Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
sagte.
»W ie kannst du nur so kalt sein, Helena? Wie kannst du das nur auf die leichte Schulter nehmen? Ausgerechnet du?«
Helena blinzelte nervös und schob sich dann näher an Caroline heran, um besser zu ihr durchzudringen. Aus den Augenwinkeln nahm sie Louises Angespanntheit wahr.
»Ich will im Augenblick nicht darüber sprechen. Okay?« Caroline befreite ihre Hand aus der Umklammerung ihrer Schwester und presste mit trotziger Miene die Faust vor den Mund.
»Du glaubst, ich sei eine eiskalte Person. Ich verstehe das.« Helena sah Caroline weiterhin durchdringend an. »Ich bin nicht kalt. Glaub das bloß nicht. Ich brenne innerlich, ich bin genauso … «
Ihre Stimme versagte, aber dann fing sie sich wieder. Flüsternd fuhr sie fort: »Ich leide auch. Und das weißt du. Aber das ist eine private Trauer. Verstehst du mich?« Sie hielt kurz inne. »Caroline, das ist jetzt wichtig. Du darfst mit niemandem über das sprechen, was du gestern erfahren hast. Das fällt in meinen Verantwortungsbereich, und ich entscheide, was ich erzähle und was nicht. Damit hast du überhaupt nichts zu tun. Wenn die Polizei dich fragt, dann weißt du, was du zu antworten hast, nicht wahr?«
»Ich weiß genau, was ich zu antworten habe«, murmelte Caroline und wich ganz langsam zurück. Sie klammerte sich an ihrem Stuhl fest und begann langsam, den Oberkörper hin- und herzuwiegen. Großer Schmerz erfasste sie und sie, öffnete den Mund zu einem lautlosen Schrei.
Louise trat einen Schritt auf sie zu. »Nein, Caroline. Tu das nicht. Du darfst dir nicht solche Vorwürfe machen. Wir stehen dir bei. Du bist nicht allein. Aber niemand kann die Uhr zurückdrehen, das weißt du. Uns bleibt jetzt nur, die nächsten Tage zu überstehen und zusammenzuhalten.«
Helena drehte sich zu Louise um. Sie traute ihren Ohren nicht. Louise ließ sich aber nicht aus dem Konzept bringen. »Du willst meine Worte vielleicht nicht hören, aber ich spreche sie trotzdem aus.« Caroline hielt in der Bewegung inne, und sah Louise an. Sie hatte die Schultern immer noch verkrampft. Louise machte eine kurze Pause, dann setzte sie von Neuem an. Nun klangen ihre Worte inniger.
»Ich liebe dich, Caroline. Ich liebe dich immer noch. Ich würde alles für dich tun, wie ich dir schon gestern versichert habe. Und ich meine wirklich alles. Verstehst du?«
Caroline stiegen Tränen in die Augen.
»Sag das nicht, Louise. Ich kann das im Augenblick nicht hören.«
Helena fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Sie musste sich sehr beherrschen. Sie sah Louise überaus missbilligend an. Louise schüttelte den Kopf und öffnete den Mund, um sich weiter zu erklären, aber Helena kam ihr zuvor: »Es reicht. Es ist nicht nötig, noch mehr Gefühle aufzuwühlen.« Sie sah Louise scharf an. Diese wandte demonstrativ den Blick ab.
»Lasst mich einfach in Ruhe«, flüsterte Caroline. »Louise … ich ertrage deine Großzügigkeit nicht. Es geht mir so schlecht. Ich habe so viel falsch gemacht … ich habe dich so verletzt. Aber diese Fürsorge kann ich nicht ertragen. Ich kann es nicht.«
Die Tür ging wieder auf, und Anna kam mit schweren Schritten die Küchentreppe herunter. Louise und Helena sahen sich an, Caroline schaute zu Boden. Die Stille war so unvermittelt, dass Anna aufschreckte.
»Bitte?«, fragte sie verwirrt. »W orüber habt ihr gesprochen?«
Niemand antwortete. Caroline stand auf, um sich ins Studio zu begeben. Louise streckte ihre gesunde Hand aus, wollte sie aufhalten, aber Caroline wich ihr aus.
Anna goss sich einen Kaffee ein. Sie schien ganz und gar in ihre eigene Trauer versunken zu sein und machte keinerlei Anstalten, sich mit den anderen zu unterhalten. Mit einem raschen Blick über die Schulter stellte Helena fest, dass ihr die Spannung im Raum entgangen war. Sie saß ohne Regung am Tisch und starrte teilnahmslos in ihre Tasse. Helena goss sich den letzten Kaffee ein und nahm Louise beiseite. Louise erstarrte, als sie Helenas Berührung spürte. Helena beugte sich so nah zu ihr heran, dass sie ihr Ohr fast mit den Lippen berührte.
»Ich weiß, was ich gesehen habe«, flüsterte sie. »Aber ich verstehe nicht, warum. Warum, Louise?«
Langsam und resolut wandte Louise Helena ihr Gesicht zu.
»Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass es eine einfache Wahrheit gibt? Glaubst du etwa, bloß weil du etwas beobachtest, gibt es nur eine Erklärung dafür? Aber du hast vermutlich nie geliebt. Du weißt nicht, was eine tiefe Liebe bedeutet. Das lässt sich
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