Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harvey
Vom Netzwerk:
bin?«
    »Wahrscheinlich, ja.«
    Jetzt sah Sara Lynn doch an, drehte ruckartig den Kopf zu ihr hin und gleich wieder weg.
    »Wir haben nichts gemacht.«
    »Hören Sie, Sara …«
    »Ich meine, es ist nichts passiert.«
    »Sara …«
    »Nichts Ernstes.«
    Flüchtig berührte Lynn den Arm der jungen Frau. »Sara, das geht mich nichts an.«
    Sara Prine stand auf. Sie fegte rosafarbenes Brausepulver von ihrem Schürzchen. Weiter oben an der Straße, vor C&A, sang ein Straßenmusikant mit einem Fantasiehut und einer roten Knollennase »There’s a Blue Ridge Round my Heart, Virginia« und begleitete sich selbst auf dem Banjo. Es war nicht die Version, die Lynn in der Kantine der Dienststelle gehört hatte.
    »Sara.« Sie bemühte sich, wie eine Freundin oder ältere Schwester zu sprechen.
    Sara setzte sich wieder.
    »Als sie mit Raymond dort auf dieses Gelände mit den Abstellgleisen gingen, hatten Sie da den Eindruck, dass er schon früher dort gewesen war?«
    Sie überlegte, während sie am Nagel ihres kleinen Fingers kaute. »Darüber habe ich bis jetzt gar nicht nachgedacht, aber, ja, ich glaube schon … Er wusste, wo er mit mir hinwollte. Ich meine, er ist nicht blind in der Dunkelheit rumgestolpert.«
    »Und die Halle selbst?«
    »Ach, ich weiß nicht. Kann sein, dass er die kannte. Ja. Obwohl wir nicht weit reingegangen sind, jedenfalls zuerst nicht.«
    »Als Sie …«, Lynn hielt inne, »als Sie sich geküsst haben?«
    »Ja.«
    »In was für einer Stimmung war Raymond Ihrer Meinung nach bis zu dem Moment, als Sie vermuteten, dass da etwas ziemlich Schlimmes in der Halle versteckt war?«
    Sara sah sie an. »Ich verstehe nicht, was Sie meinen.«
    »Na ja, war er zum Beispiel aufgeregt? War er nervös?«
    »Nein, nervös war er nicht. Erst hinterher.«
    »Nachdem Sie Glorias Leichnam gefunden hatten?«
    Sara nickte.
    »Bis zu dem Moment war er also überhaupt nicht unruhig oder angespannt?«
    Sara runzelte die Stirn, offenbar nicht sicher, ob sie richtig verstand.
    »Raymond hatte keine Angst?«
    »Nein. Brauchte er ja auch nicht zu haben. Schon gar nicht, wo er doch das Messer hatte.«
    Lynn spürte ein Prickeln im Nacken. »Das Messer, Sara? Welches Messer?«
    »Und«, fragte Alison Morley, die Hände mit gespreizten Fingern auf dem Tisch, »müssen Sie noch mal mit mir sprechen?«
    »Das weiß ich noch nicht«, antwortete Patel. »Vielleicht, wenn wir jemanden finden und festnehmen.«
    »Eine Gegenüberstellung?«
    »Möglich.«
    Alison Morley nickte einmal kurz, dann stand sie auf und zog diskret ihren Rock gerade.
    »Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, sagte Patel, plötzlich verlegen, weil er sich von ihr dabei beobachtet fühlte, wie er Heft und Stift einsteckte und seinen Sessel zurückschob.
    »Sie sind nicht von hier, nicht?«, fragte sie.
    Patel schüttelte den Kopf. »Ich bin aus Bradford. Meine Familie kommt aus Bradford.«
    Wieder nickte Alison. »Ich dachte mir gleich, dass der Akzent eher nach Yorkshire klingt.«
    »Hm, ja.«
    »Ich habe einen Cousin, der aus der Gegend von Leeds stammt.«
    »Ja.« Er schaute sich nach der Tür um und begann rückwärtszugehen. »Nochmals vielen Dank für Ihre Hilfe.«
    »Warten Sie einen Moment.«
    Sie nahm ein kleines Taschentuch heraus und wies mit einer Kopfbewegung auf das Revers seines Jacketts. »Sie haben da etwas.«
    Patel sah zu, wie sie es sorgfältig abtupfte. Ihr Namensschildchen war so nahe, dass es sein Revers beinahe berührte. Er bemerkte, dass sie gleich unter dem einen Mundwinkel, auf gleicher Höhe mit dem Grübchen in ihrem Kinn, ein kleines Muttermal hatte.
    »So«, sagte sie befriedigt und trat zurück.
    »Sie hätten nicht Lust«, platzte Patel ungeschickt heraus, »vielleicht mal mit mir auszugehen?«
    »Warum nicht?«, meinte Alison Morley. »Zumindest könnten wir uns über Ihre Hypothek unterhalten. Gemeinsam überlegen, ob es für Sie nicht an der Zeit ist, an eine Verlängerung zu denken.«

12
    Resnick kam mit besten Vorsätzen aus Jack Skeltons Büro. Eben von einem flotten Dreikilometerlauf zurück, hatte der Superintendent aus hygienischer Plastikfolie zwei Scheiben trockenen Gipskarton genommen, der sich als schwedisches Knäckebrot erwies, und dazu drei Stangen grünen Sellerie und einen Apfel ausgepackt.
    »Haben Sie heute Morgen diesen Bericht im Radio gehört, Charlie?«, fragte Skelton, während er den Apfel säuberlich in acht Schnitze teilte. »Bei zwei Dritteln der Bevölkerung sind die schlechten Essgewohnheiten

Weitere Kostenlose Bücher