Der Klang des Herzens
da los?«
Laura schaute erschrocken zu ihm auf. Dann ließ sie die Gartenschere fallen und lief mit großen Schritten, den Hund an ihrer Seite, auf das Spanische Haus zu.
Die Delancey hatte sich zwischen die Männer gedrängt, die Arme abwehrend ausgestreckt. Nicholas hielt sich ein Taschentuch an die Nase. Über sein Kinn rann Blut und tropfte auf sein hellblaues Hemd. Matt stand buchstäblich der Schaum vorm Mund, er brüllte wie ein Stier. Was er brüllte, konnte man kaum verstehen. Die idyllische Landschaft schien die Hässlichkeit dieser Szene nur noch zu unterstreichen. Mein Gott, dachte Laura, was hab ich bloß getan?
»Sie sind hier unerwünscht!«, heulte Matt. »Verschwinden Sie, bevor ich mich ganz vergesse!«
»Matt?«
Laura trat näher. Beim Klang ihrer Stimme trat er einen Schritt zurück, drehte sich um.
»Mein Gott, es tut mir so leid«, sagte sie. »Ich wollte nicht, dass du’s so erfährst.«
Der distanzierte Mann von heute früh war kaum wiederzuerkennen: Mit wilden Augen starrte er sie an, bebend vor Zorn. »Wovon zum Teufel redest du, verflucht noch mal?«
»Laura, nicht …«, warf Nicholas ein.
Aber Isabel Delancey unterbrach ihn. »Stimmt das, was er gesagt hat?«, fragte sie Matt. »Du wolltest das Haus für dich selbst? Und deshalb hast du es absichtlich demoliert?«
Es war das erste Mal, dass Laura ihren Mann wirklich erschüttert sah.
»Nein«, protestierte er, »nein – so war’s nicht. Ich wollte es schön machen.«
»Ha! Halb eingerissen haben Sie’s«, sagte Nicholas empört. »Das ist jetzt bloß noch eine Ruine.«
»Ich renoviere es!«
»Da gibt’s nicht mehr viel, das sich renovieren ließe! Ist mir ein Rätsel, dass es überhaupt noch steht!«
»Die ganze Zeit?«, fragte Isabel, starr vor Entsetzen, »deine Witze, deine Ratschläge, deine ›Hilfe‹, die Tüten mit Croissants … Und die ganze Zeit wolltest du uns aus dem Haus vertreiben?«
Matt erbleichte. »Nein, Isabel.«
Er tat einen Schritt auf die Frau zu, und Laura zuckte unwillkürlich zusammen.
»Nein, so war’s nicht. Jedenfalls nicht mehr.« Er schaute sich um, als suche er nach Beweisen. »Das große Schlafzimmer, das war ein Liebeswerk. In diesem Raum steckt Wahrheit, Schönheit. Du hast gesehen, wie viel Mühe ich mir damit gegeben habe.«
»Wie kannst du das sagen? Du hast ein riesiges Loch in die Wand geschlagen! Wie ein Wahnsinniger!« Sie machte eine ausholende Bewegung mit den Armen, um es allen zu zeigen. »Du warst kaum zu bändigen.«
»Aber das war doch wegen Byron!«, brüllte er. »Byron hat in dem Zimmer nichts zu suchen!«
Laura versuchte zu begreifen, aber das alles überstieg ihren Verstand.
»Okay«, mischte sich Nicholas ein. »Lassen wir das jetzt mal.« Er hatte sich wieder in der Hand, wischte sich mit dem
Taschentuch das Blut von der Lippe. »Dies ist ganz offensichtlich eine sehr ungewöhnliche Situation. Mrs Delancey, ich würde Ihnen raten, sich dringend zu überlegen, was Sie in Bezug auf das Haus unternehmen wollen.«
»Aber wir haben nichts mehr. Er hat unser ganzes Geld genommen.«
»Das war nicht bloß ich«, flehte Matt. »Es stimmt, am Anfang war ich nicht ganz ehrlich, aber ich hab seitdem mein Bestes getan, um es wiedergutzumachen.«
»Mrs Delancey, ich würde vorschlagen …«
»Hör nicht auf ihn, Isabel. Ich bringe alles wieder in Ordnung, wirst sehen. Hab ich nicht immer gut für dich gesorgt?«
Eine lange Stille trat ein. Laura starrte Isabel an, die ein ganz verzweifeltes Gesicht machte.
»Du hast uns ruiniert«, sagte sie leise. »Ich hab dir vertraut, und du hast dieses Haus ruiniert.«
Noch bevor sie wusste, was sie tat, trat Laura vor. »Das werde ich wiedergutmachen«, sagte sie mit klarer, lauter Stimme. »Ich werde für sämtliche Schäden, die Matt verursacht hat, aufkommen. Sie haben mein Wort.«
Sie konnte sich nicht dazu überwinden, sich bei dieser Frau zu entschuldigen, aber in ihrer Schuld stehen wollte sie noch weniger.
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, warf Nicholas ein. »Sie könnten sich überlegen, ob Sie mir das Haus nicht verkaufen wollen. Der Zustand des Hauses spielt für mich in diesem Fall keine Rolle.«
»Verkaufen?«, fragte Isabel Delancey mit einem Stirnrunzeln.
»Ja«, sagte er. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Chance gäben, mit Ihnen darüber zu reden.«
»Aber wieso will die Stadt mein Haus kaufen?« Das kapierte sie nicht.
»Die Stadt?«
Keiner sagte etwas.
»Sie meinen, Byron
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