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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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sich in das rechte Cockpitfenster. Walt riss den Kopf zur Seite, hob schützend die Hand und fühlte scharfe Stiche in der rechten Wange über der Sauerstoffmaske.
    Cracker schrie auf. Walt sah, wie er sich ins Gesicht und die Augen griff.
    „Cracker! Cracker! Alles in Ordnung?“
    „Ich kann nichts sehen! Ich sehe nichts!“
    „Pete, wir brauchen dich hier oben.“ Walt biss wütend die Zähne aufeinander. Cracker brauchte Hilfe und er konnte nichts tun. Einer musste das Steuer halten.
    Pete kam mit einer gelben Sauerstoffflasche quer über dem Rücken aus der Bugkanzel. „Cracker, ganz ruhig. Du machst es nur noch schlimmer. Lass mich mal sehen.“ Er spreizte die Beine über dem Gang und hielt Crackers Hände fest.
    Cracker schrie wieder.
    „J.P., halt ihn fest. Ich muss das Glas rausholen und ihm Morphium verabreichen.“
    Walt musste den dritten Motor abschalten. Auf der Mittelkonsole drehte er die Luftregulierung für Nummer drei ab, kippte den Schalter für die Zündung, schloss die Kühlerklappe und zog den Gashebel zurück. Derweil versuchte er, sich nicht von Crackers Schreien ablenken zu lassen, die unabsichtlichen Stöße von Pete zu ignorieren und das blutige Glas, das auf den Boden klirrte, keines Blickes zu würdigen.
    „Du schaffst das, Cracker“, sagte Pete. „Du schaffst das, verstanden?“
    „Ich kann aber nichts sehen! Wie soll ich denn fliegen, wenn ich nichts sehen kann?“
    Pete sah Walt an und schüttelte den Kopf.
    Walt sah sich um: Abstürzende B-17-Bomber, kreisende Jäger, prasselndes Flakfeuer. Ein Motor weniger und ein riesiges Loch im Bug. Drei seiner Offiziere waren entweder beschäftigt oder ausgefallen. Walt war auf sich allein gestellt.
    * * *
    Allie sah in die Tiefe – hoch oben aus dem blauen Himmel. Unter ihr breitete sich ein Flickenteppich aus winzig kleinen Gebäuden aus, so ähnlich wie beim Flug mit dem Doppeldecker. Nur dieses Mal war sie nicht von Frieden und Hochgefühl erfüllt, sondern nacktes Grauen umklammerte ihr Herz.
    Kleine Wolken schwebten um sie herum, schwarze Wolken, und lauter Vögel, ein ganzer Schwarm, stürzte auf sie herab: kreischende, speiende Vögel mit finsteren Gesichtern.
    * * *
    Flossie fiel zurück. Es ging nicht anders. Sie war nicht mehr schnell genug.
    Die deutsche Luftwaffe hatte sich zwar inzwischen auf eine andere Staffel gestürzt, aber Nachzügler ließ sie nicht ungeschoren davonkommen. Walt warf einen Blick auf die Öl- und Tankanzeigen. Sobald J.P. mit der Ersten Hilfe fertig war, könnte er das Flugbenzin aus Motor drei umleiten. Wenn der Rest hielt, könnten sie es noch schaffen.
    Pete hatte Cracker in den Rumpf gebracht und J.P. war zu Bill in den Bugraum gestiegen. Aus dem Gang ertönte Schnaufen. Bill tauchte auf. Seine Arme klemmten unter Abes Schultern.
    „Abe hat’s ziemlich erwischt“, sagte Bill. Der Bombenschütze lehnte mit zerschnittener Stirn und halb zerfetzter Fliegerkombi bewusstlos an seiner Brust.
    „Bring ihn in den Rumpf. Wird aber recht voll dort.“
    Bill wuchtete Abes schlaffen Körper nach hinten. J.P. kam hinter Bill aus dem Bugraum und nahm Abes Füße. Gemeinsam wuchteten sie ihn durch die schmale Tür und kamen einen Moment später zurück, um dem verletzten Navigator zu helfen. Louis war nicht so schlimm verletzt wie Abe. Er ächzte, als Bill ihn aus der Luke auf den harten Metallboden hievte.
    Louis’ Ächzen war das beste Geräusch, das Walt seit Stunden gehört hatte. „Hey, Fontaine, schlafen ist im Dienst nicht erlaubt. Wach auf und hilf mir mal lieber!“
    J.P. kletterte hinter Louis aus der Luke und sah Walt zum ersten Mal seit Monaten in die Augen. „Selbst wenn er zu sich kommt, wird das nichts bringen. Pete sagt, beide Arme sind gebrochen.“
    Flossie mit all ihren Schäden zu landen war ein waghalsiges Unternehmen. Walt hielt den Blick starr auf seinen Flugingenieur gerichtet. Er hatte J.P. schwer enttäuscht, aber das hier war der falsche Zeitpunkt für alten Groll. „Dann sind wir beide die Einzigen, die uns hier noch lebend herausbringen können.“
    J.P.s Gesicht zuckte, aber er nickte, und dann brachten Bill und er Louis ebenfalls in den zur Krankenstation umfunktionierten Rumpf.
    „Wir kriegen Besuch“, sagte Mario. „Sieben Uhr weit oben, kommt auf uns zu.“
    Die Fw 190 umkreiste sie in einiger Entfernung. Sie wollte von oben und frontal angreifen, wo Flossie wehrlos war. Jetzt, wo sie allein waren, konnte Walt zwar Ausweichmanöver einleiten, aber für einen Nahkampf

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