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Der Kindersammler

Titel: Der Kindersammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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Mutter.
    »Können Sie bestätigen, dass Ihr Sohn am 21. Juni den ganzen Abend zu Hause war?«
    Edith zögerte und rieb sich die Stirn, als müsse sie scharf nachdenken. »Ich weiß es nicht. Kann sein, kann auch nicht sein. Er geht, wann er will, er kommt, wann er will, er tut, was er will. Ich kümmere mich nicht drum. Er ist alt genug. Wenn ich ihn von morgens bis abends kontrollieren würde, dann hätte ich eine Lebensaufgabe. Und ich habe—weiß Gott —anderes anderes zu tun.«
    Mama, dachte Alfred, Himmel, Mama, kannst du mir nicht einmal helfen? Ein einziges Mal? Ist es dir denn so scheißegal, was die jetzt mit mir machen?
    »Ich würde gern mit Ihrem Mann sprechen«, sagte Weiland zu Edith.
    »Er ist tot. Seit Alfreds Geburt.« Ihre Stimme klang bitter. Weiland verstummte. Kölling übernahm den Part und wandte sich an Alfred.
    »Was hast du am Montagabend um zweiundzwanzig Uhr dreißig an der A 7 gemacht, als der schwere Unfall passiert ist? Du hast den Unfall doch gesehen?«
    Alfred wusste einen Moment nicht, was er jetzt sagen, wie er reagieren sollte, aber da legte ihm Weiland das Foto vor. Tillis zertrümmerter Schädel und sein Gesicht dahinter.
    »Das bist du doch, oder?«
    Alfred nickte stumm. Viel Spielraum hatte er nicht mehr. Köllings Ton wurde schärfer. »Was hattest du da zu suchen?« Alfred zuckte die Achseln. »Nichts. Wir sind da so rumgefahren,
    ein paar Kumpels und ich, und da haben wir den Unfall gesehen
    und angehalten, um mal zu gucken, was da passiert ist.« »Mit was für einem Auto wart ihr unterwegs?« »Mit einem von meinem Kumpel.«
    Weiland klappte den Notizblock auf. »Name? Adresse? Automarke? Autonummer?«
    Alfred wurde immer kleinlauter. »Ich verpfeife keinen.«
    Kölling grinste. »Wenn man nichts ausgefressen hat, verpfeift
    man keinen! Nur, wenn man was auf dem Kerbholz hat. Also?« Alfred erkannte, dass er einen Fehler gemacht hatte, und wagte
    den Schritt nach vorn.
    »Okay, wir haben das Auto geklaut. Aber nur, um durch die Gegend zu fahren. Dann wollten wir es wieder zurückstellen.«
    Edith atmete tief aus und pfiff dabei leise durch die oberen Schneidezähne, die ein bisschen auseinander standen.
    »Und? Habt ihr es zurückgestellt?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Wieso weißt du das nicht?«
    »Ich bin nach Hause gelaufen.«
    »Was?« Jetzt meldete sich Mareike zu Wort, denn sie kannte die Gegend genau. »Von der Unfallstelle bis hierher, also von Hörten-Hardenberg bis Bovenden, das sind ungefähr elf Kilometer! Warum bist du gelaufen?«
    »Ich weiß es nicht. Mir war so. Die andern gingen mir auf die Nerven.« Er war diesem Verhör nicht gewachsen, das spürte er ganz deutlich.
    »Wie viele wart ihr?«, fragte Kölling.
    »Drei.«
    »Wie heißen die beiden andern?«
    »Das sag ich nicht.«
    »Okay. Dann geht das alles allein auf deine Kappe. Wenn dir das lieber ist, bitte. Hattet ihr euch an dem Abend gestritten?«
    Alfred schüttelte den Kopf. Wenn er ja gesagt hätte, hätte er erklären müssen, warum, und ihm fiel beim besten Willen nichts ein. Sein Kopf war wie leer gefegt, und er hatte das Gefühl, alles falsch zu machen, was man nur falsch machen konnte.
    »Gut. Dann mal weiter im Text«, meinte Weiland. »Also, wann habt ihr euch getroffen?«
    »So um sieben.«
    »Wo?«
    »Hier im Ort. Am Jugendheim.«
    »Und was habt ihr dann gemacht?«
    »Nichts. Rumgequatscht. Bier getrunken.«
    »Wo?«
    »Am Brunnen. War so schönes Wetter.«
    »Und dann?« »Dann haben wir das Auto geklaut.« »Wo?»
    »Von einem Grundstück am Bahnübergang. Die Leute haben nichts gemerkt. Die haben wahrscheinlich ferngesehen.«
    »Was war das für ein Auto?«
    »Ein Ford.«
    »Welche Farbe?«
    »Son ganz dunkles, dreckiges Rot.«
    Edith unterbrach die Befragung. »Ich hab draußen noch was zu tun.«
    »Das muss leider warten, Frau Heinrich«, sagte Kölling, und Weiland fragte weiter.
    »Was habt ihr dann gemacht?«
    »Sind spazieren gefahren.«
    »Wohin?«
    »Einfach so. Durch die Gegend. Keine Ahnung.«
    »Wer ist gefahren?«
    »Ich.«
    Edith schnaufte. »Seit wann kannst du das?«
    »Schon lange.«
    »Wo habt ihr mit dem Auto gehalten, als ihr den Unfall gesehen habt?«
    »Auf der Landstraße. Am Straßenrand.«
    »Und dann seid ihr über die Brücke gelaufen und auf der anderen Seite runter zur Unfallstelle?«
    Alfred nickte.
    Mareike unterbrach ihren Kollegen. »Ich kenne die Ecke gut. Von der Landstraße aus hat man keinen Einblick auf die Autobahn. Da konnten die Jungs den

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