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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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Die Fw 190 flog vor ihm ein vollendetes Viertel-Kleeblatt. Angeber. Im Uhrzeigersinn umkreiste der Deutsche Fort Flossie und brachte sich dann auf Walts Seite genau in Cockpithöhe in Position.
    Was hatte der Kerl vor? Begutachtete er ihre Schäden? Na schön. Vielleicht ließe er sie von selbst abstürzen, wenn er die zerstörte Kanzel, die zwei ausgefallenen Motoren und die fehlenden Geschütze sah. Er hatte keinen Grund, ihnen auch noch den Gnadenstoß zu versetzen.
    Der Pilot klappte seine Fliegerbrille hoch, kniff die Augen zusammen und inspizierte mit abgelegter Sauerstoffmaske Flossies Bug. Er hatte ein breites Kinn und weit auseinanderliegende Augen. Seine Lippen bewegten sich. Eigenartig, wie menschlich der Feind aus der Nähe war.
    Walt betrachtete die gelbe Propellerhaube der Fw 190, das schwarze Kreuz auf dem Rumpf und die zwanzig Balken auf dem Seitenruder. Großartig, auch noch ein Fliegerass.
    „Hey Preach“, rief Mario aufgeregt. „Ich bin ganz vorne in der Seite. Crackers Pistole! Ich habe seine Pistole! Ich kann den Kerl abknallen.“
    „Halt, warte! Nicht schießen.“ Walt richtete den Blick, so schnell es ging, wieder auf den Piloten der deutschen Luftwaffe, dessen Lippen sich noch immer bewegten. Er las den Vers auf Flossies Bug. „Bitte lieber Gott, lass ihn das verstehen.“
    „Preach, bist du übergeschnappt? Du weißt, wie gut ich zielen kann. Ich mach ihn kalt!“
    „Tagger, nein. Das ist ein Befehl.“ Die Blicke der beiden Piloten begegneten sich. Mithilfe seiner linken Hand hob Walt seinen zerfetzten rechten Arm zu einem militärischen Gruß und unterdrückte den Schmerzensschrei, der ihm in der Kehle saß.
    Der Deutsche nickte und salutierte ebenfalls – ohne Hitlergruß. Dann drehte der Jagdflieger ab.
    „Er ist weg! Er ist tatsächlich weg“, sagte Harry ungläubig. „Was ist passiert?“
    „Für uns sind ihm die Kugeln zu schade“, sagte Cracker mit schwacher Stimme.“
    „Nein“, erwiderte J.P. und sah Walt dabei an. „Es war der Bibelvers – Novaks Bibelvers. Er hat ihn gelesen und uns in Ruhe gelassen.“
    „Ich wusste, dass er uns Glück bringt“, jubelte Louis.
    „Alles Unsinn“, sagte Walt. „Gottes Gnade hat uns bewahrt. Und wir brauchen noch mehr davon. Unser Zustand ist noch erbärmlicher als vorher und es ist noch ein weiter Weg bis nach Hause.“
    * * *
    „Ich dachte, du hast heute Dienst?“ Allie sah vom Schreibtisch auf und entdeckte ihre Mutter an der Tür.
    „Habe ich auch, aber ...“
    „Du liebe Güte, du bist ja noch nicht einmal angezogen. Jetzt aber flott. Was meinst du, was die Leute sagen, wenn du zu spät kommst?“
    „Das ist mir egal.“ Sie kniff vor Erschöpfung die Augen zusammen.
    „Es ist nie egal, was die Leute sagen.“
    Allie wandte sich ab. „Ich komme gleich.“ Ihre unhöfliche Art gefiel ihr selbst nicht, aber der innere Drang zum Gebet hatte noch nicht nachgelassen.
    * * *
    Seine Wange brannte.
    „Hey, Preach, schlaf jetzt bloß nicht ein.“
    Walt versuchte die Augen zu öffnen.
    „Komm schon.“ Pete rüttelte Walt durch. „Siehst du die Küste? Wir können das schaffen, aber dafür musst du wach bleiben.“
    „Geht nicht.“ Seine Augenlider waren schwer wie Blei.
    „Du musst.“ J.P. trat ihm gegen das Schienbein. „Louis hat einen Flugplatz der Royal Air Force ausfindig gemacht, Bill hat sie schon kontaktiert, aber du musst uns dort landen.“
    „Genau“, ergänzte Pete. „Was sollen die anderen denn Emily sagen, wenn du vorher schlappmachst?“
    „Allie.“ Walt öffnete mühsam die Augen. Wenn er abstürzte, würde Allie es von Betty erfahren. Franks und Jims Tod hatten sie schon ziemlich mitgenommen, obwohl sie die beiden kaum gekannt hatte. Wie würde sie erst seinen Tod verkraften? Und Mom und Dad? Der arme Jack wäre der Erste, der es erfuhr. Er hätte die undankbare Aufgabe, es allen zu sagen.
    Walt schüttelte so heftig den Kopf, dass seine Wangen schlackerten. „Was ist unser Steuerkurs?“
    „Siehst du da vorn?“, sagte J.P. „Da ist schon der Tower.“
    Der Anblick machte ihn wacher als eine Tasse Kaffee. Der vierte Motor fing an zu rauchen. „Na komm, altes Mädchen. Es ist nicht mehr weit.“
    Die Tankanzeigen standen alle auf leer. Ihnen blieb keine Zeit, das Flugfeld zu umkreisen, keine Zeit, auf die Landeerlaubnis zu warten. Bill Perkins feuerte zwei rote Leuchtkugeln aus der Luke im Funkerstand, um zu signalisieren, dass Verwundete an Bord waren.
    Das Fahrwerk fuhr aus. Walt sah

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