Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Helena beobachtete das Schauspiel, ertappte sich dann aber dabei und wandte den Kopf ab. Automatisch griff sie nach der Weinflasche, schenkte dann aber mit so viel Schwung ein, dass sie die Hälfte neben das Glas goss. Sie lachte übertrieben über ihre eigene Ungeschicklichkeit und erhob sich dann, um in die Küche zu gehen und einen Lappen zu holen. Als sie ihn mit zitternden Händen auswrang, wären ihr fast wieder die Tränen gekommen, aber sie blinzelte einige Male, und es gelang ihr, sie zurückzudrängen. Sie reckte sich, holte tief Luft und ging wieder zu den anderen.
Raoul strich sich mit einer Hand durchs Haar und ließ sie dann behutsam und wie zufällig auf Carolines Schulter fallen. Er massierte vorsichtig ihre Schulter mit den Fingern und begegnete ihrem flackernden Blick mit einem entzückten Lächeln. Sofort zog Louise Caroline enger an sich und küsste sie erst einmal und dann ein zweites Mal noch inniger. Plötzlich bekam Caroline einen Schluckauf und lachte nervös. »Ich brauche wirklich was zu trinken.«
Helena hatte sich gerade ein weiteres Glas eingeschenkt, als ihr Caroline die Flasche aus der Hand riss und ihr eigenes Glas bis zum Rand füllte. Nervös hob sie das übervolle Glas an die Lippen, wurde aber von Louise am Trinken gehindert, die ihre Hand auf das Glas legte.
»Caroline … « Louise legte den Kopf zur Seite. »Ich verstehe, dass du deine Dummheiten ertränken willst, aber du hast schon zwei Gläser getrunken, meine Kleine.«
Caroline errötete erneut und schob Louises Hand beiseite, stellte das Glas dann aber doch weg, ohne getrunken zu haben. Sie meinte zu sehen, wie sich Louises gekünsteltes Lächeln verdüsterte. Die Herzlichkeit, die Louise zu vermitteln suchte, überzeugte nicht ganz, obwohl sie sich alle Mühe gab.
»Please, Louise … «, reimte Caroline beschwichtigend. Sie lehnte sich so fest an Louise, dass diese zur Seite gedrückt wurde, und brachte ihre Missbilligung zum Ausdruck, ohne sie in Worte kleiden zu müssen.
Louise lachte angestrengt und blinzelte, um einen klaren Blick zu bekommen. Mit gebeugtem Kopf wartete sie, bis sie die Aufmerksamkeit aller hatte, und stellte dann Caroline eine rhetorische Frage: »Sollen wir es erzählen?«
»W as denn?« Helena riss die Augen auf.
»Nein, nein, nein, das ist jetzt der falsche Augenblick, Luss«, sagte Caroline ernst und mit Nachdruck, als sie erkannte, worauf sie hinauswollte.
»Oh, Caro, ich kann es nicht abwarten.« Louise machte eine weitere kurze Pause und vermied es dabei, Caroline anzusehen. Als sie aus den Augenwinkeln bemerkte, dass Caroline dabei war, den Mund zu öffnen, beeilte sie sich, ihr zuvorzukommen.
»Caroline hat ein kleines Geheimnis.«
»Ach?«, sagte Raoul mit einem höflichen Lächeln.
»Nein!« Caroline starrte Louise an. Sie sah etwas anderes als Liebe und bekam Angst.
»Doch!«, ermahnte Anna. »Jetzt werde ich richtig neugierig.«
Aber ihre Neugier blieb ihr im Hals stecken, als sie die Fortsetzung hörte.
»W ir erwarten ein Kind!«
Es wurde vollkommen still. Eine gedrückte, peinliche Stimmung machte sich im Salon breit. Caroline schaute weg. Sie konnte den brennenden Blick ihrer Schwester spüren, der sie zu einer Erklärung aufforderte. Was sollte sie sagen? Wie sollte sie vor Louise, vor Raoul, hier und jetzt zur Wahrheit stehen?
Resigniert schlug Helena die Hände auf die Oberschenkel und ließ sich schwer gegen die Rückenlehne des Sofas fallen.
»Nein, jetzt musst du mich schon entschuldigen, Caroline, aber ich verstehe überhaupt nichts!«
Caroline schwieg weiter. Sie hatte die Schultern eingezogen und spielte mit einer Locke vor ihrem Gesicht, um sich der allgemeinen Aufmerksamkeit zu erwehren. Als Helena keine Antwort erhielt, wandte sie sich an Louise.
»Ist das wahr?«, fragte Helena ernst.
Louise sah rasch zu Caroline hinüber, die einen halbherzigen Versuch machte, etwas zu sagen. Aber je mehr sie sich anstrengte, desto starrer wurde ihr Gesicht. Verzweiflung schien sie zu lähmen.
Helena lachte kurz auf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
»Ich muss wirklich sagen, heute Abend ist nichts unmöglich. Erst eine Auferstehung, dann eine Jungfrauengeburt«, fuhr sie fort und trank einen Schluck. »W arum nicht noch ein paar weitere biblische Highlights, wenn wir schon einmal dabei sind? Dieser Wein ist wirklich überaus wässrig.«
»Caro hat den Test schon gemacht. Sie ist jetzt in der siebten Woche.«
Louise ergriff wieder die
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