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Der Klang Deiner Gedanken

Der Klang Deiner Gedanken

Titel: Der Klang Deiner Gedanken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Sundin
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die Kinder engagierten sich mit Altmetall-, Gummi- oder Papier-Sammeleinsätzen. Aber sie – Allie Miller – sollte Tafelsilber polieren.
    Sie wurde wütend. Herr, ich möchte doch auch irgendwas tun! Ich möchte helfen. Jetzt habe ich noch nicht einmal mehr eine Freundin. Zeig mir doch, was ich tun kann!
    Sie ging in eine Seitengasse. Warum, wusste sie nicht. Dieser Teil von Riverside war ihr unbekannt. Die Häuser wurden immer kleiner und kleiner. Und doch drängte es sie weiter, bis sie an eine Kreuzung kam, wo an drei Seiten ungepflegte Häuser standen und an der vierten eine Kirche.
    Groveside Bible Church. Allie verzog das Gesicht angesichts des unansehnlichen Gebäudes, das mit dem allereinfachsten Putz versehen war. Um langweilige Rechteckfenster herum blätterte ausgeblichene Farbe ab. Das war eindeutig kein Beispiel für die gehobene Architektur von Riverside. Aber auf dem Kirchturm war ein Kreuz, die Türen standen offen und Allie ging neugierig hinein.
    Nachdem sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, begutachtete sie den Saal. Stumpfer Boden, abgewetzte braune Sitzkissen, abgenutzte Bibeln und Liederbücher in den Reihen, ein einfaches Kreuz, ein Sprecherpult und ein Klavier. Das komplette Gegenteil von St. Timothy’s mit den Buntglasfenstern, der gewaltigen Orgel und den glänzenden Holzbalken.
    Ein Rascheln und Knurren zu ihrer Linken ließ Allie sichtlich zu-sammenzucken. Sie lief den Gang hinunter, bis sie zwischen den Kirchenbänken eine Frau auf allen vieren entdeckte. Die kräftige Dame hatte ihre grauen Locken in einem Haarknoten zusammengebunden und sah erstaunt auf. „Nanu? Ich hab dich gar nicht reinkommen hören.“
    „Ich habe ... ich wollte nur ...“ Allie deutete auf die Eingangstür.
    „Ach, ja. Donnerstag. Donnerstag. Frauenkreis um halb zehn. Ist es schon so weit?“
    „Ähm ...“ Allie sah auf ihre Armbanduhr. „Es ist noch nicht einmal neun.“
    „Gut. Sehr gut, dann ist ja noch Zeit. Aber du bist eine halbe Stunde zu früh, Liebes. Das wurde doch am Sonntag angesagt. Hast du das nicht mitbekommen?“
    „Nein, ich ...“
    „Na, macht nichts. Gottes Zeitplan ist immer perfekt, weißt du? Er hat dich hierhergeschickt, damit du mir helfen kannst. Hast du harte Nägel, Liebes? Das hier ist vielleicht ein störrischer Knoten. Und ich muss die Kissen hier noch ausklopfen.“
    „Ich kann es versuchen.“ Dieser Frau konnte vermutlich niemand etwas abschlagen. Allie kniete sich hin. Der Knoten war ein Albtraum. Die alte Kordel war vor Abnutzung schon ganz glänzend geworden.
    Die ältere Frau wand ihr üppiges Hinterteil aus der Bank. Als sie wieder aufrecht stand, fiel ihr gewaltiger Busen über die Taille auf ihren leuchtend violetten Rock. „Ich kann dein Gesicht gar nicht einordnen, Liebes.“
    „Also, ich ...“
    „Nein. Sag nichts. Sag nichts.“ Sie beugte sich näher und studierte Allie mit ihren kleinen blauen Augen. „Was für schöne grüne Augen du hast. Du bist bestimmt Mabels Enkelin.“
    „Äh, nein.“ Allie zog den Kopf ein und konzentrierte sich auf den Knoten, um nicht an den Mann denken zu müssen, der vor Kurzem noch das Gleiche über ihre Augen gesagt hatte. Endlich hatte sie ihren Fingernagel in das feste Gebilde hineingearbeitet.
    „Kräftiger Kiefer. Rubys Tochter?“
    Der Knoten löste sich. „Bitte sehr.“
    „Gut gemacht. Sehr gut. Du bist ja eine richtige Gebetserhörung. Da, schnapp dir den Kissenstapel dort drüben, und ich nehme diesen.“ Sie marschierte den Gang hinunter.
    Allie sammelte die Kissen ein und lächelte heimlich gen Himmel. Ich hatte ja gesagt, dass ich helfen wollte, Herr.
    Vor der Kirche versuchte die ältere Frau auf der fleckigen Wiese ein Kissen an einer Wäscheleine festzuknüpfen, die zwischen zwei Eukalyptusbäumen gespannt war.
    „Warten Sie, ich helfe Ihnen.“ Allie nahm das Kissen und band es fest.
    „Weißt du, als ich noch jung war, blieben die Mädchen daheim, heirateten und wohnten gleich in der Nähe. Heute macht ihr jungen Leute euch auf und davon, sucht euch Jobs – ach nein, heute heißt das ja Karriere machen –, und wenn ihr dann wiederkommt, erkennt man euch kaum noch. Also, wie heißt du nun? Ich geb’s auf.“ Sie nahm einen Besenstiel und versetzte dem Kissen einen heftigen Schlag.
    Allie musste husten und machte einen Schritt zur Seite, um der Staubwolke zu entkommen. „Allie Miller.“ Miller war bestimmt weit verbreitet genug, um nicht gleich mit Miller’s Kugellager in

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