Der Kinderfänger: Kriminalroman (German Edition)
ein ernstes Gesundheitsrisiko. Kolonkarzinom. Darmkrebs.«
Hoch motiviert hatte Resnick daraufhin das Feinkostgeschäft betreten. An einem Vollkornbrot mit Salat, ohne Dressing, Mayonnaise oder Butter, dafür mit Quark, gabes doch bestimmt nichts auszusetzen. Das waren kaum Kohlehydrate, besonders wenn man beim Quark die Magerstufe nahm. Es schmeckte natürlich nicht gerade berauschend, aber für einen gesunden Körper nahm man kleine geschmackliche Einbußen doch gerne hin.
»Das macht zwei Pfund fünfunddreißig.«
Das zweite Sandwich war es, das dunkle Kümmelbrot mit Thunfisch, Hühnerleber und Radicchio mit Knoblauchsoße, das den Preis in die Höhe trieb. Und die Ecke Cambozola, die da so verlockend am Rand des Käsebretts gestanden hatte.
»Hallo, Kevin.«
»Sir.«
Naylor verließ gerade den Zellentrakt, als Resnick wieder aufs Revier kam und auf die Treppe zusteuerte.
»Wie läuft’s?«
»Danke, Sir.«
»Ihrer Frau geht’s gut?«
»Danke, Sir.«
»Dem Baby auch?«
»Danke, Sir.«
Naylor hielt Resnick die Tür zu den Büros des CID auf, ehe er eilig im hinteren Teil des Dienstraums Zuflucht suchte und auf seinem Schreibtisch Formulare und andere Papiere umzuschichten begann.
Resnick stieß die Tür zu seinem eigenen Büro mit dem Fuß zu, legte sein Mittagessen neben dem Dienstplan ab und leckte sich das Fett von den Fingern, das durch die Papiertüte gedrungen war. Kevin Naylor war vor einigen Monaten mit einer inoffiziellen Anfrage wegen eventueller Versetzung bei ihm gewesen. Soweit Resnick wusste, hatte der junge Constable die Sache nicht weiterverfolgt, aber das Getuschel, dass es bei ihm daheim nicht zum Besten stehe, war nicht verstummt. Reibungen zwischen Debbie undihm, hieß es, sogar Probleme mit Debbie und dem Kind. Resnick hatte Lynn Kellogg einmal danach gefragt, und die sagte, ja, ihres Wissens habe Debbie an einer kleinen postnatalen Depression gelitten, aber die Dinge hätten sich wohl wieder geregelt. Naylor trank außer Dienst schon mal ein paar Gläser, aber das war unter diesen besonderen Umständen wohl nichts Ungewöhnliches. Und wenn er tatsächlich mal zu weit ging, dann prahlte er wenigstens in der Kantine nicht damit herum.
Trotzdem …
Resnick kaute nachdenklich, halb versucht, Naylor zu sich kommen zu lassen, um zu sehen, ob nicht etwas mehr aus ihm herauszubekommen war als immer dieselben zwei Wörter. Das Läuten des Telefons riss ihn aus seinen Überlegungen, und er musste schnell hinunterschlucken, bevor er abhob.
»Ich weiß nicht«, antwortete er, nachdem er Lynn Kelloggs Bericht angehört hatte. »Wäre vielleicht eher verwunderlich, wenn ein junger Kerl wie der an einem Freitag- oder Samstagabend ohne Messer losziehen würde. Aber ein paar Fragen schaden auf keinen Fall … Nein, nein, lassen Sie Mark das machen. Außerdem habe ich andere Pläne für Sie. Haben Sie Lust auf Sandburgen? Ich dachte an einen kleinen Trip ans Meer.«
Lorraine wusste nicht, ob sie mit Michael darüber sprechen sollte oder nicht. Sie wusste, oder glaubte zumindest zu wissen, wie er reagieren würde. Er war gewiss kein irrationaler Mensch und keiner, der zu Gewalt neigte, nein, auf keinen Fall, jedenfalls nicht unter normalen Umständen; aber wenn es um seine geschiedene Frau ging, um Diana, sah er rot. Eine Zeitlang hatte sie Emily ständig Briefe geschrieben; nein, eher Briefchen, meist nicht mehr als ein paar Worte auf einem dieser kleinen Merkzettel mit Blumenmuster.Eigentlich wirklich keine große Sache, zumal Emily die Briefchen ohnehin nicht richtig lesen konnte, Dianas Handschrift war ja nicht gerade wie gestochen. Die Schlussworte hatte sie allerdings sehr wohl begriffen, alles Liebe und viele Küsse, Mama, und dann jede Menge x-Zeichen, um das Ganze zu unterstreichen.
Aber Michael hatte die Zettel zerrissen, als er sie fand. Das hatte allerdings ein paar Wochen gedauert, da Lorraine ihm gemäß der Parole, was Michael nicht weiß, macht Michael nicht heiß, nichts davon erzählt hatte und die Post immer erst kam, wenn er schon aus dem Haus war.
»Wie lange geht das schon so?«, fragte er und sah Lorraine so finster an, als wäre alles ihre Schuld. Und als sie es ihm sagte, riss er mit einem »Gott verdammich« die ganze Schublade heraus und kippte die Zettel auf Bett und Boden. Natürlich weinte Emily, als er sie zerriss. Sie schluchzte herzerweichend. Und Michael sagte im Brustton der Selbstgerechtigkeit: »Da siehst du’s. Da siehst du, wie sie das aufregt. Sie
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