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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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restlichen fünf Minuten zu Fuß ins Dorf.
    »Ach, hallo, da bist du ja wieder«, wurde sie freundlich von dem großen Schwarzen im Laden begrüßt. »Habt ihr gut hingefunden?«
    »Allerdings.«
    Kitty konnte ihre bittere Enttäuschung nicht verbergen. Sie nahm einen Einkaufskorb und begann, sich in dem netten kleinen Laden umzusehen. Hier war’s schön warm, und es roch gut nach Obst und frischem Brot.
    »Nicht ganz das, was ihr erwartet habt, hm?«
    Sie wusste nicht, ob sie sich über diese Bemerkung ärgern sollte, über die darin kaum verborgene Andeutung, er habe es besser gewusst, doch sein Ton war so sanft, so gütig, dass sie verzweifelt herausplatzte: »Es ist einfach schrecklich. Fürchterlich! Ich kann nicht glauben, dass da jemand gewohnt hat.«
    Er nickte mitfühlend. »An Tagen wie diesen sehen die
Dinge immer besonders schlimm aus. Wenn die Sonne rauskommt, wird alles besser, wirst sehen. Das gilt übrigens auch für uns Menschen. Warte.« Er nahm ihr den Einkaufskorb ab. »Komm, setz dich. Ich werde Henry bitten, uns einen Tee zu machen.«
    »Ach, nein! Nein, danke.« Kitty musste sofort an irgendwelche Horrorstorys von entführten Teenagern denken und fragte sich unwillkürlich, was er wohl bezweckte. Sie kannte diese Leute ja überhaupt nicht. In London wäre es ihr nicht mal im Traum eingefallen, sich in einem Laden etwas vom Besitzer anbieten zu lassen. »Ich sollte … ich muss …«
    »Ach, hallo.« Nun tauchte auch der andere Mann aus dem Hinterzimmer auf. »Wie läuft’s? Können wir irgendwie helfen? Ihr könnt hier auch was bestellen. Alles, was ihr wollt. Gummistiefel, Regenmäntel … Wie ich höre, könnt ihr das dort gebrauchen.« Er sagte es freundlich und senkte nun verschwörerisch die Stimme, obwohl außer ihnen niemand im Laden war. »Wir haben übrigens ausgezeichnete Mausefallen hier. Die töten die kleinen Racker nicht, da drin werden sie lediglich gefangen. Dann fährst du mit ihnen ein paar Kilometer weit raus und lässt sie in der freien Wildbahn laufen.« Er kräuselte die Nase. »Ist wie eine Art Forschungsexpedition für die Viecher. Saga für Nagetiere.«
    Kitty schaute zu dem ersten Mann auf, der soeben Streichhölzer und Kerzen in ihren Einkaufskorb legte. Sie musste an den Heimweg über diesen schrecklichen Weg denken. An ihren Vater und daran, wie er ihr ins Lenkrad gegriffen hatte, wenn sie einen Fehler machte. Sie wäre während dieser Fahrt mehrmals beinahe in Tränen ausgebrochen.
    »Der erste Korb geht auf uns«, verkündete Henry. »Ein Geschenk zum Einzug, nicht wahr, Asad? Aber du musst uns dafür versprechen, mindestens dreimal pro Woche in den Laden zu kommen und uns alles haarklein zu erzählen …« Er zwinkerte ihr schelmisch zu.

    Sein Freund Asad schaute ihm über die Schulter. »Und Henry zuhören und dem Tratsch, den er für die hiesigen Lokalnachrichten hält.«
    »Du bist ja so gemein.«
    Kitty lächelte schwach, vielleicht zum ersten Mal an diesem Tag. Sie setzte sich.
    »Ach, eine Tasse Tee wäre eigentlich ganz schön«, sagte sie.
     
    »Hach, das ist so romantisch«, schwärmte Henry etwas später, als sie den Laden zumachten. »Eine Witwe, Armut, Geigen … bisschen interessanter als die Letzten, die hierhergezogen sind, diese Allensons.«
    »Jeder ist in gewisser Hinsicht ein Gewinn fürs Dorf, Henry.«
    »Na ja.« Henry drehte den Schlüssel zweimal um und drückte dann sicherheitshalber noch mal die Türklinke runter. »Trotzdem frage ich mich, wie’s ihnen wohl dort draußen ergehen wird. Mit diesem McCarthy als Nachbarn.«
    »Du willst doch nicht andeuten …«
    »I wo. Ich glaube nicht, dass er irgendwas tun wird, aber es könnte schon sein, dass es ihnen da draußen ein bisschen einsam wird. Ein so großes Haus, mitten im Nirgendwo.«
    »Umso dankbarer bin ich für unser nettes Cottage.«
    »Und die Zentralheizung.«
    »Und dich.«
    Sie spähten den Hügel hinauf, auf dem sich eine Reihe windschiefer Tannen vor dem dunklen Horizont abzeichnete und wo die Straße verschwand, die Kitty genommen hatte. Asad bot Henry seinen Arm, und Henry hakte sich bei ihm unter. Gemeinsam schlugen sie den Weg zu ihrem Zuhause ein.
     
    In einer bestimmten Jahreszeit, wenn die Laubbäume ihre Blätter abgeworfen hatten und nur noch die Tannen im Grün
standen, war es möglich, von den McCarthys aus das Große Haus durch die Bäume zu erkennen. Matt stand mit einem Glas Whisky am Fenster und starrte düster auf das Licht, das in einem der oberen Fenster

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