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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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stand
eine Mädchenfigur aus Marzipan. Sie hatte eine Pagenfrisur und verfütterte silberne Kügelchen an Marzipanhühner.
    »Alles Gute zum Geburtstag, Mädel.« Er strahlte.
    »Das«, hauchte Kitty, »ist abgefahren .«
    »Handelt es sich hierbei um die derzeit gebräuchliche Ausdrucksweise von Teenagern?«
    »Ich glaube, sie freut sich«, vermutete Asad.
    »Ich kann nicht glauben, dass ihr das alles für mich gemacht habt!«
    »Nun ja«, sagte Henry und machte sich behutsamen Schrittes mit der Torte auf den Weg über den Rasen zu den Buffettischen, »man wird nur einmal sechzehn. Und von da an geht’s sowieso bloß bergab.«
     
    Zwei feinere Ensembles, zwei Jeans, ein Cocktailkleid, brandneue Spitzenunterwäsche von La Perla, ein paar vernünftige Baumwollslips für den Alltag. Boots, Halbschuhe, Joggingschuhe, ein seidenes Nachthemd und ein neuer Schlafanzug. Toilettenbeutel, Fön (mit Aufsatzdüse), ein Fotoalbum und vier Silberrahmen mit Familienfotos in Sepia. Eine Rolle Schmuck. Eine silberne Teekanne. Ein Taufbecher und ein Porzellantöpfchen, in dem sie Anthonys ersten Zahn aufbewahrte. Ein Aktenordner mit Investitionsunterlagen, Bankauszügen, Aktienzertifikaten, ihrem Pass und dem Führerschein. Die Besitzurkunde des Hauses, nur zur Sicherheit. Mehr hatte nicht hineingepasst in den Koffer. Dort drinnen steckte nun ihr Leben: in einem Samsonite der Größe sechzig mal hundertzwanzig.
    Laura saß auf dem Koffer in der Diele und nestelte an ihrer Armbanduhr herum, die Jacke auf dem Schoß. Zum x-ten Mal warf sie einen Blick aufs Ziffernblatt. Der Hund lag an der Leine und schnarchte friedlich, ohne zu merken, welch umwälzende Veränderungen ihn auf seine alten Tage erwarteten. Sie beugte sich vor und streichelte seinen seidigen Kopf. Ihre
Augen wurden feucht, und sie musste blinzeln, damit ihre Tränen nicht auf sein Fell fielen.
    Anthony wollte nicht mitkommen. Er hatte heute früh verkündet, er wolle bei seiner Oma wohnen.
    »Aber ich dachte, du kommst mit mir.«
    »Dachtest du. Ich nicht.«
    »Aber London wird dir gefallen. Ich hab doch gesagt, es wird ganz toll. Du kriegst dein eigenes Zimmer und …«
    »Ich soll weg von hier? Weg von zu Hause? Von meinen Kumpels? Nö, Mum. Das ist dein Leben, nicht meins. Ich bin alt genug, um selbst für mich zu entscheiden. Und ich bleib hier.«
    »Aber doch nicht bei deiner Großmutter, Anthony! Die macht dich doch verrückt.«
    »Dann werde ich eben bei Mrs Delancey wohnen. Sie sagt, ich kann das Gästezimmer haben, wenn mir die Unordnung im Haus nichts ausmacht. Es ist anscheinend überraschend frei geworden.«
    Isabel Delanceys Haus? »Aber was willst du denn da?« Allein bei der Vorstellung war ihr ganz übel geworden.
    »Sie ist nett. Sie lässt einen zufrieden. Sie liegt Kitty nicht dauernd in den Ohren«, hatte ihr Sohn gesagt. Er hatte mal wieder seine Wollmütze aufgehabt, obwohl es draußen sechsundzwanzig Grad waren.
    Falls er sie damit verletzen wollte, so war ihm das gelungen. Jetzt wusste Laura, wie sehr sie diese Frau hasste. Die hatte ihr nicht nur mühelos den Mann gestohlen, sondern jetzt auch noch den Sohn.
    »Weißt du denn nicht, dass sie mit deinem Vater schläft?«, hatte sie aufgebracht gerufen. Diese Ungerechtigkeit war einfach zu viel für sie gewesen.
    Seine Verachtung war wie eine Ohrfeige. »Wie bist du denn drauf? Blödsinn«, hatte er gehöhnt. »Du warst doch dabei. Du hast doch gehört, was er mit ihrem Haus gemacht
hat. Sie kann Dad nicht ausstehen.« Er hatte freudlos gelacht. »Der hat sie nicht auf den Tisch geworfen, der hat sie höchstens über den Tisch gezogen.«
    »Anthony!«
    »Weißt du was? Es hat mich immer genervt, wenn Dad behauptet hat, du bist paranoid. Aber vielleicht hat er ja gar nicht so unrecht.«
    Als sie protestieren wollte, hatte er nur die Hand gehoben und sich an ihr vorbeigedrängt, nach draußen.
    »Ruf an, wenn du mal wieder in der Gegend bist. Ich glaube nicht, dass ich so schnell nach London komme.«
    Seine Schritte waren knirschend über den Kies verschwunden, und sie hatte ein würgendes Schluchzen unterdrücken müssen.
    Er wird sich wieder beruhigen. Er wird es sich anders überlegen, redete sie sich entschlossen ein und rückte die verbliebenen Fotos, die auf dem Dielenschränkchen standen, zurecht. Ein paar Wochen Hin- und Herpendeln zwischen Großmutter und Vater würden ihn schon zur Vernunft bringen. Daran, dass er möglicherweise ins Spanische Haus würde einziehen können, durfte sie

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