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Der Kirschbluetenmord

Der Kirschbluetenmord

Titel: Der Kirschbluetenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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müssen. Nur das Knarren der Holzdielen unter den Füßen Sanos und seines Führers erklang auf den menschenleeren Gängen. Ab und zu waren die Geräusche von Schritten aus dem Innern des Gebäudes zu vernehmen. Sano, der inzwischen vor Anspannung zitterte, zuckte bei jedem Laut zusammen.
    »Das setsubun -Fest«, sagte der Wachtposten mürrisch. »Diese Faulpelze von Bürokraten sind fast alle schon in Neujahrsurlaub.«
    Er führte Sano einen sehr schmalen, schummrigen Gang hinunter und durch die einzige Tür, die offenstand. Sie betraten ein langes, enges Zimmer, das durch Schirme aus Holz und Papier in viele kleine, abgetrennte Arbeitsbereiche aufgeteilt war, von denen jeder ein eigenes Fenster besaß. Als Sano an diesen Abteilen vorüberging, sah er in jedem dieser winzigen Büros Schreibpulte und Regale, die mit Büchern, Schriftrollen, Behältern zum Überbringen von Mitteilungen und Schreibzeug vollgepackt waren. An den Wänden hingen Landkarten; einige waren mit farbigen Nadeln befestigt.
    Hier also war die Zentrale des Palast-Geheimdienstes. Der Geruch von Tabaksqualm überlagerte den Duft der Kräuter, die benutzt wurden, um für das neue Jahr Frische in die abgetrennten Büroabteile zu bringen. Doch die metsuke, deren Pfeifenqualm das Holz an Wänden und Decken braun gefärbt hatte, waren jetzt nicht da. In den Abteilen war es kalt und still und schummrig, und die meisten Fenster waren geschlossen. Keine Lampe brannte; nur aus dem allerletzten Abteil fiel Licht.
    Dort stand ein schwarzgekleideter Mann vor einer Regalwand. Er war damit beschäftigt, eine der Bücherreihen geradezurücken. Als er die Schritte Sanos und des Postens hörte, hielt er inne und drehte sich um.
    »Was ist?« fragte er den Wachtposten. »Wer ist dieser Mann?«
    »Einer Eurer Informanten, Toda -san «, antwortete der Posten und blickte erstaunt drein.
    Sano betrachtete neugierig Toda Ikkyu, den ersten metsuke, den er zu Gesicht bekam. Er hatte selten einen Menschen gesehen, dessen Äußeres man so schwer beschreiben konnte. Toda war von unbestimmbarem Alter, weder groß noch klein, weder dick noch dünn, weder gutaussehend noch häßlich. Sein dichtes schwarzes Haar hätte ihm ein jugendliches Erscheinungsbild verliehen, wäre da nicht der müde Ausdruck in seinen Augen gewesen. Seine regelmäßigen Gesichtszüge besaßen keine besonderen Merkmale. Er sah vollkommen durchschnittlich aus und wäre unter tausend Männern nicht aufgefallen. Wenngleich Sano den metsuke aufmerksam betrachtete, bezweifelte er, sich an dieses Gesicht erinnern zu können, sobald er gegangen war. Wahrscheinlich war dieser völlige Mangel an individuellen Merkmalen ein Vorteil für einen Mann in Todas Beruf.
    »Dieser Mann gehört nicht zu meinen Informanten«, sagte Toda mit einer Stimme, die so müde war wie sein Gesichtsausdruck. »Ich habe ihn noch nie gesehen.«
    »Aber … er hat gesagt …«
    »Es interessiert mich nicht, was er gesagt hat«, unterbrach Toda den ängstlich stammelnden Wachtposten. »Bringe den Mann fort. Und sorg dafür, daß ich heute keine weiteren Besucher mehr empfangen muß. Schaffst du das, oder muß ich vorher mit deinem Vorgesetzten reden?«
    Das Gesicht des Postens lief dunkel an. »Komm mit, Kerl!« zischte er und stieß Sano zur Tür. »Ich werde mich draußen eingehender mit dir beschäftigen.«
    »Wartet«, sagte Sano. »Toda -san .« Er verbeugte sich vor dem metsuke. »Bitte, gewährt mir nur einen Augenblick. Ich habe wichtige Informationen für Euch. Sie betreffen eine Verschwörung gegen den Shōgun.« Als Sano den Argwohn auf Todas Gesicht sah, fügte er hinzu: »Und einer Eurer Informanten hat damit zu tun. Der verstorbene Noriyoshi.«
    Ein Hauch von Interesse ließ Todas Augen zum Leben erwachen. »Also gut«, sagte er. »Aber nur einen Augenblick.« Er wandte sich dem Posten zu und sagte: »Warte draußen.«
    Als sie allein waren, kniete Toda nieder und bedeutete Sano, ebenfalls Platz zu nehmen. »Sagt mir zuerst Euren Namen und aus welcher Familie Ihr stammt«, verlangte er, »damit ich weiß, mit wem ich rede.«
    Und ob du mir glauben kannst, dachte Sano, während er seinen Namen und seine Abstammung nannte.
    Zu seiner Bestürzung runzelte Toda die Stirn und sagte: »Seid Ihr nicht der yoriki, der vor kurzem von Magistrat Ogyū entlassen wurde?«
    Schlechte Nachrichten verbreiteten sich schnell, und Sano wußte, daß seine Glaubwürdigkeit dahin war. »Ja«, gab er zu. »Aber ich möchte Euch bitten, alle

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