Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
sollte. Oder alten Feinde.
Ihr Geruchssinn verriet ihr seine Anwesenheit. Sie erkannte den Duft seines Körpers und seines sehr speziellen Rasierwassers wieder. Als sie sich umdrehen und aus dem Zimmer stürzen wollte, stand er bereits hinter ihr. Helena spürte seinen Atem warm im Nacken und am Ohr, schloss die Augen und genoss das Gefühl. Wie berauschend es früher gewesen war und wie sehr es jetzt schmerzte. Sie hätte sich umdrehen und ihn küssen können, ihn locken können, aber diese Zeit war vorbei.
»Helena, Helena … « Seine Stimme war so einladend. Aber sie leistete Widerstand. »Schöne Helena.« So etwas sagte er immer, wenn sie allein waren, eine Art Prolog, eine eine gewisse Stimmung erzeugende Einleitung von mehrstündigem Genuss. Bei diesen Worten entspannte sie sich wie immer und wurde gleichzeitig von Wehmut ergriffen. Schwer ruhten seine Hände auf ihren Schultern, dann strich er ihr langsam und konzentriert immer wieder über die Oberarme. Sie kannten beide den Körper des anderen wie ein altes Ehepaar. Das war so betörend angenehm und vertraut, und gerade deswegen vermittelte es ein falsches Gefühl der Sicherheit. Krampfhaft hielt sie ihr Glas fest und führte es an die Lippen, um sich einen großen, beruhigenden Schluck zu genehmigen. Die Wärme des Alkohols breitete sich in ihrem Körper aus und betäubte ihre Muskeln ein wenig. Als sie den Mund öffnete, war ihre Stimme rau und flehend.
»Genug jetzt, Raoul.« Sie schluckte und räusperte sich leicht.
Er hielt mit seinen Händen einen Augenblick inne, fuhr dann aber fort, sie weiter zur Taille hin zu liebkosen. Dann legte er dort seine Arme um sie und drückte sie an sich. Mit den Fingerspitzen suchte er einen Spalt unter ihrer Bluse und strich über ihre weiche Haut.
»Du verletzt mich so nur die ganze Zeit«, sagte sie, »und nicht nur mich.«
»Ich und dich verletzen? Du weist mich ab.«
»Und was ist jetzt das mit Anna? Hast du wirklich vor, nach all diesen Jahren zu ihr zurückzukehren?«
»Anna?«, sagte er überrascht. Er hielt ein weiteres Mal in seinen Bewegungen inne. »Hat Anna das behauptet?«
»Anna bildet sich ein, dass ihr wieder ein Paar werdet. Wenn man daran denkt, wie ihr heute in der Sauna zusammen geschwitzt habt, hast du sie in dieser Beziehung vermutlich ermuntert.«
»Hoppla«, meinte er zufrieden.
»Hör schon auf! Merkst du denn nicht, dass sie dich immer noch liebt?« Sie musste einfach Dampf ablassen.
Raoul suchte nach Worten, aber Helena kam ihm zuvor.
»Sie wird das nicht verkraften, wenn du mit ihr flirtest, obwohl es dir nichts bedeutet. Wie kannst du nur so ahnungslos sein?«
Er ertrug es nicht, dass sie ihn zurechtwies. »Helena, das hast du missverstanden. Annas und mein Verhältnis ist vollkommen passé. Und das weiß sie. Davon bin ich überzeugt. Ich meine, sie flirtet und macht mir schöne Augen, und ich nehme sie in den Arm. So ist das halt, wenn wir uns begegnen. Das bedeutet nichts. Zumindest nicht von meiner Seite.«
Müde lehnte sich Helena zurück und spürte seinen warmen Atem im Haar. Ihre Augen hatten sich an die Dunkelheit im Salon gewöhnt. Von dort, wo sie saßen, konnten sie aus dem Fenster schauen, wussten aber, dass sie von draußen nicht zu sehen waren. So wie es bei ihrer heimlichen Affäre immer gewesen war.
»W ie kannst du dich als verheirateter Mann nur so aufführen?«
»W irst du auf deine alten Tage prüde? Du bist schließlich auch verheiratet. Unsere Ehen haben uns bislang noch nie von etwas abgehalten.« Er lachte trocken. »Im Übrigen ist meine Ehe vorbei. Ich habe meinen Anwalt bereits damit beauftragt, die Scheidung einzureichen. Dann brauche ich die Papiere nur noch unterschreiben, wenn ich nach Hause komme.«
Er war es zwar gewohnt, dass Helena nie ihre Reserve aufgab, aber jetzt setzte sie ihn unter Druck, damit er sich auf eine Art auslieferte, die ihm alles andere als angenehm war. Neben ihr kam er sich so unbedeutend vor. Er wollte sich noch einmal versichern, dass er sie trotzdem noch in seinen Bann ziehen konnte.
Er beugte sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: »W eißt du was, ich glaube, eine gewisse Eifersucht aus deiner Stimme herauszuhören.«
»Ach was!« Sie zuckte zurück, aber nicht genug, damit er seinen Griff gelockert hätte. Stattdessen zog er sie fester an sich.
»Gib es zu, Helena. Du willst mich für dich allein haben. Du und ich mit einer Villa und einem Volvo und vollkommen verrückten Kindern. Dein bürgerlicher
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