Der Kinderpapst
gelangte.
»Es freut mich, wenn Ihr mit Eurer Frau zufrieden seid«, entgegnete
Chiara.
Um seinen Blicken auszuweichen, drehte sie den Kopf zur Seite. Nicht
mal sein zärtliches Du vermochte sie zu erwidern, so wenig wie seinen Blick.
Zum Glück begann bald die Fastenzeit. Dann war sie für vierzig Tage ihrer
Pflicht enthoben.
»Warte, ich habe eine Ãberraschung für dich.«
Domenico sprang nackt aus dem Bett und öffnete den Deckel einer
Truhe. Chiara verhüllte mit einer seidenen Decke ihren Körper.
»Eine Ãberraschung?«
»Allerdings!« Domenico nahm eine Pergamentrolle aus der Truhe. Als
er sah, dass sie sich bedeckt hatte, streifte er ein Hemd über, bevor er wieder
an ihr Bett trat. »Rückt Ihr ein wenig zur Seite?« Er setzte sich zu ihr und
breitete die Rolle aus. »Der Bauplan für eine Lustvilla in Rom. Damit Ihr nicht
auf dem Land versauern müsst.«
Chiara richtete sich auf den Ellbogen auf. Die Zeichnung zeigte ein
herrschaftliches Stadthaus mit Erkern, Türmen und Balkonen, und an der Fassade
zählte sie über zwei Dutzend groÃrahmiger Fenster. In dem Gebäude würde es so
hell sein wie auf einer Lichtung.
»Nun, was sagt Ihr dazu?«
Gerührt durch seinen Liebesbeweis, erwiderte sie seinen Blick.
Nichts wünschte er sich sehnlicher, als die Liebe zurückzubekommen, die er ihr
in solchem Ãbermaà schenkte. Warum war sie nicht fähig, sie ihm zu geben? Nicht
einmal jetzt, da er diese herrliche Villa für sie bauen wollte? Beschämt schlug
sie die Augen nieder.
»Können wir uns ein solches Haus überhaupt leisten?«, fragte sie.
»Das Viehsterben hat doch auch unsere Herde erfasst.«
»Macht Euch keine Sorge, wir werden schon nicht verhungern.«
»Wir nicht, aber die Bauern wissen kaum noch, wovon sie leben
sollen. Annas Familie hat gestern die letzte Kuh verloren, und ihre Nichte
Francesca ist schwanger und braucht dringend Milch und Fleisch.«
»Schwanger?«, fragte Domenico. »Hat sie wenigstens einen Mann?«
»Nein«, erwiderte Chiara, »ein Tagelöhner aus der Sabina hat ihr das
Kind gemacht. Jetzt liegt sie im Fieber, und das bisschen Essen, das ihre
Familie noch hat, werfen ihre Brüder in den See, um die Wassergeister
anzulocken.« Sie machte eine Pause und blickte Domenico an. »Ist es richtig, in
solchen Zeiten eine Lustvilla zu bauen?«
6
In stummer Wut meiÃelte Gregorio einen Mauerstein aus den in
Jahrhunderten verfestigten Fugen, sodass der Schweià ihm in Strömen vom Leibe
rann. Sein Vater hatte ihn in die Ruine am FuÃe des Burgbergs geschickt, damit
er in den Ãberresten eines alten, halb verfallenen Amphitheaters, das ein
Spinner namens Cicero dort mitten im Wald vor einer Ewigkeit erbaut hatte, mit
seinen Knappen Steine für die Verteidigungsmauer brach, mit der die
Tuskulanerburg befestigt werden sollte.
Fluchend wischte er sich den Staub von der Stirn. Wem hatte er die
Plackerei mal wieder zu verdanken? Seinem ScheiÃbruder natürlich! Um bei der
Papstwahl vor drei Jahren die nötigen Stimmen auf Teofilo zu vereinen, hatte
Alberico das Vermögen der Familie vollständig verbraucht und sich darüber
hinaus so sehr verschuldet, dass kein Geld für Handwerker und Arbeiter mehr da
war und der erstgeborene Sohn des Grafen von Tuskulum jetzt im Steinbruch schuften
musste wie ein gottverdammter Tagelöhner.
»Entschuldigung, Euer Gnaden. Conte Alberico will Euch sprechen.«
Gregorio lieà den Hammer sinken und drehte sich um. Vor ihm stand
ein Page seines Vaters.
»Wo finde ich den Grafen?«
Der Page deutete auf die Rückseite der Burg, wo sich in luftiger
Höhe der Erker mit der Latrine befand. Gregorio verdrehte die Augen. Ein
durchreisender Wundarzt hatte seinem Vater weisgemacht, dass die Gicht, die ihm
seit einiger Zeit höllische Schmerzen bereitete, von einer Vergiftung seiner
Gedärme herrühre. Seitdem verbrachte Alberico jede freie Minute auf dem Abort,
um die Ursache seines Leidens auszuscheiden.
»Ihr habt mich rufen lassen?«
Sein Vater empfing ihn mit heruntergelassenen Hosen auf seinem neuen
Lieblingsplatz.
»Wir brauchen Geld«, stöhnte er und presste dabei mit solcher Macht,
dass sein halbkahler Schädel dunkelrot anlief.
»Das ist ja nichts Neues«, erwiderte Gregorio. »Wenn Ihr damals mich gefragt hättet â¦Â«
»Dich hat aber keiner
Weitere Kostenlose Bücher