Der Klang des Herzens
ist.«
»Stretchshorts könntest du jetzt auch anziehen«, schlug Asad vor. »Wir könnten einen Wochenplan machen: ›Donnerstag ist Stretchhosentag.‹«
Henry drohte warnend mit dem Zeigefinger. »Pfui, wie unfein. Als Ladenbesitzer sollte man wahrhaftig nicht so würdelos sein und seine Damaszenerpflaumen zur Schau stellen.«
»Trockenpflaumen, meinst du doch?«, giggelte Asad.
Henry versuchte, Ernst zu bewahren. »Na ja, ich sollte wahrscheinlich dankbar sein, dass du nicht gleich mit Rosinen angefangen hast.«
»Mrs Linnet, Sie üben einen schlechten Einfluss auf uns aus«, sagte Asad streng. »Hören Sie sofort damit auf.«
»Ja, hören Sie auf, Mrs Linnet. Wir haben hier immerhin ein junges, unschuldiges Ding in unserer Mitte. Was kann ich für dich tun, Kitty? Oder bringst du uns Eier? Die letzten sind fast alle weg.« Henry beugte sich über die Theke.
»Wie lange wussten Sie schon, dass Matt McCarthy versucht, uns aus unserem Haus zu vertreiben?«
Im Laden trat schlagartig Stille ein. Henry schoss Asad einen Blick zu.
Kitty bemerkte diesen Blick. »Das soll wohl heißen: ›Länger als gerade eben‹, was?«, bemerkte sie bitter.
»Er versucht, euch aus eurem Haus zu vertreiben?«, fragte Mrs Linnet erschrocken.
»Indem er uns zu viel berechnet, wie es scheint«, erklärte
Kitty sachlich. »Und wir sind offenbar die Letzten, die’s erfahren.«
Asad schlug die Thekenklappe auf und kam heraus.
»Setz dich, Kitty. Komm, trink einen Tee mit uns, dann können wir darüber reden.«
»Nein, danke.« Sie verschränkte die Arme. »Ich bin verabredet. Ich will bloß eins wissen: Wie viele Leute haben sich hinter unserem Rücken über uns kaputtgelacht? Die dummen Städter lassen sich ausnehmen wie Weihnachtsgänse. Glauben, das Große Haus wieder instand setzen zu können.«
»So war das nicht«, widersprach Asad. »Ich hatte so eine Ahnung, dass was nicht stimmt, aber ich hatte keinen Beweis.«
»Asad wollte was sagen«, fiel Henry ein, »aber ich hab gesagt: ›Du kannst nicht einfach da reinplatzen und mit wilden Anschuldigungen um dich werfen.‹ Wir hatten keine Ahnung, was genau im Haus vorging. Was er dort macht.«
»Aber Sie wussten, dass er das Haus selbst haben wollte. Bevor wir kamen.«
Die beiden tauschten hilflose Blicke. »Ja, schon. Das war allgemein bekannt.«
»Aber nicht uns«, sagte Kitty kalt. »Es wäre hilfreich gewesen, wenn uns jemand vor diesem Mann gewarnt hätte, der unser Haus einreißt und uns dafür auch noch nach Strich und Faden ausnimmt. Dass dieser Mann derselbe Mann ist, der schon immer auf unser Haus scharf war. Na ja, man lernt nie aus. Jetzt weiß ich wenigstens, wer meine Freunde sind und wer nicht.« Sie wandte sich zum Gehen.
»Kitty!«, rief Asad. »Weiß es deine Mutter? Hast du mit ihr darüber geredet?«
Henry hörte das heisere Keuchen in der Stimme, das Asads inneren Aufruhr verriet.
»Ich weiß nicht, was sie weiß«, antwortete Kitty. »Ich will nicht noch mehr Probleme machen.« Auf einmal war sie wieder
wie ein verlorenes Kind. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Obwohl, es ist wahrscheinlich eh egal, er muss sowieso aufhören. Weil wir kein Geld mehr haben. Wir werden eben einfach in unserem halb verfallenen Haus sitzen, ausrechnen, wie viel wir verloren haben, und sehen, wie wir weiterleben können.«
Das klang zwar ein wenig melodramatisch, aber das konnte Henry ihr kaum vorwerfen. »Kitty, bitte warte. Lass mich erklären …«
Aber die Glocke bimmelte, und die Tür fiel ins Schloss.
»Na, so was!«, rief Mrs Linnet in die Stille. Und als niemand etwas sagte, noch einmal: »Na, so was!«
»Die fängt sich schon wieder«, beschwichtigte Henry. »Wenn sie Zeit hat, zur Besinnung zu kommen. Gott weiß, was dieser Mensch in dem Haus angestellt hat. Es tut mir leid, Asad.« Er ging im Laden umher und zog die Blenden herunter. »Kannst ruhig sagen: ›Ich hab’s ja gewusst. Wir hätten was sagen sollen, auch wenn wir nur einen Verdacht hatten.‹«
»Sie haben gewusst, dass er was ausheckt?«, wollte Mrs Linnet wissen.
»Nein, nicht direkt«, wehrte Henry ab und rang die Hände. »Das war ja das Problem. Wir wussten nichts Genaues. Und was kann man schon machen? Ich meine, man kann schließlich nicht irgendwelche Gerüchte in die Welt setzen. Besonders nicht über einen wie ihn.«
»Er ist im Pub«, sagte Mrs Linnet. »Hab ihn vor zehn Minuten reingehen sehen, als ob Butter nicht schmelzen könnte.«
Asad knüpfte seine Schürze
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