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Der Kinderdieb

Titel: Der Kinderdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brom
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Händen.
    Nick fiel auf, dass er die Äpfel fallen gelassen hatte und sie nun im Schlamm verstreut lagen. Er rüttelte seinen Begleiter an der Schulter. »Der Troll und Grille … die Teufel. Sie sind dort entlang.« Er zeigte in die Richtung, in die die Spuren führten. »Wenn wir uns beeilen, holen wir sie vielleicht ein. Los doch –
Beeilung!
«
    Peter hob langsam und mit verwirrter Miene den Kopf. »Wie?«
    »Komm. Wir müssen sie einholen!«
    »Warum?« Peter schüttelte den Kopf. Sein Tonfall war ausdruckslos, leblos. »Es ist vorbei.«
    »Wie?«
    Peter hielt einen goldenen, achtzackigen Stern in die Höhe. »Siehst du?«
    »Ja, und?«
    »Ihr Licht ist ausgegangen.« Er barg den Stern an der Brust. »Die Dame … Sie ist tot.«
    Erneut bebte der Boden, eine Felswand stürzte in sich zusammen und schickte eine gewaltige Lawine ins Tal. Überall um sie herum brodelte das Wasser.
    »Wir müssen hier weg!«, rief Nick.
    Peter rührte sich nicht von der Stelle. Stattdessen starrte er auf die Halskette.
    »Steh auf!« Nick zog an Peters Arm.
    Peter riss sich los. »Es spielt keine Rolle mehr!«, schrie er mit versagender Stimme. »Die Dame
war
Avalon. Ohne sie wird es
nie
ein neues Avalon geben.« Dann setzte er so leise, dass Nick ihn kaum hörte, hinzu: »Ich werde nie an ihrer Seite sitzen …
nie

    Plötzlich packte er Nick und krallte sich so fest in seinenArm, dass der Junge vor Schmerz zusammenzuckte. Aus seinen weit aufgerissenen Augen sprach der Wahnsinn. »Sie sind tot. Alle sind tot. Für nichts und wieder nichts!«
    »Ja, ich weiß«, erwiderte Nick. »Du bist ein richtiger Mistkerl. Können wir jetzt, wo wir das geklärt haben, bitte von hier verschwinden?«
    Peter stieß ein Wehklagen aus und klappte zusammen, als hätte ihm jemand einen Dolch in den Bauch gerammt.
    »Ach, Peter. Halt die Luft an, verdammt noch mal. Komm jetzt, steh auf.« Nick zog an ihm.
    Peter wehrte sich halbherzig und gab dann einfach auf. Jeglicher Kampfeswille war von ihm abgefallen. »Ich erinnere mich nicht mal an ihre Namen«, stöhnte er.
    Nick hievte Peter auf die Beine. Halb trug er ihn, halb zerrte er ihn durchs schlammtrübe Wasser, das um ihre Knöchel schwappte. Die Spuren konnte er durchs Wasser nicht mehr sehen, aber er entdeckte ein blaues Licht etwas weiter vorne und folgte ihm. Plötzlich fiel Nick auf, dass er seinen Schatten erkennen konnte, und zu seiner Verblüffung stellte er fest, dass der Vollmond auf sie herabschien. »Peter, der Mond.«
    »Die Dame ist tot, ihr Nebel stirbt«, erklärte Peter mit ausdrucksloser Stimme.
    Der Boden wurde schwammig. Überall quoll Wasser hervor, Dutzende kleiner Bäche bildeten sich und eilten mit ihnen um die Wette den Pfad hinab. Nick bemerkte eine majestätische Eiche, die langsam kippte und im grauen Schlamm versank. Bald fielen überall um sie herum die Bäume, indem sie entweder umstürzten oder einfach von blubbernden Schlammlöchern verschluckt wurden.
    Der Pfad wurde ebener, und die Bäche liefen zu breiteren Wasserläufen zusammen, die sich wiederum zu kleinen Flüssen vereinigten. Weiter vorne sah Nick eine Erhebung, doch der Weg dorthin wurde ihnen von einem breiten, schnell strömendenWasserlauf versperrt. Nick warf einen Blick über die Schulter. Hinter ihnen waren nur noch einige versinkende Baumwipfel zu sehen. Sie mussten den Fluss durchqueren.
    Nick zog Peter in den kalten Strom. Nach kurzer Zeit stand ihnen das Wasser bis zu den Knien, und jede Sekunde wurde es tiefer. Nick wollte sich ans Ufer kämpfen, doch das tosende Wasser nagte die Böschung ebenso schnell aus, wie sie sich ihr näherten. Die Strömung wurde reißend, und das Wasser bildete mehrere Strudel aus Splittern und Treibgut, als es über umgestürzte Bäume und Felsbrocken hinwegfloss. Mit einem Mal schwoll der Strom so stark an, dass er sie beide von den Füßen riss. Nick versuchte, Peter festzuhalten, als die Strömung sie unter die schäumenden Wellen drückte.
    Nick wusste nicht mehr, wo oben und unten war, aber er war nicht bereit, Peter loszulassen. Dann schabte er mit dem Rücken über Gestein, und sein Kopf durchbrach die Wasseroberfläche. Direkt vor ihnen ragte ein großer Felsbrocken auf. Nick klammerte sich daran fest und schaffte es unter größter Anstrengung, zugleich Peters Kopf über Wasser zu halten.
    »HALT DICH FEST!«
, schrie Nick.
»HALT DICH FEST, PETER! SONST ERTRINKST DU!«
    Peter machte keinerlei Anstalten, den Worten Folge zu leisten. Er schien den Tod offenen

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