Der Kinderdieb
– außer dem, was er vor sich hatte. »Ulfger«, hauchte er getroffen.
Ulfger stand am anderen Ende des Teichs. Er hielt den Kopf schräg, als lauschte er auf Stimmen. Sein Haar war zerzaust, sein Gesicht rußverschmiert und der Blick seiner dunklen Augen war gehetzt, getrieben. Der Nebel wogte von ihm fort, und zu seinen Füßen lag …
Drael!
»Oh nein!« Peter wollte vortreten, doch dann hielt er inne. Etwas stimmte nicht. Er kniff die Augen zusammen und versuchte zu begreifen, was er da sah. Der alte Elf presste sich einen Arm gegen die Brust, der sich sofort schwarz verfärbte. Die Schwärze kroch erst an seiner Schulter empor, dann an seinem Hals und an seiner Wange. Draels Gesicht war schmerzverzerrt, und seine Haut begann zu rauchen.
»Was ist das für ein Wahnsinn?«, fauchte Peter.
Drael stieß einen weiteren Schrei aus, der dem Jungen einen Schauer über den Rücken jagte. Der Elf rollte sich auf den Rücken und wand sich im Gras. Blut lief ihm aus Augen, Nase und Mund. Er bäumte sich mit durchgedrücktem Kreuz auf und krallte die Finger in die Brust. Schließlich stieß er einen letzten, erstickten Schrei aus und blieb still liegen.
Peter stand wie angewurzelt da. Er konnte nichts weiter tun, als den qualmenden Körper seines alten Freundes anzustarren. »Nein, nein, nein«, murmelte Peter fassungslos. »Das ist unmöglich.«
Ein Elf schoss vor, schleuderte seinen Speer und traf Ulfger mitten in die Brust. Die Speerspitze durchschlug den Brustpanzer und bohrte sich ihm tief ins Herz. Ulfger stolperte zurück und starrte auf die Waffe, als wäre er einfach nur … neugierig. Dann packte er den Speer, ächzte und riss ihn heraus. An der Spitze klebte kein einziger Tropfen Blut.
»Was geht hier vor?«, flüsterte Peter.
»Sein Blut ist eins mit dem Schwert«, sagte die Hexe. »Mankann ihn nicht aufhalten. Jedenfalls nicht mit den Speeren und Schwertern von Sterblichen.«
Ulfgers Blick fiel auf die Dame. Er lächelte Peter an. »Ich werde mir jetzt ihren Kopf holen. Komm her, du Kümmerling. Du kleine Missgeburt.« Er winkte Peter, als wollte er ihn zu einem Kartenspiel unter Freunden auffordern. »Lass sehen, ob du deine Königin retten kannst.« Er trat nach Draels schwelender Leiche. »Komm und koste Avallachs Urteil.«
Peter knurrte, sprang aus dem Wasser und stürmte auf Ulfger zu. Er stieß ein Heulen aus und schwang das linke Schwert hoch und das rechte tief. Ulfger schmetterte Caliburn gegen die obere Klinge, woraufhin sie brach und Peter aus der Hand fiel. Mit dem zweiten Schwert schnitt er Ulfger jedoch knapp überm Knie in den Oberschenkel. Der Getroffene taumelte, und Peter versetzte ihm einen weiteren Schnitt in den Nacken. Ein wildes Leuchten blitzte in seinen Augen auf, als er spürte, wie der Stahl sich ins Fleisch seines Gegners grub.
Für Drael!
Peter wirbelte herum, um Ulfger den Rest zu geben, doch zu seinem Entsetzen und seiner völligen Verblüffung stand Ulfger noch. Der Riese schien die beiden Verletzungen kaum bemerkt zu haben. Peter ließ sich zurückfallen und beobachtete, wie die Wunden vor seinen Augen verheilten. Ulfger setzte nach und schlug nach Peters Oberkörper. In letzter Sekunde hielt der Junge sein Schwert dazwischen, doch der wuchtige Schlag brachte ihn aus dem Gleichgewicht, riss ihm das Schwert aus der Hand und ließ ihn in die Knie gehen.
Schnitter stürmte vor und rammte Ulfger seinen Speer in den Magen. Der Getroffene ächzte kurz, packte den Schaft, stieß Schnitter und Peter damit zu Boden und bohrte dem Jungen das Schwert in den Rücken.
Peter versuchte, Schnitter hochzuziehen, als der Junge zu schreien anfing. Schnitters Haut brannte, warf Blasen und verfärbte sich unter Peters Griff schwarz. Der Junge stieß einenEntsetzensschrei aus und merkte daher nicht, wie Ulfger nach ihm ausholte. Eine riesige, behandschuhte Faust traf ihn an der Stirn. Einen Moment lang wurde alles sehr hell, dann schloss sich eine Hand wie ein Schraubstock um seinen Hals und riss ihn von den Füßen.
Peter wehrte sich, trat aus und krallte sich in Ulfgers Hand und Arm, doch dessen Griff war stählern.
Die Elfen ließen sich zurückfallen, stellten sich um die Dame herum und überließen Peter seinem Schicksal, doch die Teufel stürmten ihm zu Hilfe. Rex, Drako, Huck, Flitz und sogar Grille eilten platschend ans Ufer. Sie umzingelten Ulfger, ohne dabei mit den Zähnen zu klappern oder wilde Kriegsschreie auszustoßen, doch ihre Mienen waren grimmig und
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