte, mehrere Steine lösten sich aus den Wänden und polterten in den Garten hinunter.
    »DÄMON!«
, schrie der Prediger und schlug der Dame seinen Stab vor die Stirn. Sie ging in die Knie und schwankte benommen, während ihr das Blut übers Gesicht strömte. Die Männer packten sie, schlangen ihr ein Seil um den Hals und zerrten sie fort, vorbei an dem blutigen Gemetzel und den Flammen, aus dem Heiligtum heraus.
    Erst dann drangen die Schreie der Verstümmelten und Verwundeten zum Kapitän durch, und mit einem Mal wurde er sich des beißenden Gestanks nach brennendem Fleisch deutlich bewusst. Er hustete und spähte zum Apfelbaum hinüber. »Vollbracht. Es ist
vollbracht!
« Die Blätter des Baums welkten und verfärbten sich vor seinen Augen grau, und das Gras ebenso. Büsche, Ranken, Blumen, Obst, wo er auch hinblickte, bot sich ihm das gleiche Bild: Die Pflanzen verwelkten und verdorrten.
    Das Feuer breitete sich durch das trockene Blattwerk schnell aus, und die Männer traten eilig die Flucht an. Erneut erzitterte die Erde, die Felswände wurden rissig, und ein großer Felsbrocken stürzte herab und kullerte in den Teich, sodass er rot über die Ufer trat. Der Kapitän sprang von der kleinen Insel und schwamm hektisch an Land. Ein brennender Baum stürzte hinter ihm um und ließ einen Funken- und Ascheregen über ihm niedergehen. Er erreichte das Ufer, krabbelte über die misshandelten Leiber hinweg und eilte durch fliegende Funkenund Qualm zum Höhleneingang. Ein letztes Mal blickte er auf den Garten zurück, der nun tatsächlich das Bild eines höllischen Infernos bot.
    Endlich
, dachte er, als er durch den Wasserfall tauchte.
Endlich ist es vollbracht
.

 

     
KAPITEL 24
Die Fähre
     
    Jetzt habe ich sie, dachte Ulfger.
    Die Elfen waren an der Halle der Könige vorbeigeklettert, bis auf die Bergspitze, doch jetzt konnten sie nirgendwohin mehr fliehen. Er beobachtete, wie sie sich, vom Wind gebeutelt, an die Felsen klammerten, an einer steilen Wand, in die sich nicht einmal eine Bergziege gewagt hätte.
    Ulfger vermochte sie nicht zu erreichen, mit dem Schwert um die Schulter schon gar nicht, aber er konnte ihre Angst spüren – und er packte die Elfen bei dieser Furcht, bis sie zitterten und ihnen die Zähne schmerzten. Er spürte, wie sie schwächer wurden und ihr Griff unsicher.
    Plötzlich blitzte weißglühender Schmerz in Ulfgers Schädel auf. Einmal und dann noch einmal, als schlüge ihm jemand auf den Helm. Er ging auf ein Knie nieder. Unter seinen Füßen erbebte die Erde. Dann sah er, wie dunkler Rauch aus dem Tal aufstieg, der ganz offenbar aus dem Hort kam. Ulfger sandte suchend seine Gedanken aus, doch er brauchte den Hörnerhelm überhaupt nicht, denn er entdeckte ihre Fackeln weit unten – eine Armee von Fleischfressern, die sich vom Hort entfernte.
    »NEIN!«
, schrie er. »Nein, das ist unmöglich! Was machen die hier? Sie
können
nicht hier sein!«
    Mit einem Mal begriff er, wo der Schmerz herkam.
Sie haben den Baum gefällt
. Er stieß ein Wehklagen aus und fing an zu zittern.
Sie haben Avallachs Baum gefällt!
    Erneut grollte es im Innern des Berges, und der Fels erbebteso heftig, dass Ulfger sich festhalten musste. Er sah, wie sich Felsbrocken lösten und den steilen Hang hinabpolterten. Endlich kam er wieder auf die Beine und stürzte eilig den Hang hinunter. Als er die Halle der Könige erreichte, hatte das Feuer bereits aus dem Hort auf das gesamte Tal übergegriffen.
    Er taumelte in die Halle und stand vor den zerschmetterten Gräbern. Verstreute Knochen und gesplitterte Schädel empfingen ihn mit dunklen, anklagenden Augenhöhlen.
    »Nein.
NEIN!
Das ist nicht mein Werk!« Er trat nach den Schädeln, stolperte und prallte gegen das Schiff. An Deck lag die verdrehte Gestalt seines Vaters, dessen Blick sich traurig und mitleidig in Ulfger bohrte.
    Erneut erzitterte der Berg. In den Wänden bildeten sich Risse, ein Fenster zerbrach und fiel nach draußen.
    »Siehst du, was sie angerichtet haben?«, schluchzte Ulfger. »Sieh doch. Du hast mich ausgelacht, aber jetzt schau dich an. Sie haben uns den Untergang

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