Der Klang des Herzens
erschien. Der Werkzeuggürtel hing tief an seinen Hüften, das T-Shirt klebte ihm schweißnass am Oberkörper. Als er unten ankam, blieb er stehen.
»Ich bin fertig. Ich dachte, vielleicht hättest …« Er fuhr zusammen, als er Kitty sah, fing sich aber sofort wieder … »Vielleicht hätten die Damen ja Lust auf ein kühles Getränk im Pub?«
»Nein, danke«, entgegnete Isabel. »Ich hab noch zu tun. Ist das Bad jetzt fertig?«
»Ich habe am großen Schlafzimmer gearbeitet. Das sollten Sie sich mal ansehen.«
Ihre Mutter schaute zu ihm auf. »Aber ich hatte Sie doch
gebeten, das Bad zu machen. Wir brauchen ein Bad, Matt. Wir hatten doch ausgemacht, dass Sie sich darauf konzentrieren.«
»Das mache ich morgen«, sagte er wegwerfend. »Ehrlich, Sie sollten sich das Schlafzimmer mal ansehen.« Es war, als ob er sie gar nicht gehört hätte. »Das wird Ihnen gefallen. Es ist richtig schön geworden. Kommen Sie – kommen Sie, schauen Sie sich’s an.«
Kitty sah, wie ihre Mutter die Zähne zusammenbiss. Sie hätte gerne etwas gesagt, hatte aber Anthony versprochen, den Mund zu halten.
»Ich hab diese Zinkwanne so was von satt«, sagte sie stattdessen. »Es kann doch nicht so schwer sein, so eine Badewanne anzuschließen.«
Matt schien auch das überhaupt nicht zu hören. »Man würde kaum glauben, dass die Decke runtergekracht ist. Ich würde sagen, die Stuckarbeiten sind jetzt sogar schöner als vorher. Jetzt kommen Sie schon – ich möchte, dass Sie sich’s anschauen.«
Ihre Mutter strich sich seufzend das verschwitzte Haar aus dem Gesicht. Sie schien ihren Frust nur mühsam im Zaum zu halten. »Matt, könnten Sie bitte weitergehen? Ich möchte diesen Boden fertig streichen. Kitty, Schätzchen, ich möchte, dass du vor Einbruch der Dunkelheit wieder zu Hause bist.«
»Okay«, sagte Kitty und starrte Matt finster an.
»Anthony wird dich doch nach Hause begleiten?«
»Ja.«
»Ihr geht zum Grillfest, oder? Soll ich dich bis zur Straße mitnehmen?«, erbot sich Matt.
»Nein«, sagte sie böse. Als sie den Blick ihrer Mutter auffing, fügte sie unfreundlich hinzu: »… danke.«
»Wie du willst. Und Sie sind sicher, dass ich Sie nicht zu einem Glas überreden kann, Isabel?«
Kitty wartete, bis Matts Bremslichter verschwunden waren,
dann machte sie sich forsch auf den Weg durch den Wald. Der Schatten brachte willkommene Abkühlung von der Hitze des Tages, die trotz der frühen Abendstunde immer noch drückend über dem Tal hing. Kitty sah jetzt nicht mehr unsichtbare Augen hinter jedem Baum hervorlugen oder irgendwelche axtschwingenden Serienkiller. Jetzt wusste sie, dass die Bedrohung viel näher lag. Sie dachte an Matt, an seine Witze, das lockere Geplauder, die Tüten voller Croissants, daran, wie er ihnen vorgemacht hatte, er sei ihr Freund. Alle hatten ihnen das vorgemacht. Wie viele Leute wussten eigentlich über seine Machenschaften Bescheid?
Ihr schwirrte der Kopf, als sie aus dem Wald herauskam. Sie hatte Anthony versprochen, sich um sechs mit ihm im Pub zu treffen, aber im Laden brannte noch Licht, und sie konnte drinnen Leute sehen. Kitty Delancey änderte spontan ihre Richtung.
»Und er fragt: ›Wie können Sie es wagen?‹« Henry versuchte, ein ernstes Gesicht zu machen. »›Mein Name ist Hucker . Rudolph Hucker.‹« Er schlug mit der flachen Hand auf die Theke und röhrte vor Lachen.
»Bring mich nicht zum Lachen«, keuchte Asad, der den abendlichen Kassensturz machte und das Kleingeld in Beutel verteilte. »Oder ich krieg keine Luft mehr.«
»Ich kapier’s immer noch nicht«, beschwerte sich Mrs Linnet. »Erzählen Sie’s noch mal.«
»Vielleicht hättest du ihm Tansy Hyde vorstellen sollen.«
Mrs Linnet stellte ihre Teetasse ab. »Was? Ist das eine von den Warburton Hydes?«
Die Tür ging auf, und Kitty trat ein und mit ihr ein Schwall heißer Luft und das Geplärr der Musik vom Biergarten gegenüber.
»Unser Lieblingsteenager«, rief Henry erfreut. »Ach, wie gerne wäre ich wieder so jung!«
»Wärst du nicht. Du hast gesagt, es war die schlimmste Zeit deines Lebens«, entgegnete Asad trocken.
»Na, dann würde ich eben gerne meinen Teenagerkörper wiederhaben. Hätt ich doch bloß gewusst, wie hübsch und faltenfrei ich damals war, ich wäre andauernd in Stretchshorts rumgelaufen, anstatt mich wegen irgendwelcher nicht vorhandener Pickel zu grämen.«
»In meinem Alter«, warf Mrs Linnet ein, »ist man froh, wenn das Gestell überhaupt noch intakt
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