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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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nur noch Sternchen. Ihr Anflug erfolgte zu schnell, zu tief, und Flossie machte bei der Landung einen Satz.
    Die Landebahn war kurz und nur für Jagdflieger geeignet. Am Ende standen Bäume – Walts Sichtfeld wurde immer dunkler. Er versuchte zu bremsen, aber seine Füße gehorchten nicht. Ihm wurde schwarz vor Augen.
    Herr, hilf uns!

Kapitel 40
    Allies Blick folgte gebannt den flackernden Bildern der Wochenschau, bis ein warmer Tropfen ihre Wange hinunterlief.
    Schnell stand sie auf und verließ den Kinosaal. Auf der Damentoilette spritzte sie sich kaltes Wasser ins Gesicht, aber die Tränen wollten einfach nicht versiegen. Nach der anstrengenden Nacht und dem langen Arbeitstag auf der Krankenstation war sie nicht mehr Herr ihrer Emotionen.
    Daisy kam ihr nachgelaufen. „Allie? Ach, du liebes bisschen. Ich wusste, dass irgendetwas nicht stimmt. Du läufst doch während der Wochenschau nicht einfach weg. Was ist denn los?“
    Allie riss sich zusammen. „Es ist nichts. Walt hat mir nur gesagt, dass er eine Freundin hat. Aber das sollte mich nicht stören. Ich sollte mich für ihn freuen!“
    „Oh nein, Allie!“ Daisy umarmte sie fest. „Was sollst du denn jetzt nur machen?“
    Daisys Verzweiflung kam so unerwartet, dass Allie ihre Fassung zurückgewann. Sie löste sich aus der Umarmung und lächelte tapfer. „Ich komme schon darüber hinweg. Irgendwann. Bin schließlich nicht die erste Frau mit einem gebrochenen Herzen.“
    Daisy brummte missbilligend und verschränkte die Arme. „Ist das nicht wieder typisch Mann?“
    Allie seufzte. Sie wollte nicht, dass Walt wie ein rücksichtsloser Frauenheld dastand. „Ich schaffe das schon. Aber ... ich mache mir wirklich Sorgen um ihn.“ Sie zögerte. Außer Walt wusste niemand von den Träumen. „Ich ... immer, wenn Walt einen Einsatz hat, habe ich diese Träume. Und gestern war es ein richtiger Albtraum.“
    Daisy lächelte schwach. „Kleines, du siehst dir zu oft die Wochenschau an. Hör auf der Stelle auf, dir um diesen Mistkerl Sorgen zu machen, verstanden?“
    Allie täuschte ein Lächeln vor. „Komm, wir sehen uns den Film an.“
    Wie sollte sie sich keine Sorgen machen? Und wie sollte sie jemals erfahren, ob es ihm gut ging? Briefe von ihm würden keine mehr kommen und Betty konnte sie nicht fragen. Das hatte sie ihm versprochen.
    Sie ging zurück in den Kinosaal. Herr, dann pass bitte du auf ihn auf.
    * * *
    Die Stimme klang vertraut. Tief und volltönend. Dad? Nein, Dad war es nicht.
    Walt versuchte, die Augen zu öffnen. Nichts passierte.
    „Walt?“ Der Mann drückte Walts linke Hand. „Schwester, ich glaube, er kommt zu sich. Walt? Na komm, raus aus den Federn. Du hast lange genug geschlafen, du Faulpelz.“
    Faulpelz? So hatte Mom sie beim Wecken immer genannt. Und die Stimme – Ray? Jack? Ja, Jack.
    Walt ging einen Gesichtsmuskel nach dem anderen durch, bis er den gefunden hatte, der für die Augenlider verantwortlich war. Helles Licht stach ihm in die Augen. Er kniff die Augen zu und öffnete sie vorsichtig wieder. Nach und nach stellten sie auf ein bärtiges Gesicht mit schwarzen Haaren scharf, das ihn fröhlich ansah.
    „Faulpelz?“, krächzte Walt. „Du bist derjenige, der zu faul zum Rasieren ist.“
    Jacks Lachen dröhnte durch das Zimmer. „Es geht dir gut. Gott sei Dank, es geht dir gut.“
    Es ging ihm gut? Wieso sollte es ihm nicht gut gehen? Die Augen fielen ihm zu, aber er stemmte sich dagegen. Wieso war er so müde? So taub?
    „Ich habe mir vielleicht Sorgen gemacht. Hab den ganzen Einsatz vom Tower aus mitverfolgt und die Flugzeuge gezählt, als sie wiederkamen. Keine Flossie . Mann, war ich froh, als wir den Anruf bekamen, ihr wärt auf dem RAF-Flugfeld gelandet. Als ich dort ankam und dein Flugzeug gesehen habe – wow. Da hast du aber saubere Arbeit geleistet. Wie du den Schrotthaufen bis nach Hause gebracht hast, alle Achtung.“
    Richtig, der Einsatz über Bremen. Die zerschossene Kanzel, Louis, Abe, Cracker, die ausgefallenen Motoren, die Wunden, die abgeworfenen MGs, der deutsche Pilot, J.P. „Das war nicht ich. Das war Gott.“
    „Da hast du allerdings recht.“ Jacks Stimme klang belegt.
    Walt sah sich um. Seine Augen brauchten viel zu lange, um scharf zu stellen. Weiße Wände. Eine blonde Krankenschwester am Fußende. „Wo bin ich?“
    „Im Krankenhaus in Oxford. Du warst zwei Tage im Koma. Heute ist Montag, der neunzehnte.“
    „Oxford?“
    „Du ... du musstest operiert werden.“
    Eine OP. Ach ja, der Arm.

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