Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
wenige Stunden her. Wir haben seither hier gewacht.« Jakob wirkte etwas ratlos. »W ar das falsch?«
»Das klingt doch plausibel«, flüsterte Vendela und machte eine Miene, als würde sie von ihrer Chefin ein Donnerwetter erwarten, aber das Donnerwetter blieb aus.
»Guten Morgen«, hörte Ebba eine Stimme hinter sich und drehte sich rasch um. Louise stand in der Diele. Sie trug den gleichen Pullover wie Ebba, allerdings beige. Falls ihr dies unangenehm war, so ließ sie es sich nicht anmerken.
Ebba meinte: »W ir haben offenbar denselben Geschmack, was Pullover angeht.«
»Sie sind doch wohl nicht hergekommen, um über Mode zu sprechen. Lassen Sie uns direkt zur Sache kommen.«
Ebba lächelte und deutete auf Vendela.
»Das hier ist Vendela Smythe-Fleming. Sie wird mich bei den ersten Befragungen unterstützen.«
Vendela reichte Louise die Hand.
»Eine Smythe-Fleming. Wie interessant. Das sieht man«, meinte Louise anerkennend und mit einem festen Händedruck. Vendela sah Louise an und erntete einen durchdringenden Blick. Unerwartet starke Emotionen bemächtigten sich ihrer. Ein Gefühl der Hitze strömte von der Magengegend in den ganzen Körper und trieb ihr die Röte in die Wangen. Es war ihr nicht möglich, ihren Blick von Louises Augen loszureißen. Stattdessen schaute Louise weg und übernahm das Kommando.
»Sie leiten also die Nachforschungen?«
Ebba war mindestens fünfzehn Zentimeter größer als Louise. Aber etwas an Louises kühler Sicherheit forderte Ebba heraus. Kam sie sich wirklich plötzlich kleiner vor? Das war sie nicht gewohnt. Die zierliche Frau vor ihr strahlte eine ungewöhnliche Selbstkontrolle aus. Ebba fragte sich, warum sie das störte, warum sie das überhaupt für ein Problem hielt.
»Ich habe einen Wunsch, dessen Erfüllung uns allen das Leben in dieser schweren Situation erleichtern könnte«, sagte sie. »Da wir unsere Arbeit nicht in unserer Dienststelle erledigen können, hätte ich gerne einen Raum, in dem ich meine Gespräche mit Ihnen führen kann. Haben Sie die Möglichkeit, uns ein Zimmer zur Verfügung zu stellen?«
»Natürlich. Wir sind genauso interessiert daran wie Sie, dass das alles so glatt und schnell wie möglich über die Bühne geht.«
»Danke.«
»Folgen Sie mir«, sagte Louise und drehte sich um. Sie gingen durch eine Tür, die in den rechten Teil des Hauses führte, den neuen Pavillon. Zumindest war er vor fünfzig Jahren neu gewesen. Im Korridor war es recht kalt. Wahrscheinlich werden nur Teile des Hauses im Herbst benutzt, dachte Vendela fröstelnd. Hinter einer Flügeltür lag ein helles Büro mit klassizistischen Möbeln aus den 20er-Jahren. Vor dem Fenster hing eine dünne, helle Baumwollgardine mit einem diskreten Tulpenmuster. Die weißen Wänden zierten zwei goldgerahmte Landschaften in Öl, die angesichts der übrigen Einrichtung etwas schwer wirkten.
Louise drehte den Heizkörper auf. »Das hier war im Sommer immer das Büro meines Großvaters«, erklärte sie. »Die Familie hatte Ferien und er arbeitete.«
Und seither hat niemand mehr Staub gewischt, dachte Vendela und versuchte wie beim Tauchen, nicht durch die Nase zu atmen, dieses Mal allerdings, um keinen Staub einzuatmen.
»W äre dieser Raum geeignet?«, fragte Louise mit einer ausholenden Handbewegung.
»Ausgezeichnet«, erwiderte Ebba.
Einen Moment lang herrschte eine gewisse Verwirrung, als die Rollen vertauscht wurden und Ebba das Kommando in Louises Haus übernahm.
»Dürfte ich Sie bitten, einen Augenblick Platz zu nehmen«, sagte Ebba freundlich, um für eine entspanntere Stimmung zu sorgen. »Ich bräuchte einige Informationen für meine weitere Planung.« Sie bedeutete Vendela mit einem Nicken, einen der Mahagonistühle von der Wand heranzuziehen.
Louise nahm Platz, und Ebba setzte sich auf den schweren, drehbaren Bürostuhl hinter dem Schreibtisch. Vendela zog einen weiteren Stuhl heran und nahm auf dem grün-weiß gestreiften Polster Platz.
»Ich muss in Fällen wie diesem mit einer Standardfrage beginnen. Ich weiß, dass ich Ihnen diese Frage gestern schon einmal gestellt habe, aber jetzt stelle ich sie gewissermaßen offiziell. Was wissen Sie über den Tod von Raoul Liebeskind?«, begann Ebba und sah Louise an.
»Kjell sah ihn im Wasser treiben. Ich vermute, dass Raoul ertrunken ist.«
»Sie haben den Todesfall gemeldet«, fuhr Ebba fort, und Louise nickte. »W ann fiel Ihnen seine Abwesenheit auf?«
»W ir befanden uns am Abend nicht alle am gleichen Ort.
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