Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Jan, Kjell und ich arbeiteten. Uns fiel nicht auf, dass Raoul nicht da war.«
»W ie viel Zeit verging zwischen dem Auffinden der Leiche durch Kjell Nilsson und Ihrem Anruf?«
Louise dachte einen Augenblick nach. »Ich vermute, eine Viertelstunde oder zwanzig Minuten.«
»W as geschah in dieser Zeit?«
»Als ich hörte, Raoul sei tot, rannte ich natürlich sofort nach unten, um mich zu vergewissern. Es war furchtbar, ihn tot daliegen zu sehen. Ein Schock. Ich kenne Raoul seit fast dreißig Jahren. Wir standen uns sehr nahe.«
»Hatten Sie eine Beziehung?«
Louise ließ ein trockenes Lachen erklingen. Ihre Augen lachten jedoch nicht.
»Ausgeschlossen. Das ist wirklich vollkommen ausgeschlossen.«
Vendela schluckte und schaute zu Boden. Louise wartete, bis die anderen beiden diese Information verarbeitet hatten, und fuhr dann fort: »Ich muss das vielleicht näher erklären. Wir hatten eine Beziehung, eine sehr enge freundschaftliche Beziehung. Wir waren fast so etwas wie Geschwister. Aber ich hätte nie eine Affäre mit ihm haben können. Männer haben mich in dieser Hinsicht nie interessiert.«
»Sein Tod war also ein schwerer Schlag für Sie?«
»Ich dachte, ich hätte das eben schon erklärt. Einer der Menschen, der mir auf dieser Welt am nächsten stand, ist tot. Das erfüllt mich mit unerträglicher Trauer, mit der ich mich wegen polizeilicher Ermittlungen nicht auseinandersetzen kann.«
»Ich verstehe«, erwiderte Ebba.
Louise lehnte sich zurück und musterte die Kommissarin.
»Darf ich fragen, wozu diese polizeiliche Ermittlung überhaupt nötig ist? Ich bin mit diesen Praktiken nicht vertraut, aber ich vermute, dass es in erster Linie dann zu einer Ermittlung kommt, wenn es ernsthafte Anhaltspunkte gibt, dass ein Tod … keine natürlichen Ursachen hat?«
»W ir behandeln den Todesfall als verdächtig, solange gewisse Fragen nicht geklärt sind.«
»W as soll das genau heißen?«
»Ich meine verdächtig und gebrauche so lange ungern andere Ausdrücke, bis ich Genaueres weiß.«
Ein Augenblinzeln war Louises einzige Erwiderung. Ebba betrachtete sie. Ihre Hände lagen entspannt in ihrem Schoß. Sie hätte irgendein Zeichen der Nervosität erwartet, ein Herumfingern am Pulloverbund, ein Wippen mit dem Fuß, eine Beschleunigung der Atmung. Aber Louise wirkte vollkommen gelassen.
»Ich würde gerne wissen, wie die anderen auf den Todesfall reagiert haben«, fuhr Ebba fort. »Kam es zu Aggressionen, Frustration, Zorn?«
»Sie haben sicher des Öfteren mit derartigen Todesfällen zu tun und haben erlebt, wie die Angehörigen reagieren. Natürlich waren wir entsetzt, aber das muss in diesem Zusammenhang fast als natürlich gelten. Alle kannten Raoul schließlich auf ihre Art. Für mich war er so etwas wie ein Bruder, Anna war einmal mit ihm verlobt, Helena … verstand sich, glaube ich, auch gut mit ihm, und Caroline war natürlich schockiert, ihn tot daliegen zu sehen. Wir hatten einige intensive Arbeitstage hier auf der Insel hinter uns, und da kommt man sich nahe. Eben spielt man noch zusammen, und plötzlich liegt einer von uns tot da.«
Ebba wartete etwas ab, um zu sehen, wie sich Louise verhielt, wenn man ihr Zeit ließ. Louise erfüllte ihre Erwartung, indem sie ihr Schweigen mit einem angemessen gefühlvollen Gesichtsausdruck ergänzte.
»Ja, es kam zu Tränen und Geschrei. Verzweiflung. Reicht Ihnen das als Beschreibung? Es steht mir kein Urteil über meine Freunde und Kollegen zu. Ich hatte genug mit meinem eigenen Schmerz zu tun und machte mir keine Gedanken über das Benehmen der anderen. Da müssen Sie sie schon selbst fragen.«
»V on wem erhielten Sie die Nachricht?«
»Kjell kam ins Haus gerannt und rief nach mir. Ich war in meinem Zimmer. Ich bekomme manchmal Migräneanfälle. Ich ruhte mich auf dem Bett aus, war allerdings gerade von einem lauten Schrei von draußen geweckt worden.«
»W er hatte geschrien?«
»Caroline, wie ich später erfuhr.«
Ebba bedeutete ihr, fortzufahren.
»Da war mir klar, dass etwas nicht stimmte. Ich ging also nach unten, um nachzuschauen. Kjell hatte die Haustür offen stehen gelassen, und ich sah weiter unten auf dem Wiesenhang Richtung Sauna jemanden auf dem Rücken liegen. Es war dunkel, aber der Weg zum Steg wird von Laternen erleuchtet.«
»Sie trafen sich also alle unten am Steg?«
»Ja.«
»W as taten Sie, bis der Hubschrauber eintraf?«
»Ich ging wieder hoch in mein Zimmer.«
»Aber erst sprachen Sie noch mit den anderen?«
»Ich
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