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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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war Flossie einfach nicht wendig genug.
    „J.P.? Ich könnte dich hier vorn gebrauchen.“
    „Er ist auf dem Weg“, hörte er Bill sagen.
    Der deutsche Jäger stieg auf. Walt fühlte sich wie ein Sheriff, der den Bösewicht auf offener Straße stellt, nach dem Revolver greift und merkt, dass das Holster leer ist.
    „Lieber Gott, lass uns jetzt bitte nicht im Stich.“ Der Jäger setzte zum Sturzflug an und Walt brachte die B-17 in eine steigende Linkskurve.
    Kugeln spritzten auf Flossie zu, tackerten den Bug entlang, knallten ins Cockpit, pfiffen an Walt vorbei und donnerten in die Trennwand. Walts rechter Arm wurde nach hinten gerissen und ihn durchfuhr ein brennender Schmerz.
    „Nimm das, du Bastard“, sagte Mario. „Hab sein Ruder erwischt. Er lässt uns jetzt bestimmt in Ruhe.“
    „Gut“, flüsterte Walt atemlos. Sein Blick war auf drei Löcher im Cockpitfenster vor ihm gerichtet. Es fehlten nur Zentimeter. Er drehte sich um, so langsam, als würde sein Kopf in Sirup stecken. In der Trennwand waren drei Löcher, genau hinter J.P.s Position.
    J.P. kam durch die Tür.
    „Ein Glück“, sagte Walt leise mit belegter Stimme. „Ein Glück, dass du nicht hier warst. Du wärst jetzt tot.“
    J.P. drehte sich nicht um, um Walts Aussage zu überprüfen. Er starrte auf den Boden.
    Eine rote Pfütze wuchs auf den olivbraunen Metallplatten und gefror augenblicklich. Walt lachte. Es war ein eigenartiges Geräusch und klang so fern, als käme es aus einem anderen Raum und von einer anderen Person. „Hydraulikflüssigkeit. Erinnerst du dich an Al und unseren ersten Einsatz? Das ist kein Blut, sondern dieses Hydraulikzeug.“
    „Novak. Dein Arm.“
    Walt sah auf seinen rechten Arm. Von seiner Hand, dem Unterarm und dem Ellenbogen tropfte es rot herunter.
    J.P. griff mit weit aufgerissenen Augen zum Kehlkopfmikrofon. „Pete! Novak ist getroffen!“
    Walt tastete nach seinem Arm. Schmerz durchzuckte seinen ganzen Körper wie ein Blitz. Ihm entfuhr ein langes, gequältes Stöhnen.

Kapitel 39
    Erschrocken wachte Allie auf. Was für ein schrecklicher Traum! Wie konnte sie nur während des Betens einschlafen? Rings um den Vorhang drang ein sanfter Lichtschimmer ins Zimmer.
    Noch nie waren ihre Träume so lebendig und fürchterlich gewesen. Sie schlug die Bettdecke zurück und ging auf dem Läufer neben ihrem Bett auf die Knie. „Oh Herr, er ist am anderen Ende der Welt. Und er gehört jetzt zu einer anderen Frau. Aber du willst, dass ich für ihn bete, und ich gehorche dir.“
    Allie legte die Stirn auf die Matratze und betete intensiver als je zuvor. Sie konnte fast spüren, wie ihre Worte um sie kreisten, sich mit dem Heiligen Geist vermengten und über den Ozean zu dem Mann wehten, den sie liebte.
    * * *
    „Preach, halt still. Ich muss die Wunde abbinden.“
    Walt schrie und sein ganzer Körper verkrampfte sich, aber er hielt Pete den Arm gehorsam hin. Der Schmerz war so anders, ganz anders als alles, was er bisher gefühlt hatte; so ähnlich wie der Schmerz im Musikantenknochen, aber er ging nicht weg.
    Pete zerschnitt den Ärmel der schweren Fliegerjacke und zog ihn ab. Danach kam der wollene Hemdsärmel herunter, der seine olivbraune Farbe längst eingebüßt hatte. Pete drückte kräftig zu und band die Wunde über dem Ellenbogen ab.
    Walt schrie auf.
    „Ja, ich weiß. Du kriegst eine neue Jacke.“
    Er versuchte zu lächeln. „Wehe, wenn nicht.“
    „Die Kälte ist gut, sie wird helfen, die Wunde zu verschließen.“
    Obwohl sich alles in seinem Kopf um den Schmerz drehte, fiel Walt der Bericht über den Schützen aus dem 93. Geschwader ein, dessen Rücken über Vegesack von Flaksplittern gespickt worden war. Seine Crew hatte ihm das Leben gerettet, indem sie ihn in der B-24 an ein Loch im Rumpf gesetzt hatte.
    Pete stäubte die Wunde mit Sulfonamidpulver ein. „Ich bin bereit für das Morphium, J.P. Hast du es aufgetaut?“
    J.P. saß auf dem Platz des Co-Piloten. Seine Hände lagen am Steuerrad. Er griff unter sein Hemd und holte eine Spritze heraus. „Ja. Sieht gut aus.“
    „Kein Morphium“, wehrte Walt ab. „Ich muss dieses Flugzeug noch nach Hause bringen.“
    Pete richtete seine blauen Augen auf Walt. „Wer nicht stillhalten kann, kann auch nicht fliegen.“
    Walt stöhnte und nickte. „Also schön, aber nicht zu viel.“
    „Ja, Sir“, erwiderte Pete, drückte Walt aber den gesamten Spritzeninhalt in den Oberarm.
    Walt seufzte. Jetzt musste er nicht nur mit dem Schmerz und dem Blutverlust

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