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Der Klang der Sehnsucht - Roman

Der Klang der Sehnsucht - Roman

Titel: Der Klang der Sehnsucht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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Melodie, die zu ihrer eigenen wurde. Sie vergaß, wer sie war und wer sie hätten sein sollen. Sie ließ
die letzte Nacht und die vielen Nächte davor hinter sich und ergab sich dem Strudel der Lust, der zwischen ihren Beinen begann, sich über ihren Unterleib ausbreitete und dessen Anfang und Ende Anands Liebkosung war.
    Sie nahm seine Hand und führte sie nach unten, lächelte, als er nach Luft rang wie ein Ertrinkender. Sie griff sie fester und zog sie weiter nach unten, bis sie nicht mehr wusste, ob die Hitze von ihr oder von ihm kam.
    *
    Kalu saß auf einem Stuhl und trank Tee. Malti stand neben ihm.
    »Setz dich, Beti«, sagte Papaji. »Kalu ist dein Gast.«
    Malti bekam fast nie Besuch. Die meisten ihrer früheren Freundinnen hatten im Laufe der Jahre geheiratet und waren fortgezogen. Hatte sie Umgang mit Mädchen, die noch arbeiteten, fühlten ihre Schwiegereltern sich unbehaglich. In ihren Augen stand Malti jetzt gesellschaftlich über ihnen.
    Kalu fiel auf, dass sie sich verändert hatte. Er musste allein mit ihr sprechen, um zu erfahren, was los war. Aber im Moment hatten sie keine Gelegenheit dazu.
    »Wie geht es Ihrem Sohn?«, erkundigte Kalu sich aus Höflichkeit bei Maltis Schwiegermutter.
    »Sehr gut, danke«, erwiderte Vimu Ba. »Er muss wieder so viele Überstunden machen. Daher werden wir ihn vor morgen nicht sehen. Die arme Malti hat nicht einen Bissen zu Abend gegessen. So lange hat sie auf ihren Mann gewartet.«
    Kalu sah hinüber zu Malti. Sie saß kerzengerade auf ihrem Stuhl. Zu gerade. Er räusperte sich. »Wäre es möglich, dass Malti morgen eine oder zwei Stunden außer Haus geht? Ganga Ba hat –« Kalu wusste nicht genau, was Ganga Ba geplant hatte, aber ihm würde schon etwas einfallen.
    »Nein, ganz unmöglich«, unterbrach ihn Malti. »Ich habe einfach zu viel zu tun. Ich kann nicht weg.«
    Vimu Ba lächelte. »Sie ist ein so gutes Kind. Wissen Sie, Kalu, ich wüsste nicht, was ich ohne sie täte. Ich habe schon ganz vergessen, wie ich ohne eine Tochter zurechtgekommen bin. So lange habe ich mir eine gewünscht. Malti ist die Antwort auf all meine Gebete. Geh nur, Beti, es ist ja nicht lange«, sagte sie sanft und wischte sich mit einem Zipfel ihres Saris übers Gesicht.
    *
    Malti rollte sich auf ihrem Bett zusammen. Sie stopfte sich die Hand in den Mund, damit niemand ihr Schluchzen hörte. Ihr Körper zitterte unter der Bettdecke. Für gewöhnlich bedeutete es eine Erleichterung für sie, wenn ihr Mann außer Haus übernachtete. Doch heute empfand sie nichts als Reue. Sie hatte genau das getan, was ihre Mutter und Vimu Ba ihr nie zugetraut hätten. Schon jetzt litt sie, weil Anand nicht bei ihr war. Sie würde nun für immer mit diesem Schmerz leben müssen, mit diesem Stachel in ihrem Fleisch. Gott strafte sie, indem er ihr gezeigt hatte, was sie nie – das wusste sie –, niemals haben konnte.
    *
    Kalu und Bal gingen den Klippenpfad oberhalb des Flussufers entlang. Bal hüpfte gut gelaunt herum, aber Kalu war sehr still, denn er war halb in Gedanken bei dem Abendessen mit Malti. Irgendetwas stimmte nicht. Seit seinem Besuch in Hastinapore im letzten Jahr hatte Malti sich auf eine Weise verändert, die er schwer beschreiben konnte.
    »Kalu!« Bal, der einige Meter vor ihm war, winkte ihm zu. »Komm schon, alter Junge!«
    Der Boden war schlammig, noch feucht vom ersten Monsunregen. Kalu grinste und winkte zurück. Bal war wie immer. Obwohl er sich eigentlich auch verändert hatte. Er war fröhlicher geworden und schritt nun selbstbewusst und hocherhobenen Hauptes einher.
    »Warte auf mich, Bhai, und pass auf … dass du deine neuen Sachen nicht schmutzig machst«, rief er, als Bal herumwirbelte, um nach den Mädchen mit ihren Waschkörben unten am Ufer zu schauen.
    »Kalu, hol die Flöte raus, jetzt geht's los!« Bal schwenkte die Arme und imitierte ein tanzendes Mädchen. Er drehte sich, rutschte aus und lachte noch, bevor er mit einem Schrei sich überschlagend den Abhang hinunterstürzte und verschwand.
    »Bal!«, schrie Kalu und rannte zum Rand der Klippe. Auf seine Schreie eilten die Männer herbei, die unter dem Banyanbaum gesessen hatten. »Ruft den Vaid. Hilfe! Holt Hilfe!« Kalu schlitterte den Abhang hinunter, indem er wie ein verirrtes Rinnsal den herausragenden Felsbrocken auswich. Schließlich landete auf allen vieren. »Bal?«
    Bal lag auf dem Rücken. Kalu kroch auf seinen Freund zu, ohne auf den stechenden Schmerz in seinem Knöchel zu achten. »Wie geht es dir,

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