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Der Kinderpapst

Der Kinderpapst

Titel: Der Kinderpapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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vobis et pro multis
effundetur in remissionem peccatorum.«
    Mit zitternder Hand tauchte er einen Finger in die Schale. Als er
ihn in den Mund steckte, um den Geschmack zu prüfen, schaute Petrus da Silva
ihn mit einem Anflug von Spott in seinen grauen Augen an.
    Â»Darf ich Eurer Heiligkeit gratulieren?«
    Statt einer Antwort warf Teofilo die Phiole gegen die Wand, wo sie
in tausend Stücke zerbrach. Solange er zurückdenken konnte, hatte seine Mutter
behauptet, er sei von Gott auserwählt, und auch sein Pate hatte ihn darin
bestärkt. Warum blieb ihm dann das Wunder versagt? Er hatte Gott wieder und
wieder um einen Beweis gebeten, doch Gott verharrte reglos im Dunkel seines
Schweigens. Wütend blickte Teofilo auf den Wein, der in zähen, dunkelroten
Schlieren an der Wand herunterrann, sich aber um nichts in der Welt in Blut
verwandeln wollte. Was für ein elender Betrug! Noch nie hatte Teofilo sich so
ohnmächtig gefühlt wie in diesem angeblich allmächtigen Amt. Er griff nach
einer angebrochenen Flasche Wein. Hatte er dafür auf alles verzichtet, wonach
er sich sehnte? Auf Chiara? Auf die Liebe? Auf das Leben mit einer Frau, nach
der sein Herz sich verzehrte? Nur um in der Einsamkeit seines verfluchten Amtes
diese Verzweiflung zu erleiden?
    Â»Ewige Heiligkeit!«
    Während er den Wein an die Lippen setzte, betrat ein Kaplan den
Raum.
    Â»Besuch für Ewige Heiligkeit.«
    Teofilo stellte die Flasche ab. »Giovanni Graziano?«
    Unwillkürlich machte er einen Schritt in Richtung Tür, doch Petrus
da Silva hielt ihn zurück.
    Â»Solltet Ihr diesen Mann nicht lieber fortschicken?«
    Teofilo war einen Moment unsicher, ob er seinen Paten wirklich
empfangen wollte. Aber dann siegte die Hoffnung über den Zweifel. Vielleicht
konnte Giovanni Graziano ihm ja helfen, Antwort auf seine Fragen zu finden und
die Not seines Herzens zu lösen. Mit einem Ruck machte er sich von seinem
Kanzler frei.
    Â»Sagt ihm, wir lassen bitten!«
    Widerwillig wies Petrus da Silva den Kaplan an, den Besuch
hereinzuführen. Doch kein alter, weißhaariger Mann erschien in der Tür, sondern
eine junge, wunderschöne Frau in prachtvollen Kleidern, die Teofilo noch nie
gesehen hatte, zusammen mit Conte Bonifacio, dem neuen Verbündeten seines
Vaters.
    Â»Die Dame hat um eine Audienz gebeten«, erklärte Bonifacio.
    Während die Fremde vor ihm niedersank, warf Teofilo seinem Kanzler
einen fragenden Blick zu. Aber Petrus da Silva schien genauso ahnungslos wie er
selbst.
    Â»Ich glaube, wir sollten die zwei nicht stören«, sagte Bonifacio und
führte den Kanzler hinaus.
    Die Tür schnappte ins Schloss, und Teofilo blieb allein mit der Frau
zurück.
    Â»Was … was ist Euer Begehren?«, stammelte er, halb sprachlos
angesichts ihrer überwältigenden Schönheit.
    Mit einem Lächeln, wie es nur Engeln oder Teufeln eigen ist,
antwortete die Fremde: »Wenn Ewige Heiligkeit erlauben, möchte ich Ewiger
Heiligkeit den Himmel zeigen …«
    5
    Â»Ich liebe dich, mein Schatz, ich liebe dich …«
    Noch im Halbschlaf hörte Chiara die Worte ihres Mannes, ganz nah an
ihrem Ohr, seinen keuchenden Atem, die Leidenschaft, mit der er sie begehrte.
Blinzelnd schlug sie die Augen auf. Durch das Fenster drangen die ersten
Strahlen der Morgensonne in ihre Schlafkammer. Obwohl sie noch nicht richtig
wach war und Angst vor den Schmerzen hatte, die sie erwarteten, breitete Chiara
die Arme für ihn aus, wie es ihre Pflicht als gehorsame Ehefrau war. Als
Domenico in sie eindrang, spürte sie, wie ihr Schoß ihn mit ungewollter Lust
umfing, und ein Seufzer entrang sich ihrer Brust. Doch während ihr Leib sich
nach etwas sehnte, was sie selber nicht benennen konnte, blieb ihr Herz reglos
und kalt. Als würde jemand in ihrem Innern an einem unsichtbaren Tor anklopfen,
hinter dem ein Glück verborgen lag, zu dem es keinen Schlüssel gab. Während ihr
Leib sich mit ihrem Mann vereinte, fühlte sie sich ihm so fern und fremd, dass
sie froh war, nicht in sein Gesicht sehen zu müssen. Den Blick zur Decke der
Schlafkammer gerichtet, ertrug sie seine Liebkosungen wie die Last seines
Körpers, in der Hoffnung, dass seine Begierde bald verebbte und seine Umarmung
ihr nicht allzu große Schmerzen bereiten würde.
    Â»Ich wollte, ich könnte dir sagen, wie glücklich du mich machst«,
flüsterte Domenico, als er endlich zur Ruhe

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