Der Kinderdieb
auf dem Boden. An der Klinge klebte noch immer Sekeus Blut. Peter hob das Schwert auf und wischte es ab, bis keine Spur mehr von dem Blut zu sehen war. »Nick«, sagte er mit angespannter Stimme. »Sekeu hätte gewollt, dass du es behältst.«
Nick legte die Stirn in Falten und starrte die Waffe an, als sei sie etwas Böses.
»Das ist eine gute Klinge«, sagte Peter. »Vielleicht sorgt sie dafür, dass du es wieder nach Hause schaffst. Sekeu hätte es so gewollt. Du hast dein Bestes für sie gegeben.« Er stockte. »Ihr Blut klebt an dieser Klinge. Ihr Geist ist nun für immer ein Teil davon. Nimm sie.«
Nick blickte Peter in die Augen, der merkte, dass sein Gegenüber mit den Tränen rang. Schließlich nickte der Junge und nahm das Schwert entgegen. Er setzte gerade zu sprechen an, daertönte ein kratzender Laut, wie von Metall auf Stein, aus dem hinteren Teil der Halle. Sie wechselten einen Blick. Peter zeigte zur gegenüberliegenden Wand, und die beiden Jungen schwärmten mit erhobenen Schwertern aus.
»Hier drüben«, rief Nick.
Peter fuhr herum. Es war Amos, der Amish-Junge, den seine eigene Familie verstoßen hatte. Er lag halb zugedeckt auf einer Pritsche. Sein Bein und sein Bauch waren bandagiert, und er sah bleich aus. Er hielt sich an einem Blechbecher fest, der genauso leer war wie der Eimer, der neben ihm stand.
»Peter«, krächzte der Junge schwach, aber überglücklich. »Peter, du verrückter Idiot, du
lebst!
«
Nick nahm den Eimer und rannte damit zum Klo.
»Amos.« Peter kniete sich neben den Jungen und versuchte nicht auf die blutigen Verbände zu achten. Er musste nicht erst fragen, wie schlimm es war, sondern wusste sofort, dass dem Jungen nicht mehr viel Zeit blieb.
»Amos, wo sind all die anderen?«
»Keine Ahnung. Das ging alles Schlag auf Schlag. Nach diesem Hinterhalt hat hier ein einziges Durcheinander geherrscht.«
Nick kehrte mit dem Eimer zurück und füllte den Becher auf. Amos trank aus, und Nick schenkte ihm nach. Der Junge starrte Nick komisch an und wandte sich dann Peter zu. »He, sollten wir den Vollidioten hier nicht töten?«
»Nein.« Peter seufzte. »Das erkläre ich dir später. Sag mir einfach, was los ist.«
»Ich wünschte, ich wüsste es. Nach dem Hinterhalt waren wir total verstreut. Ich bin Huck und Schnitter begegnet, und die haben mich dann hierher zurückgetragen. Nach und nach sind die Teufel, die noch dazu in der Lage waren, hierher zurückgekommen. Tanngnost ist weggegangen, auf der Suche nach weiß der Teufel was. Und dann sind Drael und eine HandvollElfen gekommen und haben nach dir gesucht. Drael meinte, dass Ulfger alle tötet, die ihm über den Weg laufen. Meinte …«
»Ulfger?«
, unterbrach ihn Peter. »Da bringst du was durcheinander, das ist unmöglich.«
»Nein, ich bin mir da verdammt sicher. Drael hat gesagt, dass Ulfger den Helm des Gehörnten und das Schwert hat. Dass er nicht aufzuhalten ist.«
Auf einmal fiel Peter die Gestalt auf der Hügelkuppe wieder ein. Er hatte gedacht, es sei der Gehörnte. Hatte es sich etwa um Ulfger gehandelt? Und das mit Leroy? Steckte vielleicht doch ein Körnchen Wahrheit in seinen Worten von einem gehörnten Dämon? Er spürte Nicks lastenden Blick auf sich.
Nein
, dachte Peter.
Unmöglich
.
Amos hustete mit verzerrter Miene und fasste sich an den Bauch. »Tut mir leid, Mann. Das tut echt tierisch weh. Also, wo war ich? Ach ja, die Elfen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein paar losgegangen sind, um die Hexe zu warnen. Und dann … dann … Ich weiß nicht. Danach war’s auf einmal total chaotisch. Ich glaube, der Troll ist zurückgekommen und hat wie wild rumschwadroniert. Du weißt schon, wie immer. Aber anscheinend hatte keiner auch nur die geringste Ahnung, was zu tun war. Ach, das Wichtigste hätte ich fast vergessen. Einer der Elfen ist zurückgekommen. Meinte, dass eine Armee von Fleischfressern auf dem Weg zur Dame wäre. Danach sind sie dann
alle
weg – Teufel, Troll, Elfen, alle.«
»Wie viele?«, fragte Nick.
»Wie viele was?«
»Wie viele Teufel sind übrig?«
»Oh.« Die Miene des Jungen verfinsterte sich. »Mich mitgezählt, vielleicht neun oder zehn.«
Peter sank der Mut, und er blickte zu Boden. Nick musste nichts weiter sagen. Peter wusste, was er dachte.
»Was ist mit Grille?«, fragte Nick, obwohl er aussah, als fürchtete er sich vor der Antwort.
»Die Neue?«, fragte Amos.
Nick nickte.
»Ihr geht’s gut.«
Nick atmete leise auf.
»Amos«, sagte Peter. »Es tut mir
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