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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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erreichten Monatsplänen. Derek wurde immer gereizter – man hatte ihn wieder mal bei der Beförderung zum Bezirksleiter übergangen – und ließ seinen Frust an ihm und den anderen aus. Er scheuchte alle wie die Hühner herum und ließ sich pausenlos Kaffee bringen. Nicholas wurde weiterhin zum Flugblätterverteilen verdonnert, aber das machte ihm mittlerweile nichts mehr aus – im Gegenteil, er war froh, der dicken Luft im Büro, den kleinlichen Eifersüchteleien und Streitereien zwischen den Kollegen eine Zeit lang zu entkommen, um draußen ungestört seinen Gedanken nachhängen zu können. Sein Verstand surrte, sein Kopf steckte auf einmal voller Ideen.
    »Wieso haben gerade Sie so gute Laune?«, fragte Charlotte ihn gelegentlich erbost, als wolle er sie damit ärgern.
    Zwölf Energiesparhäuser mit Solardächern und Abwasserheizung, hätte er dann am liebsten geantwortet. Fünf Villen mit jeweils gut viertausend Quadratmetern Grundstück. Ein Luxus-Apartmentblock mit Glasfronten und atemberaubendem Seeblick. So viele Möglichkeiten, so viel Potenzial. Und alles hing einzig und allein davon ab, ob die Witwe bereit war zu verkaufen oder nicht.
    Du warst mal ein Verkaufsgenie, sagte er sich, während das Ortsschild von Little Barton vor ihm auftauchte und er die Geschwindigkeit drosselte. Früher hättest du Eiswürfel an Eskimos
verkaufen können. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass du hier versagen solltest. Du musst es nur geschickt anstellen. Nicht zu viel Interesse zeigen, sonst meint der Kunde, er hätte eine Goldmine an der Hand. Aber auch nicht zu wenig bieten, sonst ist er so beleidigt, dass er zu keinem Preis mehr an dich verkaufen will.
    Es hat keinen Zweck, alle Hoffnung auf ein einziges Objekt zu setzen, schärfte er sich ein, egal wie toll es sein mag. Das wusste er besser als jeder andere. Das führte nur in den Ruin. Im Dorf fuhr er kurz an den Straßenrand und rang mit sich. Nein, bloß kein Übereifer. Er würde heute noch nicht zu dem Haus hinfahren. Erst würde er versuchen, ein wenig mehr herauszufinden, würde vielleicht ein bisschen rumfahren, einen Blick in die Schaufenster der hiesigen Maklerbüros werfen. Immerhin war diese Gegend im Kommen. Klapprige alte Scheunen wurden zu Luxuswohnungen umgebaut, alte, baufällige Cottages zu Einfamilienhäusern. Die Nachfrage war im Steigen begriffen. Erst würde er alle sich bietenden Möglichkeiten ausloten. Er würde mit dem Verstand und nicht mit dem Herzen handeln. Was er vor allem anderen fürchtete, war, sich zu große Hoffnungen zu machen, nur um hinterher umso bitterer enttäuscht zu werden. Nein, das hätte er nicht ertragen können.
    Nicholas Trent blieb minutenlang im Auto sitzen und überlegte. Dann stieg er aus.
     
    »Was dieser Mann tut, ist schlicht unmoralisch.«
    »Das kannst du nicht wissen, Asad. Du hast keine Beweise.«
    »Beweise!« Asad schnaubte. Er war gerade dabei, die frisch eingetroffenen Paprikaschoten in säuberlichen Reihen anzuordnen: rot, gelb, grün. »Es ist offensichtlich, dass der Mann das ganze Haus von innen einreißt! Erwähne seine Arbeit dort mal Mrs McCarthy gegenüber, und du wirst sehen: Sie wird so
rot wie die hier!« Er hielt eine rote Paprika hoch. »Sie weiß genau, was er macht. Vielleicht haben sie den Plan sogar zusammen ausgeheckt.«
    »Dass Mrs McCarthy verlegen wird, beweist noch gar nichts. Vielleicht ist das Haus an sich ja ein heikles Thema für sie. Nachdem sie sich so um den alten Knaben gekümmert hat – ohne auch nur irgendwas dafür zu bekommen.« Henry schüttelte den Kopf. »Nein, es gibt alle möglichen Gründe, warum Laura McCarthy bei der Erwähnung ihres Mannes verlegen wird. Das weißt du ebenso gut wie ich.«
    »Ich weiß, was ich weiß. Und du auch. Was dieser Mann da macht, ist Raub. Er bestiehlt Mrs Delancey. Und er tut es mit einem Lächeln im Gesicht, gibt sich als barmherziger Samariter aus.«
    Die Sonne fiel durch die Schaufenster hinein und ließ die Schnittblumen erstrahlen, die draußen in Eimern vor dem kleinen Laden standen und sich sanft in der Frühlingsbrise wiegten – Vorboten des Sommers. Aber die Pfingstrosen und Freesien, durch die blitzblanken Scheiben deutlich zu sehen, und die Hyazinthen, die in kleinen Töpfen auf den Fenstersimsen standen, passten nicht zu der angespannten Stimmung im Innern des Ladens. Asad richtete sich auf. Henry, der ihn heimlich beobachtete, hielt nach Anzeichen von Kurzatmigkeit Ausschau. Die Heuschnupfensaison nahte, immer eine

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