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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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Schanzkleides schlug ihm eisige Kälte entgegen. Erschrocken über die plötzlich extrem abgefallene Außentemperatur beobachtete er beim Ausatmen, wie eine weiße Wolke vor seinem Gesicht erschien und sich dann in der Dunkelheit auflöste. Fröstelnd knöpfte er seine Anzugjacke zu und schlug den Kragen hoch. Seine Hände schob er tief in die Taschen seiner Hose.
    Trotz all der Ablenkung, die er den ganzen Tag über gesucht hatte, hatte er die ganze Zeit über eine nagende Unruhe in sich verspürt. Norah und die kleine Katie gingen ihm nicht aus dem Sinn, und nun, da er allein auf dem Deck stand, um ihn herum alles still war und die Sterne am schwarzen Himmel funkelten, überfiel ihn die Angst um die beiden erneut mit Macht.
    Hinter ihm trat jemand an Deck, und Richard, der direkt vor der Tür stand, wich einen Schritt zur Seite, um Pater Thomas Byles Platz zu machen. Der Geistliche reagierte ebenso erschrocken über die frostige Luft wie Richard zuvor. Er nahm seine sofort beschlagende Brille ab und wischte sie an seinem schwarzen Mantel trocken.
    Richard hatte bereits am Vortag eine angeregte Unterhaltung mit dem Pater genossen, der ihm freimütig erzählt hatte, dass er nach seinem Theologiestudium in Oxford zum katholischen Glauben übergetreten war. In diesem Moment war Richard froh über die Anwesenheit des Paters, würde er ihn doch von seiner hilflosen Untätigkeit ablenken, die ihn fast schon in Wut versetzte.
    „Wann ist es so kalt geworden?“, begann Richard ein Gespräch mit dem sympathischen Mann.
    „Das geht in diesen Breitengraden manchmal sehr schnell, Mr Martin. Es gab wohl Eisbergwarnungen von anderen Schiffen, wie ich gehört habe.“
    „So weit südlich?“, wunderte sich Richard.
    „Es gibt immer wieder Jahre, in denen die Eisflächen auf dem Nordatlantik weiter in die Schifffahrtsrouten hineingelangen als sonst. Deshalb halte ich den von Mr Marconi erfundenen drahtlosen Funktelegrafen für eine sinnvolle Anschaffung. So können die Schiffe gegenseitig Eisbergwarnungen ausgeben und die Kapitäne entsprechend die Geschwindigkeit verringern und eine Route noch weiter südlich wählen.“
    Richard beugte sich weit über die quadratische Luke im Schanzkleid hinaus und betrachtete die weiß schäumende Bugwelle. Er bezweifelte, dass Kapitän Smith die Reisegeschwindigkeit gedrosselt hatte. Allerdings war er kein erfahrener Seemann, der das mit Gewissheit behaupten könnte.
    Er ließ seinen Blick über die schwarze Fläche des Ozeans wandern. Die Sterne, die sich im Wasser spiegelten, erinnerten ihn an das Funkeln in Norahs Augen. Er dachte so gern an ihr fröhliches Lachen und die lustigen Grübchen in ihren Wangen, doch die Sorge um ihre Sicherheit überschattete gleichzeitig seine Erinnerungen. Mit dem Blick zu den außergewöhnlich hell blinkenden Sternen am schwarzen Himmelszelt wagte er es, Gott in einem Stoßgebet um Schutz für Norah, Katie und ihre anderen Freunde in Belfast zu bitten.
    Schließlich wandte er sich vom Meer ab und schlenderte in Begleitung des Geistlichen bis zu der Absperrung, die das Promenadendeck der zweiten Klasse vom Achterdeck der dritten Klasse trennte. Hier vertraten sich einige Paare die Beine oder bewunderten gemeinsam den atemberaubenden Sternenhimmel. Dazu hatten sie sich angesichts der niederen Temperatur in Jacken, Mäntel und warme Tücher gehüllt. Bei ihrem Anblick wurde Richard bewusst, dass er vor Kälte zitterte.
    „Ich verabschiede mich für heute, Pater Byles.“
    Der Mann nickte und reichte ihm die Hand. „Es ist zu kalt für einen gemütlichen Spaziergang. Wir sehen uns morgen beim Frühstück, Mr Martin.“
    „Ich freue mich auf weitere Unterhaltungen mit Ihnen.“
    Richard machte sich eilig auf den Weg zurück in das warme, geschützte Innere des Schiffs. In den Korridoren der zweiten Klasse war es still geworden. Die meisten Passagiere schliefen bereits, ausgenommen Mrs Hart, die vermutlich gemeinsam mit den wenigen wachhabenden Offizieren und Matrosen und natürlich den unermüdlich arbeitenden Menschen tief unten im Bauch des Schiffes die Nacht wach verbrachte.
    Mit einem Blick auf seine Taschenuhr, die er auf die Ablage der dunklen Kommode neben seinem Bett legte, stellte er fest, dass es kurz vor 23:00 Uhr war.
    Richard erwachte plötzlich und strich sich müde mit beiden Händen über das Gesicht. Er konnte noch nicht lange geschlafen haben, befand er und tastete nach dem Lichtschalter. Die Lampe flackerte kurz auf, ehe sie richtig

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