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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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reinste Wrack. Obwohl – ich finde, wenn sie sich ab und zu ein wenig mehr Mühe mit ihrem Äußeren gegeben hätte, wäre er vielleicht gar nicht erst fremdgegangen …«
    »Sie hat nach der letzten Schwangerschaft fürchterlich zugenommen.«
    Laura klinkte sich aus. Ein ausgeprägtes Moralempfinden –
und vielleicht auch ein Schuss Selbstschutz – veranlassten sie, an Gesprächen wie diesen so gut wie nie teilzunehmen. Den »Klatschrunden«, wie sie sie insgeheim nannte – eine Lieblingsbeschäftigung der örtlichen Hausfrauen. Zufrieden schaute sie sich in ihrem Wohnzimmer um. Alles, wie es sein sollte, geschmackvoll, sauber. Die Pfingstrosen machten sich ausgesprochen gut in der chinesischen Vase. Ein Geschenk ihrer Eltern – sie hatte früher auf dem Kaminsims gestanden; Laura konnte es noch vor sich sehen. Sie hatte sich gegen Lilien entschieden, da deren Duft ihr zu kräftig gewesen wäre.
    Matt bemerkte solche Dinge nie. Er merkte immer nur, wenn etwas fehlte – ihre rebellischen Momente, wie sie sie insgeheim nannte. Wenn er dreimal hintereinander abends zu spät heimkam, dann sorgte sie dafür, dass er keine sauberen Socken mehr hatte. Oder sie nahm ihm seine Lieblingssendungen nicht auf. Er verließ dann gewöhnlich am nächsten Morgen kopfschüttelnd das Haus und brummte vor sich hin, dass er die Welt nicht mehr verstehe. So würde es sein, wenn du mich nicht hättest, teilte sie ihm dann stumm mit. Deine Welt stünde auf dem Kopf. Nichts mehr wäre, wie du es gewöhnt bist, wie du es magst.
    »Wann wollte sie denn kommen, Laura?«
    Laura zwang sich, ins Hier und Jetzt zurückzukehren. Hazels Kaffeetasse war fast leer, wie sie bemerkte. Sie erhob sich, um eine frische Kanne zu machen. »Zwischen zehn und halb elf, habe ich gesagt.«
    »Es ist schon fast elf«, bemerkte Annette pikiert.
    »Vielleicht hat sie sich verirrt«, sagte Michelle grinsend.
    »Das kurze Stück? Wohl kaum.« Annettes Ton verriet genau, was sie dachte. »Also ich finde es unhöflich, sich zu verspäten.«
    Laura war sich gar nicht sicher, ob sie überhaupt kommen würde.
    »Ein Kaffeeklatsch?«, hatte Isabel Delancey verwirrt gefragt,
als Laura vor zwei Tagen bei ihr an die Tür geklopft hatte.
    »Nur ein paar Nachbarinnen. Als kleine Begrüßung, sozusagen. Die meisten haben auch Kinder.«
    Es war seltsam, jemand anderen in Mr Pottisworths Haus zu sehen, in ihrem Haus. Aber noch seltsamer war die Frau selbst, fand Laura. Es war fast halb zehn, und sie hatte immer noch ihren Schlafrock an, einen gelben Männer-Schlafrock aus Seide. Die langen Haare standen wild nach allen Seiten ab, als hätten sie wochenlang keine Bürste mehr gesehen. Mrs Delanceys Augen waren rot und geschwollen – vielleicht hatte sie geweint, vielleicht aber auch nur schlecht geschlafen.
    »Danke«, hatte sie nach kurzem Schweigen gesagt. »Das ist … das ist sehr nett. Was soll ich machen?«
    Laura konnte hinter ihr einen Wäscheständer erkennen, auf dem sich feuchte, knittrige Wäsche türmte. Alles hatte einen rosa Stich, als wäre eine rote Socke dazwischengeraten. »Wie meinen Sie das?«
    »Nun, zu dem Kaffeeklatsch. Soll ich was spielen?«
    Laura blinzelte verwirrt. »Spielen? Nein, Sie müssen nur kommen. Bloß keine Umstände, es ist ein ganz formloses Beisammensein. Damit wir uns mal kennenlernen. Hier draußen ist es ja ziemlich einsam.«
    Die Frau hatte zu den verfallenen Wirtschaftsgebäuden hinübergeschaut, dann auf den stillen See. Laura hatte das Gefühl gehabt, dass sie genau das mochte.
    »Danke«, sagte Isabel schließlich. »Nett, dass Sie mich einladen.«
    Laura hatte sie gar nicht einladen wollen. Zwar ließ sie es sich Matt gegenüber nicht anmerken – sie war der Meinung, dass es sinnlos war, sich über etwas aufzuregen, was man doch nicht ändern konnte -, aber sie hasste die neue Nachbarin fast ebenso wie Matt. Dass die Frau aus London kam und keinerlei Bezug zu dem Haus und der Gegend hatte, machte alles nur
noch schlimmer. Aber jetzt wollte Matt auf einmal, dass sie sich mit ihr anfreundete. »Führ sie ein bisschen rum, zeig ihr die Gegend. Lernt euch kennen«, hatte er sie gedrängt.
    »Aber vielleicht mögen wir uns ja gar nicht. Die Vettern sagen, sie ist ein bisschen … anders.«
    »Ich finde sie ganz okay. Sie hat Kinder. Das habt ihr schon mal gemeinsam. Noblesse oblige und so weiter, du verstehst?«
    »Nein, ich verstehe nicht, Matt«, hatte sie protestiert. »Letzte Woche wolltest du sie nicht mal sehen, und jetzt

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