Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
… « Zum ersten Mal schien sie zu zögern, aber nur einen Augenblick, dann fuhr sie fort, ebenso sachlich wie vorher. »Natürlich haben wir miteinander gesprochen. Wenn man sich auf einer Insel befindet und sich einem so totalen Schock ausgesetzt sieht, kann man nicht anders. Aber wir haben unterschiedliche Methoden, mit einer Trauerbotschaft umzugehen, das werden Sie sicher verstehen. Ich hatte ein großes Bedürfnis, allein zu sein.«
»Es gab niemanden, der Sie trösten konnte? Oder jemanden, den Sie hätten trösten können?«
»Es gibt Zeit für Trauer und Zeit für Trost, oder etwa nicht? Das muss nicht gleichzeitig sein.«
Und hier haben wir eine Meisterin ausweichender Diplomatie, dachte Ebba und machte sich ein paar Notizen. Nachdenklich schraubte sie dann die Kappe auf ihren Füllfederhalter und ließ ihn zwischen Daumen und Zeigefinger pendeln.
»Ich wüsste gerne, warum sich das gesamte Furioso Quartett mit Raoul Liebeskind und den Tontechnikern auf der Insel befand.«
»Es ging, wie man sich vorstellen kann, um die Aufnahme einer CD . Ich habe hier auf Svalskär ein Aufnahmestudio, Kjell und Jan sind hier, um sich um die Technik zu kümmern. Wie Sie sehen, ist meine Hand bandagiert, und deswegen kann ich im Augenblick nicht spielen. Raoul hat mich vertreten.«
»Diese Aufnahme ließ sich nicht aufschieben?«
Louise lachte und schüttelte den Kopf.
»Eine Zeit zu finden, die allen recht ist, ist fast unmöglich. Hat man erst einmal einen Termin vereinbart, kann man ihn nicht ohne Weiteres verschieben. Wir haben das letzte von Stenhammars sechs Streichquartetten aufgenommen, das Teil einer Doppel- CD sein soll, die nächstes Jahr zu Beginn der Sommertournee auf den Markt kommt.«
»W arum ausgerechnet Raoul Liebeskind? Er wohnt, soweit ich weiß, in New York? War es nicht sehr aufwendig, ihn hierherzuholen?«
»Raoul war mein bester Freund. Wir haben uns immer gegenseitig unterstützt und beim beruflichen Fortkommen geholfen. Für mich war es selbstverständlich, mich zuerst an ihn zu wenden. Und für ihn war es genauso selbstverständlich, uns zu helfen. Stockholm ist nicht so weit von New York entfernt, wenn man wie Raoul und ich Konzertreisen um die Welt macht.«
»Ist es Ihnen gelungen, die Aufnahme abzuschließen, bevor Raoul starb?«
»Ja. Wir wurden gestern fertig.«
»Immerhin ein Glück.« Ebba fragte sich, was nötig war, um Louise aus der Fassung zu bringen. Welchem Druck sie standhielt. Louise runzelte nur leicht die Stirn.
»Glück? Was für ein unglaublich unpassender Ausdruck in diesem Zusammenhang. Aber die CD ist deswegen noch lange nicht fertig. Das Material muss noch redigiert werden. Wir können nur hoffen, dass sich wirklich alles verwenden lässt, damit die ganze Arbeit nicht vergeblich war.«
»Das ist vorerst alles«, sagte Ebba und begegnete Louises kühlem Blick. »Ich muss mit Ihnen allen sprechen und lege daher eine Liste an. Während dieses ersten Tages wäre es mir sehr recht, wenn Sie das Haus nicht verlassen würden, ohne es mir vorher mitzuteilen.«
Louise lachte fassungslos.
»Sie meinen, dass ich weiterhin unter Hausarrest stehe? In meinem eigenen Haus, auf meiner eigenen Insel?«
»Unter diesen Umständen habe ich keine andere Wahl«, antwortete Ebba, während sie eine Liste mit Namen auf ein Papier schrieb.
»Ich staune über derartige Sicherheitsvorkehrungen im Zusammenhang mit dem Todesfall eines Menschen, der ganz offenbar das Pech hatte zu ertrinken. Die Felsen von Svalskär sind glatt. Aber Sie behandeln uns alle als unzuverlässige, verdächtige Personen.«
»Ich habe nichts Derartiges behauptet. Ich verhalte mich nur gemäß der Regeln, die der Polizei in einer Demokratie zur Verfügung stehen. Umso interessanter finde ich Ihre wiederholte Besorgnis, wir könnten Sie verdächtigen. Daraus kann ich doch nur den Schluss ziehen, dass Sie meine Aufmerksamkeit auf diese Möglichkeit lenken wollen?«
Louise presste verärgert die Lippen aufeinander.
»Ich verbitte mir derartige Unterstellungen. Ich bemühe mich, Sie in einer sehr anstrengenden Situation zu unterstützen.«
»Danke für dieses Gespräch«, sagte Ebba ungerührt und hielt ihr die Liste hin. Louise erhob sich und nahm sie entgegen. Ohne sich zu verabschieden, wandte sich Ebba ihrem Computer zu.
»Dürfte ich Sie bitten, diese Liste in der Diele aufzuhängen. Dann wissen alle, welche Zeiten heute in etwa gelten«, sagte sie, ohne vom Bildschirm aufzuschauen. »W enn ich mit allen
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