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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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vermutet, dass Byron etwas sagen würde. Und jetzt war sie da und wusste nicht, was sie zu ihm sagen sollte. Sie wusste nicht mal, ob sie selbst überhaupt richtig begriff, was sie gerade erfahren hatte. Aber eins wusste sie: Sie musste ihm diese Last abnehmen.
    Sie legte ihm die Hand auf den Kopf, spürte sein vertrautes, weiches Haar. »Ich weiß alles«, flüsterte sie, »und es ist in Ordnung.« Sie zwang sich, ganz ruhig zu sprechen. »Die Leute … die Leute tun manchmal nicht das, was sie tun sollten. Aber das macht nichts. Ich liebe deinen Daddy noch immer. Und ich weiß, dass er mich geliebt hat.«
    Eine kleine Hand kam unter der Decke hervor und nahm die ihre. Isabel streichelte seine Finger.
    »Es ist egal, was du in diesen Briefen gelesen hast, Thierry. Es ändert nichts daran, wie sehr wir Daddy geliebt haben und er uns. Du darfst dir deswegen keine Sorgen mehr machen.«
    Sie machte die Augen zu. »Aber eins sollst du wissen, was ganz Wichtiges. Nichts kann so schlimm sein, dass du’s mir nicht sagen kannst. Verstehst du, Thierry? Du darfst so was nie wieder für dich behalten. Dafür bin ich schließlich da.«
    Eine etwas längere Stille senkte sich über den Raum. Draußen war es inzwischen ganz dunkel geworden. Isabel legte sich zu ihrem Sohn aufs Bett. Durchs Fenster sah sie die Sterne am Himmel leuchten wie kleine, erhellte Stecknadeln, die auf eine noch größere, gewaltige Helligkeit dahinter schließen ließen.
    Was für eine Mutter war sie, dass ihr junger Sohn glaubte,
sich nicht auf sie stützen zu können? Wie zerbrechlich, ganz mit sich selbst beschäftigt, wie egoistisch musste sie ihnen erschienen sein, dass beide Kinder glaubten, sie beschützen zu müssen?
    »Du kannst mir alles sagen«, sagte sie, fast wie zu sich selbst. Sie war vollkommen ausgelaugt, vom Kummer, vom Schock. Kurz fragte sie sich, ob sie nicht einfach hier schlafen sollte. Sie bezweifelte beinahe, es noch die Treppe rauf in ihr Zimmer zu schaffen.
    Die Stille wurde von Thierrys Stimme unterbrochen. »Ich hab ihm gesagt …«, flüsterte er, »ich hab ihm gesagt, dass ich ihn hasse.«
    Isabel war sofort hellwach. »Das ist schon in Ordnung«, sagte sie nach kurzem Überlegen. »Du hast das Recht zu sagen, was du denkst. Daddy hat das sicher verstanden. Ehrlich, ich …«
    »Nein.«
    »Thierry, Schätzchen, du kannst nicht …«
    »An dem Tag, als ich sie gesehen hab. Vor dem Konzert. Sie ist zum Haus gekommen, und ich hab sie gesehen … Dad hat so getan, als ob es nichts wäre, aber ich bin nicht blöd. Und da hab ich’s gesagt. Ich hab zu ihm gesagt, ich wünschte, er wär’ tot .«
    Er drückte sich an sie und begann heftig zu schluchzen. Seine kleinen Fäuste krallten sich in ihr T-Shirt. Isabel kniff die Augen zu, vor der Dunkelheit, vor dem finsteren Ort, an dem ihr Sohn so lange hatte verweilen müssen, und den Schrei herunterwürgend, der ihr im Hals saß, schloss sie ihr Kind ganz fest in die Arme.

ZWANZIG
    H eute war sie zweimal rausgekommen; das erste Mal, um Kräuter aus dem Gemüsegarten zu holen. Mit gesenktem Kopf war sie den Pfad entlanggegangen, in der Hand ein Sieb. Sie trug ein altes, ausgebleichtes T-Shirt und Cut-Off-Shorts. Das Haar hatte sie zu einem buschigen Knoten hochgesteckt, der aussah, als würde er sich jeden Moment auflösen. Das T-Shirt klebte ihr feucht am Oberkörper. Die Hitze hing den ganzen Tag überm See, schwül und drückend. Nur dann und wann brachte eine leichte Brise ein wenig Erleichterung.
    Im Wald war’s zwar ein bisschen kühler, aber er konnte zwischen den Bäumen sehen, wie das Haus in der Hitze flirrte. Die neuen Dachziegel glänzten in der Sonne, ganz im Gegensatz zu den alten, die mit Moos überwuchert waren. Auch die neuen Schindelbretter hoben sich von dem älteren Holz ab. Er würde das Ganze mit einer Farbe überstreichen, dann konnte man keinen Unterschied mehr erkennen. Aber selbst jetzt war unübersehbar, dass hier Qualitätsarbeit geleistet worden war. Es würde ein ganz anderes Haus sein – nach der Renovierung.
    Wenn er nach seinen eigenen Bauplänen vorging, kannte Matt McCarthy keine Abkürzungen. Er wusste die Ästhetik wirklich guter Arbeit zu würdigen, hatte über die Jahre genug Erfahrungen gesammelt, um zu wissen, dass es immer die Dinge waren, an denen man zu sparen versuchte – billigere Armaturen, ein preiswerterer Bodenbelag -, die einen hinterher verfolgten. Wenn man was echt Schönes wollte, durfte
man keine Abkürzungen nehmen. Nein,

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