Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
hatte?«
»Das war so stümperhaft. Und etwas kindisch. Sie hat vermutlich ein paar Bücher von Agatha Christie gelesen. Ich glaube nicht, dass die anderen so etwas Kopfloses getan hätten. Die Person, die das Erdnussöl ans Essen gegossen hat, war sicher davon überzeugt, dass so viele Abdrücke auf der Flasche waren, dass sie als Beweismittel nicht verwendet werden könnte. Louise hätte ohne Weiteres behaupten können, dass sie die Flasche nach dem Allergieschock in die Hand genommen hätte. Wahrscheinlich hat sie das auch getan. Sie konnte sie auch schlecht ins Wasser werfen. Schließlich hätte es verdächtig gewirkt, wenn die Flasche verschwunden gewesen wäre. Außerdem behaupten alle, dass es ein Versehen war. Dass Caroline die Flasche abgewischt hat, deutet jedoch auf Vorsatz hin.«
»Ein richtiger Schuss nach hinten«, meinte Vendela. »Aber glaubst du, dass Louise wirklich die Absicht hatte, Raoul durch den Allergieschock zu töten?«
Ebba zuckte mit den Achseln. »W er weiß? Wer weiß auch, ob es wirklich Louise war, die das Öl ans Essen goss? War sie es, dann wollte sie Raoul vielleicht nur etwas quälen und war sich nicht bewusst, dass der Verlauf tödlich sein konnte.«
»Oder es war doch ein Versehen?«
Ebba fiel auf, dass ihre Stimme hoffnungsvoll klang. »Oder es war doch ein Versehen … «, wiederholte sie mit Nachdruck, »das Caroline aus einem schlechten Gewissen Louise gegenüber zu vertuschen suchte.«
Sie streckte die Hand nach dem Telefon aus und wählte eine eingespeicherte Nummer.
»Jakob? Ich habe eine Aufgabe für dich. Lass alles stehen und liegen und komm in mein Büro.«
Vendela griff zu einer Bürste und fuhr sich durchs Haar, sodass ihre rote Mähne wie eine Wolke um ihr bleiches Gesicht stand. Ebba sah sie spöttisch von der Seite an.
»Machst du dich schön?«
»Hör auf!«
»V endela«, sagte Ebba, und der Ernst in ihrer Stimme ließ sie aufmerken. »Muss ich dich von diesem Fall ausschließen?«
»Keinesfalls«, antwortete Vendela kurz und warf die Bürste wieder in ihre Handtasche.
»Dann erwarte ich, dass du deine Gefühle im Zaum hältst. Im Unterschied zu allen gefühlvollen Psychologen bin ich nicht der Meinung, dass man sich seinen Leidenschaften vollkommen hingeben soll.«
»Natürlich, Ebba. Noch einfacher ist es natürlich, wenn man vollkommen frigide ist und einem somit alle Gefühle erspart bleiben.«
Ohne ihre Chefin anzuschauen öffnete sie die Türe und rief Louise Armstahl herein. Ebba überkam ein seltsames Gefühl, als Vendela und Louise ihr gegenüber Platz nahmen. Plötzlich hatte sie den Eindruck, dass die beiden unter einer Decke steckten. Der Gedanke war abwegig, es gab nichts, was auf ein Einverständnis hätte schließen lassen, aber es gelang ihr nicht, das Gefühl der Ausgeschlossenheit abzuschütteln. Sie bedeutete Vendela, das Tonband einzuschalten. Vendela erhob sich und tat es. Ebba bemerkte, dass Louise Vendela mit dem Blick folgte und ihren Körper mit den Augen abtastete. Als hätte sich die Luft im Zimmer plötzlich verdichtet, registrierte sie die unsichtbare Spannung zwischen der jungen Kriminalinspektorin und einer Person, die vielleicht ganz oben auf der Liste der Verdächtigen in einem Mordfall stand. Louise lächelte leise. Sie wirkte bereits entspannter als beim Betreten des Zimmers. Ebba fühlte sich plötzlich verunsichert. Wie sollte sie wieder die Oberhand gewinnen, Louises psychologischen Vorsprung aufholen? Handlungskraft wurde von ihr erwartet. Um Zeit zu gewinnen, tat sie so, als würde sie in den vor ihr liegenden Papieren blättern. Vendela hatte Louise so rasch hereingeholt, dass sie sich nicht ausreichend hatte vorbereiten können. Es ging ihr alles zu schnell. Sie musste die Kontrolle zurückgewinnen.
Mit größter Anstrengung wehrte sie sich gegen ihren inneren Widerstand und sah Louise geradewegs in die Augen. Ein stählerner Blick begegnete ihr.
»Louise Armstahl, ich habe einige Fragen an Sie. Wir haben Informationen erhalten, die zum Teil Ihrer bisherigen Aussage widersprechen. Gibt es etwas, was Sie selbst hinzufügen möchten?«
»Ich warte auf meinen Anwalt«, erwiderte Louise.
Erst da ging Ebba auf, dass sie im Unterschied zu Caroline und Peder keinen Anwalt dabeihatte. Natürlich würde sie bei einem polizeilichen Verhör nichts ohne Beistand preisgeben.
»Und Ihr Anwalt ist?«
»Jonas Cronsparre«, antwortete Louise.
Jonas Cronsparre, ausgerechnet der Sparringpartner, dachte Ebba. Weiter kam
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