Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Kindersammler

Titel: Der Kindersammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
Vom Netzwerk:
Tilli l ä chelte. » Andere bekommen ein Auto zum Abitur, du bekommst es eben mit einundzwanzig. Zum Start ins Leben sozusagen. « Tilli hatte eine angenehm warme Stimme. Sie war zwei Jahre ä lter als Martinas Mutter, sah aber etliche Jahre j ü nger aus. Vielleicht macht das die Frisur, dachte Martina, die steht ihr einfach gro ß artig.
    Sie hatte ihre Tante von der Seite angeschaut und den Brocken nicht gesehen, der direkt auf sie zugeflogen kam und in diesem Augenblick durch die Frontscheibe krachte.
    Martina verriss das Steuer, der Wagen fing an zu schleudern, sie bremste verzweifelt, prallte links gegen die Leitplanke und wurde durch die Wucht des Aufpralls wieder zur ü ck auf die rechte Seite geschleudert, wo sie schlie ß lich in den leicht absch ü ssigen Graben rutschte und liegen blieb. Der Kopf ihrer Tante Tilli war nur noch eine breiige, blutige Masse, in der ein Gesicht nicht mehr zu erkennen war. Der riesige Feldstein lag auf der R ü ckbank. Martina Bergmann sackte ü ber dem Steuer zusammen und wurde ohnm ä chtig. Es war zweiundzwanzig Uhr f ü nfunddrei ß ig.
    Die drei starrten wie hypnotisiert von der Br ü cke in die Tiefe. » Irre « , sagte Thorsten, » wir haben einen erwischt. «
    » Komm, lass uns abhauen « , meinte Alfred.
    » Warum denn? « Thorsten hatte es ü berhaupt nicht eilig. » Ich will erst mal sehn, was die jetzt machen. Wenn wir sofort abhauen, haben wir ja nichts davon. «
    » Aber die kriegen uns, wenn wir hier oben stehen bleiben! « Alfred bekam es mit der Angst zu tun.
    » Erst schmei ß t du den Stein und machst den gro ß en Maxe, und dann ziehst du auf einmal den Schwanz ein? Was ist denn los? « Thorsten beobachtete fasziniert, dass jetzt ein weiteres Auto an der Unfallstelle hielt.
    » Na also, jetzt geht's ja endlich los. In dem K ä fer sitzen zwei Leute. Einen hast du voll in die Fresse getroffen. Sauber, Freddy. «
    Alfred wusste nicht mehr, was er tun sollte, er wollte nur noch weg. » Mensch, kapierst du denn nicht, Thorsten, wir m ü ssen hier verschwinden! «
    » Ach was « , Thorsten winkte ab. » Sollen die uns doch erst mal was beweisen. Man wird doch wohl noch gucken d ü rfen! «
    Bernie b ü ckte sich pl ö tzlich und ü bergab sich. Als er mit dem Kopf wieder hochkam, war er ganz gr ü n im Gesicht. » Ich mach den Schei ß dreck nicht mit, ich hau ab. « Er konnte kaum sprechen und kr ä chzte nur. Dann drehte sich um und wollte wegrennen, aber Thorsten war schneller und hielt ihn an der Jacke zur ü ck.
    » Du spinnst wohl, du Schisser. Wir haben das alles inszeniert, jetzt gucken wir uns die Inszenierung auch an. Oder willst du selber mal erleben, wie es ist, von der Br ü cke zu fliegen? «
    Mittlerweile hatte noch ein weiterer Wagen an der Unfallstelle angehalten. Ein Mann versuchte, Martina aus dem Auto zu ziehen. Ein anderer Mann aus dem zweiten Auto rannte los, um ein Warndreieck aufzustellen.
    » Lass uns nach unten gehen « , schlug Alfred vor. » Gleich werden jede Menge Schaulustige da sein. Unter denen fallen wir nicht auf. Und wir k ö nnen trotzdem sehen, was los ist. « Bernie nickte hilflos.
    » Okay « , sagte Thorsten, » gehen wir runter. «
    Als Alfred, Thorsten und Bernie bei der Unfallstelle ankamen, trafen fast zeitgleich Polizei und Rettungswagen ein. Weitere Autos hatten angehalten, Schaulustige versammelten sich um den gr ü nen K ä fer, der Rettungshubschrauber wurde angefordert, die Polizei sperrte die Autobahn, und es bildete sich ein Stau. Als klar war, dass in der n ä chsten halben Stunde an eine Weiterfahrt nicht zu denken war, kamen noch mehr Schaulustige hinzu, die in ihren Autos warten mussten.
    Es herrschte ein heilloses Durcheinander, die Polizei dr ä ngte die Gaffer zur ü ck und hatte damit alle H ä nde voll zu tun.
    Doch Alfred war es gelungen, einen Blick in den K ä fer zu werfen, und er sah diesen Klumpen aus Fleisch und Blut und Knochensplittern, diesen blutigen Matsch mit klebrigen blonden Haaren, der einmal ein Kopf gewesen war.
    Er ging ins Geb ü sch, um sich wie Bernie zu ü bergeben, und f ü hlte sich so elend wie noch nie in seinem Leben. Er versuchte zu horchen, was Rolf dazu sagen w ü rde, aber da kam nichts. Keine Stimme, noch nicht mal ein Gedanke.
    » Was ist denn ü berhaupt passiert? « , fragte Thorsten die Umstehenden dreist, aber er bekam keine Antwort.
    Wenig sp ä ter hielt ein Leichenwagen. Tillis Ü berreste wurden in einen Sarg gelegt, und der Wagen fuhr mit ihr davon. Martina

Weitere Kostenlose Bücher