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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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auf.
    »Wissen Sie was«, fuhr sie fort, »ich hab immer gewusst, dass mit dem was nicht stimmt. Mrs Barker sagt, er hätte bei ihrem Anbau die Knäufe viel zu nahe an den Rand gesetzt. Jetzt stößt sie sich ständig die Knöchel …«
    »Wo willst du hin?«, fragte Henry erschrocken. Asad nahm seine Schürze ab.

    »Ich hab mich noch nie so geschämt. Noch nie«, presste Asad hervor. In seiner Stimme lag etwas Leidenschaftliches, etwas, das sich kaum noch zügeln ließ. »Das Kind hat recht, Henry. Alles, was sie gesagt hat, war richtig. Wir sollten uns schämen.«
    »Aber wo willst du hin?«
    »Mit Mr McCarthy reden«, erklärte Asad, »bevor Mrs Delancey zu Ohren kommt, was er gemacht hat. Ich werde ihn auffordern, sich wie ein Mann zu verhalten, der noch etwas Ehre im Leib hat. Und ich werde ihm ganz genau sagen, was ich von ihm halte.«
    »Asad, nicht«, sagte Henry und vertrat ihm den Weg. »Bitte, misch dich da nicht ein. Das geht uns doch nichts an.«
    »Doch, es geht uns was an. Es ist unsere Pflicht als Freunde und gute Nachbarn.«
    »Unsere Pflicht? Wer hat sich je um uns geschert, Asad?« Henry brüllte fast; es war ihm egal, wer ihn hören konnte. »Wer hat uns je geholfen, als uns diese bigotten Leute hier verfolgt haben? Wer hat uns geholfen, als sie unsere Schaufenster bewarfen und hässliche Dinge an die Wände schmierten?«
    »Sie hat niemanden, Henry.«
    »Und wir auch nicht.«
    »Das ist lange her.« Asad schüttelte den Kopf. »Wovor hast du solche Angst?« Und damit ging er.
     
    Der Mann am Grill trug eine Schürze, auf die Brüste gedruckt waren und ein Spitzenhöschen. Von Zeit zu Zeit schlug er seine Hände auf diese Brüste oder spießte eine Wurst auf, hielt sie hoch und spitzte die Lippen in einer ordinär eindeutigen Geste. Gelegentlich rollte er auch lasziv mit den Hüften im Takt zur Musik, die aus einem tragbaren CD-Player schallte, den jemand auf ein kleines wackeliges Tischchen neben der Hintertür gestellt hatte. Aber das nahm Kitty nur am Rande wahr.
Ihre Nerven vibrierten. Die Vettern waren so geschockt gewesen, so entsetzt über das, was sie erzählt hatte. Aber sie hatten offenbar Bescheid gewusst. Warum hatten sie nichts gesagt?
    »Das ist sie«, sagte Anthony, als eine Frau an den Grill trat und etwas zu dem Mann in der Schürze sagte. Ihr Haar, das sie kunstvoll zerwühlt aufgesteckt hatte, besaß dicke blonde und rote Strähnen. »Das ist die Frau, mit der mein Dad bumst.«
    Kittys Glas verharrte vor ihrem Mund. »Was?« Sie glaubte sich verhört zu haben.
    »Theresa Dillon. Das Barmädchen. Mein Dad bumst sie schon seit Monaten.« Das sagte er so gleichgültig, als ob es ganz normal gewesen wäre, dass der Vater mit einer anderen Frau schlief.
    Kitty ließ ihre Cola sinken. »Bist du sicher?«
    »Klar.« Er musterte die Frau verächtlich. »Und sie ist nicht die Erste.«
    Kitty hatte im letzten Jahr manchmal das Gefühl gehabt, der älteste Teenager der Welt zu sein. Die Einzige im Haus, die in der Lage war, vernünftige Entscheidungen zu treffen, Rechnungen zu bezahlen und den Haushalt zu organisieren. Ihre Mum war unfähig gewesen. Und es gab immer noch Zeiten, so wie heute, da hatte sie das Gefühl, durch eine ihr völlig fremde Landschaft zu tappen.
    Matt war zu ihnen rübergeschlendert, als sie sich zu Anthony gesetzt hatte. Er hatte gescherzt, dass sie diese Cola längst ausgetrunken haben könnte, wenn sie sein Angebot angenommen und sich von ihm hätte mitnehmen lassen. Anthony hatte ihn kaum eines Blickes gewürdigt, und sie selbst hatte vor Wut kaum ein Wort rausgebracht. Da hatte er sich wieder verzogen und irgendwas über die Jugend von heute gemurmelt. Jetzt saß er mit irgendwelchen Leuten zusammen.
    »Aber wenn du das so genau weißt, warum sagst du dann nichts zu deiner Mum?«, fragte sie.
    Er schaute sie an, als ob sie komplett naiv wäre. Ihr fiel ein,
wie sie ihm von ihrer Mutter und ihrem Vater erzählt hatte und wie glücklich sie miteinander gewesen waren. Dass ihre Mum nach seinem Tod vollkommen zusammengebrochen war.
    Er hielt ihr die Chipstüte hin. »Du kennst meinen Dad nicht«, entgegnete er verächtlich. Sie saßen eine Weile stumm auf der Bank, und Kitty spürte die Wärme der untergehenden Sonne durch ihr dünnes Baumwollkleid.
    »Willst du noch’ne Tüte Chips? Ich hole uns noch eine mit Salt-and-Vinegar-Geschmack, bevor sie aus sind.« Anthony kramte in der Hosentasche nach Kleingeld. Dann erstarrte er. »Uh-oh. Was ist denn da

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