Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
Vom Netzwerk:
Sie mussten sicher die Kugeln rausholen. Augenblick. Das waren glatte Durchschüsse gewesen. Sein Blick wanderte zu seinem rechten Arm.
    Jacks Hand schlug gegen Walts Wange und drückte sein Gesicht zurück. „Walt, sieh mich an. Ich will, dass du mich ansiehst.“
    Jacks Blick war so intensiv, dass Walt erschrocken blinzelte.
    „Du lebst. Das ist das Wichtigste, hörst du? Du lebst.“
    Plötzlich wurde Walt bewusst, dass sein ganzer rechter Arm von einem dumpfen Schmerz durchzogen war. „Okay. Ich lebe.“
    Jacks Gesicht wurde von Kummer verzerrt und er griff nach Walts Kiefer. „Hör zu, du hast sehr viel Blut verloren. Sehr viel. Es hieß erst, du würdest nicht durchkommen. Aber du hast nicht aufgegeben. Und das allein zählt.“
    „Dafür habe ich auch wie verrückt gebetet.“ Und dafür, dass die anderen auch durchkamen. Walt sah Jack fragend an. „Die anderen?“
    „Es war kein guter Einsatz. Der schlimmste überhaupt. Sechzehn Fliegende Festungen sind abgeschossen worden.“
    „Sechzehn?“
    Jack ließ die Hand sinken. „Ja, und ... der Großteil davon gehörte zum 306. Geschwader. Zehn B-17 ... ihr habt zehn Flugzeuge verloren.“
    „Nein. Zehn? Das kann nicht sein. Das heißt ... nur sechzehn von uns haben es bis nach Hause geschafft?“ Walt schloss die Augen und verbannte jeden Gedanken aus seinem Kopf. Zehn B-17, das waren hundert Männer aus Thurleigh.
    „Ich fürchte, ja. Tut mir leid. Viele von ihnen wurden genauso heftig getroffen wie Flossie . Eigentlich hättet ihr auch abstürzen müssen. Das ist dir klar, oder?“
    Walt schwirrte der Kopf vor lauter verlorenen Kameraden. „Und meine Crew?“
    „Die wird wieder, dank Gottes Schutz und deinen Flugkünsten. Abe hat eine Riesenbeule am Kopf und überall am Körper hübsche Stickereien von den Ärzten. Louis sammelt auf seinem Gips lauter Unterschriften von hübschen Mädchen. Die beiden sind schneller wieder im Dienst, als ihnen lieb ist, aber am Boden. Mit Fliegen ist erst einmal Schluss.“
    „Und Cracker?“
    Jacks Wange zuckte. „Er wurde ausgeflogen. Muss noch ein paar OPs hinter sich bringen. Die Ärzte sagen, dass er vielleicht nie wieder sehen kann.“
    „Oh nein.“
    „Aber dafür darf er jetzt schon nach Hause. So wie du!“
    „Ich? Wieso? Ein paar Brüche, ein paar Nähte. Ich kann fliegen.“
    Jack legte die Hand wieder an Walts Wange, sah aber zu Boden. „Du bist am Leben, schon vergessen? Nur das zählt.“
    Walt drückte gegen Jacks Hand. Schön, er lebte, aber ...
    „Dein Arm war ziemlich übel zugerichtet. Wirklich übel. Ein paar Handknochen fehlten. Der Ellenbogen war zerschmettert. Zu lange nicht durchblutet. Das Abbinden hat dir zwar das Leben gerettet, aber ... “
    „Aber was, Jack?“, zischte Walt durch die Zähne. „Jetzt sag schon oder lass mich gucken.“
    „Walt, du hast deinen Arm verloren.“
    „Meinen Arm verloren? Wie soll denn das gehen? Ich kann doch meinen Arm nicht verlieren.“
    Jack seufzte und ließ Walt los. „Sie mussten über dem Ellenbogen amputieren.“
    „Amputieren?“ Nein. Unmöglich. Sein Ellenbogen tat weh, genauso wie der Unterarm und die Hand. Er konnte die Finger fühlen. Sein Magen kribbelte wie verrückt und er sah nach rechts. Wo war sein Arm geblieben? „Nein. Bitte, lieber Gott, nein.“
    „Du bist am Leben. Das ist das Wichtigste.“
    Alles in ihm sträubte sich. Sein Arm lag auf der Bettdecke, aber er hörte einfach auf. Einfach so. Ein großer Verband formte dort eine dicke Beule, wo der Ellenbogen sein sollte. Aber er konnte ihn doch fühlen!
    „Es tut mir unendlich leid, Walt. Aber wenigstens bist du am Leben.“
    Ein Krüppel. Er war ein Krüppel. Wie ein Baum, abgeholzt und zersägt. Ein Krüppel. So wie die Veteranen aus dem ersten Weltkrieg, wie die alten Männer aus dem Spanisch-Amerikanischen Krieg. Wie der mürrische alte Horton, der in einer Bruchbude außerhalb der Stadt wohnte. Die Kinder hatten Angst vor ihm, die Jugendlichen spielten ihm Streiche, die Frauen hatten nur Mitleid für ihn übrig und die Männer ignorierten ihn.
    Ihm wurde kalt und speiübel.
    „Schwester?“, fragte Jack.
    Gerade noch rechtzeitig rollte ihn jemand auf die Seite und hielt ihm eine Schüssel hin. Krüppel. Ein Krüppel.
    „Jetzt bin ich wie ...“ Er spuckte den Rest aus. „Wie der alte Horton.“
    „Sag so was nicht. Bei dir wird das nicht so. Du weißt doch, was Grandpa immer meinte: Horton war schon griesgrämig und mürrisch, bevor er nach Kuba ging. Okay,

Weitere Kostenlose Bücher